Dürfen Hunde ihre Notdurft an fremden Autos verrichten?

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Grouchy
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Dürfen Hunde ihre Notdurft an fremden Autos verrichten?

Beitrag von Grouchy » 14.06.2010, 22:44

Hallo!

Als ich neulich in Wien auf dem Weg zu meinem PKW war, welcher auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellt war, sah ich aus einer Entfernung von ca 30m, dass ein an der Leine geführter Hund sich dazu bereitmachte an mein Auto (bzw. dessen Reifen) zu urinieren.
Durch Zuruf machte ich auf mich aufmerksam und dem Herrchen des Hundes verständlich, dass es sich um mein Auto handle und er seinen Hund davon abhalten solle sein Vorhaben zu vollenden, was durch kurzes Ziehen an der Leine auch mühelos zu bewerkstelligen gewesen wäre. Der Herr setzte jedoch seine "Wurschtigkeits"-Miene auf und ließ den Hund ungehindert zur Tat schreiten.
Als ich beim Auto angekommen war brachte ich meine Entrüstund über diese Frechheit zum Ausdruck worauf mir das Hunderherrl entgegnete: "Das ist ein Hund, der kann hinpinkeln wo er will!"
Nach einem kurzen Wortgefecht stieg ich in mein Auto und fuhr davon, da beim dem Herrn keine Spur von Einsicht oder Reue zu erkennen war.

Meine Frage(n) daher:
Dürfen Hunde ohne weiteres an fremdes Eigentum urinieren?
Sind die Hundeeigentümer per Gesetz nicht irgendwie dazu angehalten ebensolche Beschmutzungen fremden Eigentums nach Möglichkeit zu verhindern bzw. die Verunreinigung zu beseitigen, oder für eine Reinigung aufzukommen?
Gibt es - theoretisch (es wird sie wohl niemand ergreifen) - rechltiche Mittel in einem solchen Fall?

Für eine Auskunft diesbezüglich wäre ich dankbar, da ich bisher keine Information im Internet (auch nicht im RIS) aufstöbern konnte, und mir eine Konsultation eines RA aus bloßen Interessensgründen übertrieben scheint. ;)



Grouchy
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Beitrag von Grouchy » 15.06.2010, 13:55

Ich hab nochmal ein wenig weiter recherchiert und bin auf folgende Gesetzesstellen gestoßen:

§92 Abs 2 StVO:
"Die Besitzer oder Verwahrer von Hunden haben dafür zu sorgen, daß diese Gehsteige und Gehwege sowie Fußgängerzonen und Wohnstraßen nicht verunreinigen."

§99 Abs 4 lit g
"Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 48 Stunden, zu bestrafen, ...
wer Straßen gröblich verunreinigt oder als Besitzer oder Verwahrer eines Hundes die in § 92 bezeichnete Sorgfaltpflicht verletzt,"

Den §92 finde ich insofern unzulänglich da Hunde scheinbar abseits des Gehsteiges nach belieben die Straße (und darauf befindliche Fahrzeuge) beschmutzen dürfen.

Der §99 sieht leider nur eine Verwaltungsstrafe vor und keine "zivilrechtliche Wiedergutmachung". Wann greift dieser § eigentlich? - Ich schätze mal nur wenn ein Exekutivorgan vor Ort ist und das Vergehen sieht, oder?

Gibt es denn wirklich keine zivilrechtlichen Regelungen für so einen Sachverhalt?

Gaenserndorfer
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Beitrag von Gaenserndorfer » 15.06.2010, 14:52

Grouchy hat geschrieben: Gibt es denn wirklich keine zivilrechtlichen Regelungen für so einen Sachverhalt?
Um zu zivilrechtlichen Regelungen zu gelangen bedarf es mE sich von den verwaltungsrechtlichen Bestimmungen zu lösen und eventuell den Blick in Richtung zivilrechtlicher Bestimmungen schweifen zu lassen.
Sprich, die StVo hat mit Privatrecht nix zu tun!!!
Einfach mal das ABGB aufschlagen und das Dreißigste Hauptstück lesen (§§1293ff ABGB), wobei sich mir bei vermutlich angepinkelten Fahrzeugen die Frage stellt, welcher Schade hier wohl entstanden ist?

:wink:

Grouchy
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Beitrag von Grouchy » 15.06.2010, 15:44

Danke für den Hinweis zum 30. Hauptstück! Das es sich bei der StVO um keine zivilrechtilchen Normen hält ist mir schon klar, aber ich habe mich vermutlich nicht genau genug ausgedrückt.

