Strafrecht

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Petschal
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Strafrecht

Beitrag von Petschal » 06.06.2016, 15:19

Hallo! Kann mir wer bei diesem Fall helfen?

Sachverhalt:

Adalbert A beschließt seine Frau Berta B zu töten, da er schon länger im Streit mit ihr lebt und keine Lust mehr hat so weiter zu machen, danach möchte er sich selbst töten. A verlässt unter einem Vorwand die gemeinsame Ehewohnung für ein paar Tage um den Mord zu planen und trifft sich mit einem Freund F, den er in sein gesamtes Vorhaben einweiht, inklusive der selbstmörderischen Absicht. F, der großes Verständnis für A zeigt, händigt diesem daraufhin eine geladene Pistole aus. Als es dunkel wird, geht A zurück zur Ehewohnung. Auf dem Weg zur Wohnung mit dem Gedanken an den Mord, denkt A auch an die schönen Zeiten, die er mit B gehabt hat. Aus einem Sinneswandel heraus überlegt es sich A anders und versteckt die Pistole in der Garage. Danach betritt er die Ehewohnung und findet im gemeinsamen Schlafzimmer seine Frau B mit ihrem Liebhaber L, die gerade dabei sind den Akt der Liebe zu vollziehen. A, der über diese Situation so erbost ist, geht schnurstracks in die Garage, holt die Pistole, geht erneut in das Schlafzimmer und gibt gezielt zwei Schüsse auf L ab. Dieser wird zweimal in die Brust getroffen und bleibt schwer verletzt am Bett liegen. A weist die schreiende B mit vorgehaltener Waffe daraufhin an still zu sein und sich zu setzen, da ihr sonst auch noch etwas passieren würde. B hört daraufhin auf zu schreien und setzt sich auf das Bett. A geht auf B zu und schlägt ihr mit dem Kolben der Waffe wuchtig auf die Nase, wodurch B einen komplizierten Nasenbeinbruch erleidet und das Bewusstsein verliert. Danach packt A sie bei den Haaren und zerrt sie ins Badezimmer. Dort legt er sie in die Badewanne und holt aus der Küche ein Messer. A durchtrennt B mit dem Messer die Halsschlagader und lässt sie ausbluten. Danach nimmt A aus dem Badezimmerschrank 15 Schlaftabletten, wodurch er in einen komatösen Zustand fällt, aber überlebt. L verstirbt noch in der Nacht an seinen schweren Verletzungen. Am nächsten Morgen findet die Putzfrau P die zwei Toten und A. P hält alle drei für Tod und da sie keine Probleme zwecks ihrer Aufenthaltsgenehmigung bekommen möchte, meldet sie den Vorfall nicht. Stattdessen ruft P ihren Freund K an, der ihr helfen soll die Leichen wegzuschaffen. Bis K eintrifft packt P mehrere Sachen aus dem Haus unter anderem einen Laptop (Wert 600 Euro), einen Fernseher (Wert 800 Euro) und etlichen Schmuck (Wert 3000 Euro) in den Wagen (Wert 9000 Euro) des A. Der inzwischen eingetroffene K schleppt A, L und B in seinen mit Folie ausgekleideten Kleinbus und reinigt die Wohnung. Danach fährt er mit dem Auto des A zu seinem Freund H und verkauft diesem die Sachen aus der Wohnung. P fährt mit dem Kleinbus zu einem vereinbarten Treffpunkt im Wald, wo sie auf K, der mit dem Auto des A kommen soll wartet. In der Zwischenzeit wacht A auf und beginnt zu schreien. Als P erkennt, dass A noch nicht tot ist, öffnet sie die hintere Tür des Kleinbusses und versucht A damit mehrmals auf den Kopf zu schlagen, da sie auch vorhat ihn mit den anderen beiden zu vergraben. A kann den Angriff jedoch abwehren und fliehen. P vergräbt danach gemeinsam mit K die Leichen. Das Auto des A, das sie eigentlich stehen lassen wollten, behalten sich die beiden.

Prüfen Sie die Strafbarkeit des A, des F, der P und des K.



lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 06.06.2016, 15:58

Guten Tag!

So auf die Schnelle:


A:

Bei L:

Totschlag

Bei B:

Schwere Nötigung
Schwere KV
Mord

F:

Bei L:

Beitrag zum Mord (siehe: error in persona)

Bei B:

Kein Beitrag (Beitragshandlung ist nicht kausal geworden)

Bei A:

Versuchte Mitwirkung am Selbstmord. Auch hier keine Kausalität

P:

Bei B und L:

Störung der Totenruhe
Unterdrückung eines Beweismittels

Bei A:

Freiheitsentziehung. Kein Vorsatz, Tatbildirrtum, P hält A für tot.

Versuchter Mord an A: Schlagen = Ausführungsnahe Handlung, der Vergraben, als Tathandlung des § 75 StGB folgen sollte. Vorsatz gegeben, Tauglichkeit unproblematisch. A kann fliehen, daher Versuch.

Anschlussunterschlagung beim Wagen. Gemeinsamer Tat- und Bereicherungsvorsatz = Mittäterschaft nach §§ 12 erster Fall, 134 Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB

Bei K:

Bestimmung zum Diebstahl
Einladen der Sachen in das sich noch im Gewahrsam des A befindliche Auto ist eine (materielle subsidiäre) Beitragshandlung.
Bestimmung zu §§ 190, 295. Ist wegen unmittelbarer Täterschaft der P materiell subsidiär

K:

Bei L und B:

Störung der Totenruhe
Unterdrückung eines Beweismittels

Bei A:

Freiheitsentziehung (Tatbildirrtum)

Anschlussunterschlagung (mutatis mutandis wie bei P)

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 06.06.2016, 16:12

Strafbarkeit des A

1. A gegenüber L

Mord nach § 75 StGB. Dolus eventualis nach § 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB zum Tatzeitpunkt genügt. Verhalten ist nach § 76 StGB (Totschlag) privilegiert. A befindet sich in einer allgemein begreiflich heftigen Gemütsbewegung, die Tötungshandlung muss nicht allgemein begreiflich sein, wohl aber die Gemütsbewegung; dies ist hier zu bejahen.

