Immobilienkauf - Verkäufer stirbt vor Kaufvertragsunterzeichnung

Diskutieren Sie über allgemeine rechtliche Themen.
Antworten
LawAndOrder
Beiträge: 2
Registriert: 27.11.2020, 06:50

Immobilienkauf - Verkäufer stirbt vor Kaufvertragsunterzeichnung

Beitrag von LawAndOrder » 27.11.2020, 07:09

Hallo,

ich bin in einer doofen Situation. Vielleicht kann jemand hier seine Einschätzung abgeben.
Ich versuche mich so kurz wie möglich zu fassen :)

Ich habe im August ein Haus besichtigt und mich mit der Verkäuferin auf den Kaufpreis von insgesamt 235.000 EUR geeinigt (wobei davon 15.000 EUR für das Mobiliar ist - hierfür gibt es einen extra Vertrag. Die 15.000 wurden von mir bereits an die Verkäuferin überwiesen)
Ein Kaufvertragsentwurf (Übergabedatum für das Haus 15.10- wie von uns gewünscht) wurde vom Notar erstellt, von uns für okay befunden und ein Termin zur Unterzeichnung wurde für den 5.10 angesetzt. Ich habe dann auch bereits den Kreditvertrag bei der Bank unterzeichnet.

Am 3.10 verstirbt die Verkäuferin völlig plötzlich(also vor Kaufvertragsunterzeichnung)

Der Notar (der auch der Gerichtskommissär für die Verlassenschaft der Verkäuferin ist)versicherte mir sofort, dass ich weiterhin ein Anrecht auf das Haus habe, weil in AT auch mündliche Verträge über Immobilien gültig sind. Er sagt, dass er von Freunden von der Verstorbenen erfahren hat, dass der Erbe wohl eine gemeinnützige Organisation sei. Es gäbe ein Testament in einem BAWAG Bankschließfach. Er schätzt, dass die Vertragsunterzeichnung nun wohl um 2 Monate verzögert stattfinden wird.
Es sind nun 2 Monate vergangen und bis jetzt stehen die Erben nicht fest obwohl seit dem ersten Tag bekannt ist, dass das Testament in einem Schließfach bei der Bank liegt. Es wurde wohl einfach nichts gemacht zwei Montae lang. Nun endlich haben man erreicht, dass man zur Richtigen Stelle bei der Bank kam und jetzt dauert es noch einmal 3 Wochen bis die das Schließfach öffnen. :shock: Seine Sekretärin hat nun von weiteren 3-6 Monaten bis zur Kaufvertragsunterzeichnung gesprochen, sollte wirklich eine juristische Person geerbt haben. Da meine Fragen vom Notar oft nur unzureichend beantwortet werden bzw sich die auch immer wieder mal ändern, würde ich gerne hier ein paar Fragen stellen.

Meine Fragen: Sind die Erben wirklich 100% an den mündlichen (bzw durch die Erstellung des Entwurfes bereits schriftlichen) Kaufvertrag gebunden? (nicht, dass ich jetzt ewig warte und dann bekomme ich es womöglich gar nicht)

Wenn ja, bin ich das ja auch. Sollte sich die Verlassenschaftsabhandlung lange hinziehen, habe ich dann Chancen aus dem Vertrag auszutreten? Schließlich sollte laut Entwurf die Übergabe am 15.10 stattfinden. Brauche ich dafür zwingend einen Anwalt?

Der Nachlass ist ja eine juristische Person. Wie läuft das jetzt ab? Muss die ganze Verlassenschaft komplett abgehandelt werden, bis dann die Organisation das Haus an mich verkaufen kann oder kann das sozusagen auch der Nachlass machen?

Ich habe gefühlt 10 mal gefragt, ob die Heizung im Haus eingeschaltet wurde und bekam bis heute keine Antwort. Sollte am Haus ein Schaden entstehen (Wasserschaden wegen gefrorenen Leitungen zB) wer haftet dann dafür? Ja wohl hoffentlich nicht ich oder?