Ich formuliere neu:


I. verwaltungsrechtlicher Aspekt:

Ia. Finden die §§ 92 Abs2 bzw. 99 Abs4 lit g StVO Anwendung auf den eingangs beschriebenen Sachverhalt?

Ib. Wann würden diese §§ zur Anwendung gelangen? Nur wenn ein Exekutivorgan in Ausübung seines Dienstes die Tathandlung beobachtet oder könnte man die Tat theoretisch auch als Privatperson zur Anzeige bringen?


II. zivilrechtliche Betrachtung:

Folgende §§ des ABGB sind meines Erachtens hier relevant:
Schade
§ 1293
Schade heißt jeder Nachteil, welcher jemandem an Vermögen, Rechten oder seiner Person zugefügt worden ist.
...

7. durch ein Tier
§ 1320. Wird jemand durch ein Tier beschädigt, so ist derjenige dafür verantwortlich, der es dazu angetrieben, gereizt oder zu verwahren vernachlässigt hat. Derjenige, der das Tier hält, ist verantwortlich, wenn er nicht beweist, daß er für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hatte.

Arten des Schadenersatzes
§ 1324. In dem Falle eines aus böser Absicht, oder aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursachten Schadens ist der Beschädigte volle Genugtuung; in den übrigen Fällen aber nur die eigentliche Schadloshaltung zu fordern berechtigt. Hiernach ist in den Fällen, wo im Gesetze der allgemeine Ausdruck: Ersatz, vorkommt, zu beurteilen, welche Art des Ersatzes zu leisten sei.

ad §1293:
Der Schade wäre das beschmutzte Fahrzeug, da ich nicht einsehe warum mein Auto ein weniger schützenswertes Rechtsgut ist als ein Gehsteig oder eine Hausmauer.
Die Verunreinigung durch den Urin des Hundes macht sich zB dann störend bemerkbar, wenn man beim Kontrollieren der Reifenluftdrucks in Kontakt damit kommt oder beim Einsteigen ins Fahrzeug sonst irgendwie in Kontak mit dem (noch nicht eingetrockneten) Urin kommt.

ad §1320: "zu verwahren vernachlässigt hat" und "nicht für die erforderliche Beaufsichtigung gesorgt hat" sind hier wohl die relevanten Schlagworte.

ad §1324: Ich nehme deshalb bezug auf den 1324 und NICHT auf den 1323 da sowohl "böse Absicht" als auch "auffallende Sorglosigkeit" in Frage kommen, da er seinen Hund mit Leichtigkeit davon hätte abhalten können und ich ihn sogar darum gebeten bzw. dazu aufgefordert habe.

daher meine Fragen:

IIa. In wie weit treffen meine Ausführungen zu den genannten §§ zu?
IIb. Gäbe es noch andere (zivilrechtliche) Gesetzesstellen zu berücksichtigen?
IIc. Was ist in diesem Fall unter "voller Genugtuung" zu verstehen?


Ich hoffe es ist weiterhin klar, dass es sich hierbei um reines Interesse an der Rechtslage geht und ich nicht wirklich irgendwelche Schritte deswegen einleiten will!

Gaenserndorfer
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Beitrag von Gaenserndorfer » 15.06.2010, 17:50

Grouchy hat geschrieben:Danke für den Hinweis zum 30. Hauptstück! Das es sich bei der StVO um keine zivilrechtilchen Normen hält ist mir schon klar, aber ich habe mich vermutlich nicht genau genug ausgedrückt.

Ich formuliere neu:


I. verwaltungsrechtlicher Aspekt:

Ia. Finden die §§ 92 Abs2 bzw. 99 Abs4 lit g StVO Anwendung auf den eingangs beschriebenen Sachverhalt?
§92 Abs-2 ist definitiv die verwaltungsrechtliche Bestimmung, dass Hundebesitzer den Gehsteig... vor Verunreinigungen durch deren hunde zu schützen haben.
§94 ist die Strafbestimmung zu §92
Ib. Wann würden diese §§ zur Anwendung gelangen? Nur wenn ein Exekutivorgan in Ausübung seines Dienstes die Tathandlung beobachtet oder könnte man die Tat theoretisch auch als Privatperson zur Anzeige bringen?
Kann auch eine Privatperson zur Anzeige bringen, ist aus meiner Sicht eine Frage der Beweise, da reines Behaupten wohl nicht genügen wird.