2. A gegenüber B

„Setz dich, sonst passiert dir auch noch was“ Schwere Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB

Schlag auf die Nase: Schwere KV (komplizierter Bruch der Nase) nach § 84 Abs 4 StGB (Absicht nach § 5 Abs 2 StGB wird verneint).

Ausbluten lassen: Mord nach § 75 StGB (Ein tateinheitliches Zusammentreffen zu § 84, der dadurch verdrängt würde, wird verneint)

Alles in echter Konkurrenz.

Strafbarkeit des F

1. F gegenüber L

Beitrag zum Mord nach §§ 12 dritter Fall, 75 StGB. Kein § 76 StGB. F befindet sich nicht in der allgemein begreiflich heftigen Gemütsbewegung. F wollte dazu beitragen einen Menschen (B) zu töten, F hat dazu beigetragen einen Menschen zu töten (L) (ähnlich wie: error in persona).

2. F gegenüber B

Kein Beitrag zum Mord an B. Das eine weitere Hemmstufe überschreitende gewählte Vorgehen des A (Tötung mit Messer durch aufschlitzen der Kehle) unterbricht den Kausalzusammenhang zwischen der Beitrags- und der Ausführungshandlung.

3. F gegenüber A

Versuchte Mitwirkung am Selbstmord nach §§ 15, 78 StGB.
§ 78 StGB ist verba legalia ein Beitragsdelikt. Auch hier unterbricht das Vorgehen des A (Schlafmittel statt Selbsttötung mit ausgehändigter Faustfeuerwaffe des F) den Kausalzusammenhang zwischen Beitragshandlung und der (für A straflosen) Ausführungshandlung.

Strafbarkeit der P

1. Tragen der Sachen in das Auto des A

In Betracht kommt: Mittäterschaft durch bewusstes und gewolltes Zusammenwirken mit gemeinsamen Tatvorsatz nach §§ 12 erster Fall, 127 StGB. Ist eher auszuschließen, da K erst vor Ort eingeweiht wird und nicht bereits am Telefon, daher ist das Einladen eine durch P ausgeführte eigenständige Vorbereitungshandlung (Beitragshandlung) für die spätere Wegnahme.

Das Einladen der Sachen in den Wagen des A, stellt noch keinen Gewahrsamsbruch dar, da dieser sich noch in der üblichen Machtsphäre des A befindet. Keine Wegnahme, also keine Ausführungshandlung des § 127 StGB ist erfolgt, daher wäre das Einladen der Sachen ein Beitrag nach § 12 dritter Fall StGB. Da P aber in K, der erst am vor Ort eingeweiht wird, zur Wegnahme (Wegfahren mit dem Auto) angewiesen wird, P also den Tatentschluss zur Wegnahme in K veranlasst (§ 12 zweiter Fall StGB) ist P wegen Bestimmung zum Diebstahl zu bestrafen und die Beitragstäterschaft hierzu materiell subsidiär.

Tatbildirrtum in Bezug auf Bedrängnisdiebstahl nach § 128 Abs 1 Z 1 StGB (P hält A für tot)

Keine Wertqualifikation (unter 5000€)

Späteres Teilen der Beute mit K wäre eigennützige Hehlerei nach § 164 Abs 2 StGB.

2. Wegbringen der Leichen mit dem Fahrzeug des K

Die Bestimmung des K zum Beitrag (über das Telefon) geht in der unmittelbaren Täterschaft der P auf.

Störung der Totenruhe nach § 190 Abs 1 StGB
Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB

3. Wegbringen des A

Zur Prüfen: Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB. Kein Vorsatz, P hält A für tot. Tatbildirrtum

4. Das Einschlagen auf A

Versuchter Mord nach §§ 15, 75 StGB. Zwischen dem Einschlagen auf A und dem lebendig Vergraben-Wollen desselben liegen keine weiteren Vorbereitungshandlungen, daher ist das Einschlagen bereits als ausführungsnahe Handlung für einen Mord nach § 75 StGB zu werten. Voller Tatentschluss liegt laut Sachverhalt vor. Tauglichkeit unproblematisch. A entkommt jedoch, daher Versuch!

5. Behalten des Wagens
Anschlussunterschlagung nach § 134 Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB. Im Zuge einer Mittäterschaft nach § 12 erster Fall StGB (gemeinsamer Tat- und Bereicherungsvorsatz).

Strafbarkeit des K

1. Tragen der Leichen in das Fahrzeug.

Mittäter (bewusstes gewolltes Zusammenwirken)

Störung der Totenruhe nach § 190 Abs 1 StGB.
Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB

Gegenüber A: Tatbildirrtum bezüglich § 99 Abs 1 StGB.

2. Wegfahren mit den Sachen:

= Wegnahme = Gewahrsamsbruch = Ausführungshandlung des § 127 StGB

Das Verkaufen (zu Geld machen) der Sachen ist für den Dieb straflos.

3. Behalten des Wagens:

Anschlussunterschlagung nach § 134 Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB (Mittäter; siehe P)

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