Es hängt so viel an dem dran. Ich hab selber ein Haus was verkauft werden muss, die 15.000 EUR hab ich mir von den Eltern gebort und wollte sie dann einige Wochen später mit dem Immobilienkredit zurückzahlen. Diese Hinwarterei und das ewige hinziehen ohne verlässliche Aussage wielange es nun wirklich realistisch dauert macht mich fertig.

Ich hoffe, dass das nicht zu lange war. Ich danke euch für eure Einschätzung!



MG
Beiträge: 1555
Registriert: 11.05.2007, 09:16
Kontaktdaten:

Re: Immobilienkauf - Verkäufer stirbt vor Kaufvertragsunterzeichnung

Beitrag von MG » 27.11.2020, 09:00

In Schlagworten und ohne den konkreten Kaufvertrag im Detail zu kennen:

Gültig abgeschlossene Verträge des Verstorbenen sind auch für seine Erben wirksam. Aus dem (in Ö) gültig abgeschlossenen mündlichen Kaufvertrag resultiert nun auch die Verpflichtung der Erben, den bereits wechselseitig akzeptierten schriftlichen Kaufvertrag zu unterfertigen.

Unterfertigen kann den Kaufvertrag noch vor Einantwortung "die Verlassenschaft", die dann durch den/die erbsantrittserklärten Erben vertreten wird (zusätzlich muss der Vertrag durch das Verlassenschaftsgericht genehmigt werden) oder eben nach Einantwortung durch den/die eingeantworteten Erben.

Es besteht für Sie die Möglichkeit, der verkaufenden Partei (das ist im Moment "die Verlassenschaft") eine angemessene Frist zur Unterfertigung des Vertrages zu setzen und den Rücktritt vom Vertrag anzudrohen, für den Fall, dass die Unterfertigung nicht fristgemäß erfolgt. Im Rücktrittsfall wären auch die € 15.000,-- zurück zu zahlen, wobei zu hoffen ist, dass dieser Zahlungsfluss ordnungsgemäß belegt wurde und damit auch nachgewiesen werden kann.

Betreffend Heizung: Dieses Thema sollte klar gegenüber dem Verlassenschaftskommissär (also dem Notar, der die Verlassenschaft abhandelt) kommuniziert werden, damit dieser allenfalls Maßnahmen setzt, also zB jemanden beauftragt, für eine ausreichende Beheizung des Hauses zu sorgen. Weisen Sie darauf hin, dass Sie derartige Schäden nicht akzeptieren werden, sondern dies wie folgt behandeln würden.

Sollte es zu Schäden infolge nicht gehöriger Beheizung kommen, hat diese Schäden die verkaufende Partei zu verantworten. Sollte hierzu im Vertrag - was sehr ungewöhnlich wäre - nicht sinngemäß drinnen stehen, dass Sie als Käufer jeden erdenklichen Zustand zum Zeitpunkt der Übergabe zu akzeptieren hätten, haben Sie Anspruch auf einen (technischen, qualitativen) Zustand, der im wesentlichen jenem entspricht, wie er bei der letztmaligen Besichtigung vorlag (plus gewöhnliche Abnützung, Verschmutzung, natürliche Abläufe etc.). Ein Auffrieren von Leitungen müsste dann von Ihnen nicht akzeptiert werden und Sie könnten/sollten die Übernahme verweigern bzw. davon abhängig machen, dass sich die verkaufende Partei verpflichtet, die aufgetretenen Schäden bis zu einem zu vereinbarenden Termin beheben zu lassen und bis dahin sollte auch ein teil des Kaufpreises in Höhe der zu erwartenden Reparaturkosten beim Treuhänder verbleiben.

mfG
RA Michael Gruner
www.grupo.at
RA Mag. Michael Gruner
www.vertragsbegleiter.at

LawAndOrder
Beiträge: 2
Registriert: 27.11.2020, 06:50

Re: Immobilienkauf - Verkäufer stirbt vor Kaufvertragsunterzeichnung

Beitrag von LawAndOrder » 27.11.2020, 09:16

Vielen lieben Dank für Ihre wirklich sehr hilfreiche Antwort! Sie haben mir wirklich sehr geholfen!
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag!

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Google [Bot], Google Adsense [Bot] und 82 Gäste