Strafrecht und BDSM

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Fred243
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Strafrecht und BDSM

Beitrag von Fred243 » 11.09.2017, 12:43

Ist jetzt nicht das gängigste Thema, aber ich hab mal ein bissl nachgedacht und bin dabei auf folgendes Problem gestoßen:

Nachdem in einer Beziehung, in der BDSM eine Rolle spielt, rein rechtlich gesehen Leib/Leben Delikte an der Tagesordnung stehen, bin ich eigentlich davon ausgegangen, dass die grundsätzlich, dank §90 StGB, straflos werden. Nur, wie unschwer zu leugnen ist, setzt dieser Paragraph eben auch voraus, dass nicht gegen "die guten Sitten" verstoßen wird. Stellt sich jetzt die Frage, ob das in diesem Fall zutrifft, oder nicht.

Unabhängig davon finden sich bei besagten Vorlieben auch parallelen zum §107b StGB, auch in qualifizierter Form. Nachdem man meines Wissens nach nicht in §107b einwilligen kann, könnte der dann womöglich schlagend werden.

Natürlich, grundsätzlich gilt immer "wo kein Kläger, da kein Richter", ist mir aber im wiener Gemeindebau bisschen zu wenig, wenn mir der aufmerksame Nachbar mitten in der Session die Polizei rufen könnte und ich, je nach Wissensstand der Beamten, mit einem Betretungsverbot bzw. einer Festnahme ende (die bei einem qualifizierten 107b ja durchaus verhältnismäßig wäre).

Bin gespannt auf andere Meinungen!



lexlegis
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Re: Strafrecht und BDSM

Beitrag von lexlegis » 11.09.2017, 13:54

Bei einer leichten KV nach § 83 StGB muss eine Überprüfung des Sittenwidrigkeitskorrektivs nach § 90 StGB nach hM nicht stattfinden.

Bei einer KV nach § 84 StGB oder gar § 87 StGB hingegen schon. Hierzu muss die KV einem allgemein annerkannten ethisch wertvollen Zweck dienen (zum Beispiel Nierenspende).

Im Bereich des BDSM wird eine Einwiligung in eine schwere KV, nicht die Rechtswidrigkeit der Tat ausschließen und mE strafbar sein. Bei mehreren leichten gemäß § 90 StGB nicht rechtswidrigen Körperverletzungen, ist eine Subsumtion unter § 107b Abs 1 StGB nicht möglich, zumal gemäß § 107b Abs 2 StGB die Begehung mehrere strafbarer (auch rechtswidriger) Handlungen für ein tatbestandsmäßiges Verhalten nach § 107b Abs 1 StGB verlangt wird. Da diese leichten im Zuge einer Einwiligung zu Stande gekommenen Körperverletzungen aber nicht rechtswidrig sind, liegen auch nicht fortgesetzt ausgeübte strafbare Handlungen gegen Leib und Leben vor. Die Absicht des Gesetzgebers ist zu beachten. So kann zwar in § 107b Abs 1 StGB nicht explizit eingewiligt werden, wenn aber jede Handlung am Tatobjekt, für sich alleine gesehen nicht strafbar ist (hier: mangels Rechtswidrigkeit), dann ist das erforderliche Tatbestandsmerkmal nach § 107 Abs 2 StGB auch nicht erfüllt.

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