Missbrauch Eintrittsrecht bei Tod des Mieters

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mapok
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Missbrauch Eintrittsrecht bei Tod des Mieters

Beitrag von mapok » 10.12.2016, 03:09

Liebe Community!

Folgendes Problem könnte sich schon bald bei uns ergeben (Vollanwendung des MRG kann vorausgesetzt werden):

Eine ältere Mieterin verstirbt, sie wohnt allein, eigentlich gibt es keine Eintrittsberechtigte: Der Ehemann ist verstorben, die Kinder sind längst ausgezogen, die Enkeln wohnen (noch) bei ihren Eltern.

Doch ein Enkel würde gerne in den Mietvertrag von Omi eintreten, nicht zuletzt wegen des sehr geringen Mietzinses. Also behauptet er, schon Wochen oder wenigen Monate vor Omis Tod bei ihr eingezogen zu sein und nun ein "dringendes Wohnbedürfnis" an der Wohnung zu haben. Das Gegenteil zu beweisen dürfte für den Vermieter recht schwierig sein.

Ich habe diesen (vorläufig noch fiktiven) Fall mit einem Rechtanwalt kurz andiskutiert, der meinte, dass das so sicher nicht gehe, das würde den Missbrauch des Eintrittsrechts ja geradezu provozieren. Er meinte, dass analog wie im Fall der Abtretung des Mietrechts nach §12 MRG Abs.1 der Eintrittsberechtigte eine Mindestdauer in der Wohnung gewohnt haben müsse (beim Enkel wären das 2 Jahre).

Nun findet sich aber im MRG §14, der das Eintrittsrecht im Todesfall regelt, keine derartige Mindestdauer wie im §12. Bezug genommen wird auf den §12 wird nur für den Fall einer "Seniorenwohnung", was hier nicht vorliegt.

Wie wird das von Gerichten in der Praxis gesehen? Wenn keine Mindest-Wohndauer für die Geltungmachung des Eintrittsrechts erforderlich ist, zieht hier der Vermieter praktisch mit Sicherheit den Kürzeren - wie will er schlüssig beweisen, dass der Enkel zum Zeitpunkt des Todes des Mieters noch gar nicht in der Wohnung gewohnt hat bzw. kein dringendes Wohnbedürfnis vorliegt? Mit einer Mindest-Wohndauer wäre der Vermieter eher in der Lage, einen unberechtigten Eintritt in den Mietvertrag abzuweisen.

Bitte um eure Meinung!

Danke und Lg



lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 11.12.2016, 12:43

Guten Tag!

Ein Mietvertrag ist gemäß §§ 861, 1090, 1091 ABGB ein sogenannter Bestandvertrag.

Gemäß § 1116a Satz 1 ABGB und § 14 Abs 1 MRG wird durch den Tod eines der vertragschließenden Teile der Vertrag nicht aufgehoben.

Das Gesetz sieht für den Eintritt nach dem Tod des Mieters gemäß § 14 Abs 2 MRG nur einen gewissen Personenkreis unter gewissen Voraussetzungen vor (Abs 3).

Nach § 14 Abs 3 MRG sind folgende Personen eintrittsberechtigt:

Ehegatte, Lebensgefährte, Verwandte in gerader Linie, einschließlich der Wahlkinder und die Geschwister des bisherigen Mieters.

Nach § 14 Abs 3 MRG ist die Eintrittsberechtigung an folgende Kriterien gebunden:

Die in Abs 3 genannten Personen müssen zum einen ein dringendes Wohnbedürfnis haben und zum anderen schon bisher mit dem Mieter im gemeinsamen Haushalt in der Wohnung gewohnt haben.

§ 14 Abs 3 MRG geht hierbei nicht explizit auf die Wohndauer, die für eine Anwendbarkeit der Bestimmung Voraussetzung wäre, ein.


Zum Sachverhalt:

Zum eintrittsberechtigten Personenkreis:

Laut Sachverhalt begehrt das Enkelkind den Eintritt in die Mietwohnung.

Enkelkinder zählen gegenüber ihren Großeltern zu Personen, die in gerader Linie mit diesen verwandt sind.

Zur Dringlichkeit des Wohnbedürfnisses:

Die Dringlichkeit des Wohnbedürfnisses eines nahen Angehörigen an der aufgekündigten Wohnung hängt davon ab, ob der Eintrittswerber über eine eigene Wohnung verfügt, die er früher bewohnt hat, oder ob er auf eine andere Wohnung verwiesen werden soll.

Nur im ersten Fall ist auf die unbedingte Notwendigkeit abzustellen, den beim Tod des Mieters gegebenen Zustand zu belassen; andernfalls muss es sich um eine ausreichende und gleichartige (rechtlich abgesicherte) Wohnmöglichkeit handeln.

Keine rechtlich abgesicherte Wohnmöglichkeit liegt in der Begründung eines familienrechtlichen Wohnverhältnisses im Hause der Eltern des Eintrittsberechtigten im Hinblick auf die Widerruflichkeit eines solchen Benützungsrechtes nach Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit.

(OGH: RS0069957 ).

Hat also das Enkelkind keine andere ihm zumutbare Möglichkeit sein derzeit dringendes Wohnbedürfnis, anderweitig zu befriedigen, wobei die Möglichkeit im Elternhaus leben zu können nicht mitgezählt wird, ist ein dringendes Wohnbedürfnis des Enkelkindes zu bejahen.

Zur vorausgesetzten Begründung eines gemeinsamen Haushaltes:

Das Tatbestandsmerkmal des gemeinsamen Haushalts mit dem Hauptmieter iSd § 14 Abs 3 MRG betrifft laut OGH einen auf Dauer angelegten Lebensumstand .

Laut Judikatur wird ein gemeinsamer Haushalt jedenfalls dann begründet, wenn der Hauptmieter zu Lebzeiten auf unbestimmte Zeit eine in § 14 Abs 3 genannte Person in seine Haushaltsgemeinschaft aufnimmt. Das Gesetz verlangt dabei nicht, dass diese Aufnahme unwiderruflich ist. (OGH: GZ: 1Ob255/98a )

Wurde das Enkelkind also zu Lebzeiten von der Großmutter auf unbestimmte Zeit oder zumindest auf eine vereinbarte Mindestdauer von 2 Jahren in ihre Haushaltsgemeinschaft aufgenommen, liegt ein gemeinsamer Haushalt im Sinne des § 14 Abs 3 MRG vor.

Laut Sachverhalt versucht der Eintrittswerber dies nun so hinzustellen, obwohl die Tatsachen anders aussehen.

Dass dadurch auch der Tatbestand des § 108 Abs 1 StGB erfüllt wird, wonach der Mieter den Vermieter, durch die Behauptung hier definitiv unrichtiger Tatsachen, in seinem Recht, nämlich in der Vertragsfreiheit und somit dem Recht sich den Vertragspartner frei aussuchen zu können, absichtlich schädigen möchte, sollte hierbei nicht außer Acht gelassen werden.

Die Beweislast der in § 14 MRG genannten Punkte trifft immer den Eintrittswerber. Der Vermieter braucht das Gegenteil, wie Sie hier mehrfach ausführen, nicht zu beweisen.

MfG
lexlegis

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