II. zivilrechtliche Betrachtung:

Folgende §§ des ABGB sind meines Erachtens hier relevant:
Schade
§ 1293
Schade heißt jeder Nachteil, welcher jemandem an Vermögen, Rechten oder seiner Person zugefügt worden ist.
...
Liegt hier ein Sachden vor? Ist der Reifen nach dem anpinkeln schmutziger als davor, oder wird er dadurch sogar von Schmutz befreit der schon am Reifen klebte? Wenn doch, wie hoch ist der Schaden? Einmal abspülen mit Wasser? 5l Wasser und Tätigkeit € 2,-?
Streit ums leere Kapperl?
7. durch ein Tier
§ 1320. Wird jemand durch ein Tier beschädigt, so ist derjenige dafür verantwortlich, der es dazu angetrieben, gereizt oder zu verwahren vernachlässigt hat. Derjenige, der das Tier hält, ist verantwortlich, wenn er nicht beweist, daß er für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hatte.
Nicht einschlägig, ist bei Hundebiss durch aufhetzen des Hundes oder mangelnder Verwahrung anzuwenden.
Arten des Schadenersatzes
§ 1324. In dem Falle eines aus böser Absicht, oder aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursachten Schadens ist der Beschädigte volle Genugtuung; in den übrigen Fällen aber nur die eigentliche Schadloshaltung zu fordern berechtigt. Hiernach ist in den Fällen, wo im Gesetze der allgemeine Ausdruck: Ersatz, vorkommt, zu beurteilen, welche Art des Ersatzes zu leisten sei.
Nicht einschlägig, bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit wird neben dem erlittenen Schaden auch ein allfälliger entgangener Gewinn ersetzt, sonst nur der Schaden, zum Schaden schon oben.
ad §1293:
Der Schade wäre das beschmutzte Fahrzeug, da ich nicht einsehe warum mein Auto ein weniger schützenswertes Rechtsgut ist als ein Gehsteig oder eine Hausmauer.
Die Verunreinigung durch den Urin des Hundes macht sich zB dann störend bemerkbar, wenn man beim Kontrollieren der Reifenluftdrucks in Kontakt damit kommt oder beim Einsteigen ins Fahrzeug sonst irgendwie in Kontak mit dem (noch nicht eingetrockneten) Urin kommt.
Höhe des Schadens? Bagadellschaden
ad §1320: "zu verwahren vernachlässigt hat" und "nicht für die erforderliche Beaufsichtigung gesorgt hat" sind hier wohl die relevanten Schlagworte.
Ich würde §§1294ff ex delicto prüfen, allerdings wo Bagadellschaden?
ad §1324: Ich nehme deshalb bezug auf den 1324 und NICHT auf den 1323 da sowohl "böse Absicht" als auch "auffallende Sorglosigkeit" in Frage kommen, da er seinen Hund mit Leichtigkeit davon hätte abhalten können und ich ihn sogar darum gebeten bzw. dazu aufgefordert habe.
so lange er nicht selbst .... ist das mit der Absicht schwer. ist aber egal da durch den bepinkelten Reifen sicher ein Gewinn entgangen ist.
daher meine Fragen:

IIa. In wie weit treffen meine Ausführungen zu den genannten §§ zu?
siehe oben
IIb. Gäbe es noch andere (zivilrechtliche) Gesetzesstellen zu berücksichtigen?
Außer Schadenersatz fällt mir ehrlich gesagt nix ein.
IIc. Was ist in diesem Fall unter "voller Genugtuung" zu verstehen?
Die hL und Rsp. unterscheidet beim Schadenersatz zwischen dem positiven Schaden und der vollen Genugtuung, wobei positiver Schaden den tatsächlich aufgetretenen wirklichen Schaden meint und unter voller Genugtuung auch die Ersetzung des entgangenen Gewinns gemeint ist. Volle Genugtuung ist allerdins nur bei grob fahrlässigem bzw. vorsätzlichem Verhalten zu leisten.
Bsp.: Sie sind privater Taxiunternehmer und haben für nächste Stunde eine Fahrt durchzuführen (Ihr Erlös € 1.000,-). X pinkelt ihnen an den Reifen, sein Urin ist so aggressiv, dass ihr Reifen sich in Luft auflöst.
X schuldet ihnen den Reifen und den entgangenen Gewinn der Fahrt von € 1.000,-
LGC

Grouchy
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Beitrag von Grouchy » 16.06.2010, 13:16

Vielen Dank für die ausfürhiche Antwort, bin jetzt im Bilde :)

Gaenserndorfer
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Beitrag von Gaenserndorfer » 16.06.2010, 16:08

Grouchy hat geschrieben:Vielen Dank für die ausfürhiche Antwort, bin jetzt im Bilde :)
Bei einem G'spritzten oder eínem Kaffee lösen sich so manche Probleme leichter.
:wink:

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