Bittleihe oder Präkarium

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CocoChanel
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Bittleihe oder Präkarium

Beitrag von CocoChanel » 02.08.2011, 18:43

Liebe Leser, ich habe ein ganz spezielles Problem. Mein Mann ist im November des Vorjahres verstorben. Er hat ua ein Sommerhaus (superedifikat auf Pachtgrund) hinterlassen, das uns als Zweitwohnsitz zur Erholung im Sommer gedient hat. Das hat er seiner Tochter vererbt und ich habe dem zugestimmt, weil er mir einen Dachbodenausbau uvm finanziert hat. Das Haus wurde der Tochter eingeantwortet. In einer mündlichen Besprechung vor dem Tod meines Mannes haben wir alle vereinbart, dass ich bis auf jederzeitigen Widerruf der Tochter das Haus bewohnen darf. Mein Mann hat das so gewollt, dh ich soll kurz dort wohnen und dann seine Tochter mit ihrer Familie. Dafür gibt es zwar Zeugen aber gsd nichts Schriftliches. Ich war nie gern in dem Haus aber jetzt gefällt es mir doch sehr gut weil meine Enkelin mich dort immer wieder besucht. Die Tochter will mich aber Ende des Jahres heraushaben und das Haus wie vereinbart selbst nutzen. Aber sie hat keine Beweise dafür dass es nur eine Bittleihe ist (kein Testament, keine Unterschrift von mir) und um ein Verfahren zu vermeiden, hat sie zugestimmt, dass ich noch ein weiteres Jahr im Haus bleiben darf. Sonst hätte ich es darauf ankommen lassen, eine Klage dauert Jahre und so lange hat die Familie keinen Zugang. Nun soll eine schriftliche Vereinbarung festlegen dass die Leihe mit Ende 2012 endet. Das Haus unterliegt soviel ich weiss nicht dem Mietrecht. Was kann ich tun, um ins "Mietrecht" zu kommen (da ist die Mindestbefristung 3 Jahre) und so der Familie ein Schnippchen zu schlagen? Sicherheitshalber habe ICH schon einmal die Jahrespacht bezahlt, da der Erlagschein der Gemeinde an die Ehewohnung ging. Ich bitte um Eure Expertise und Hilfe! Eure Coco



MG
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Beitrag von MG » 04.08.2011, 12:55

Ihre Tochter braucht keinen Vertrag, da SIE ja einen Benützungstitel nachweisen müssten. Wenn Sie keine Miete bezahlen (bloße Tragung der Aufwendungen reicht nicht), dann wird man wohl von einem Präkarium (ist das Selbe wie Bittleihe) annehmen und Ihre Tochter kann die Beednigung der Benützung verlangen. Sie sollten daher versuchen, eine Vereinbarung mit Ihrer Tochter zu schließen.

mfG

RA Michael Gruner

CocoChanel
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Danke,

Beitrag von CocoChanel » 04.08.2011, 17:20

aber sie ist nicht meine Tochter, sondern die Tochter meines Mannes aus erster Ehe. Und für die Bittleihe hat sie ja keinen Beweis, dass mein Mann das so gesagt hat. Ihre Mutter, ihr Bruder und ihr Ehemann haben das zwar gehört und bestätigen sie, aber es gibt nichts Schriftliches. Und ich habe zwar auf meinen Eigentumsanteil (Erbteil) an dem Haus verzichtet, aber niemals auf mein Wohnrecht. Ich habe das Haus schon vor dem Tod meines Mannes gelegentlich mit ihm zusammen benutzt und als Ehefrau habe ich doch ein Wohnrecht. Oder gilt das nur für Hauptwohnsitze? MfG, Coco

Hank
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Beitrag von Hank » 06.08.2011, 20:59

Was glauben Sie für was es ein Testament gibt? Das jederzeitige Widerrufsrechts Ihrer Tochter ist voll zu respektieren, es war ja der letzte Wille Ihres Mannes. Wenn kein unbeschränktes Wohn- oder Nutzungsrecht im Testament verfügt wurde, dann wird das schon seinen Grund haben.

Ein einzelnes Sommerhaus kann sowieso kaum dem Mietrecht unterworfen sein, Sie hätten wenn, einen Mietvertrag nach Bestandsrecht mit Ihrem Mann abschließen müssen, aber das wollte er eben offensichtlich nicht. Und am Hauptwohnsitz als Ehewohnung sind Sie ja gemeldet, da haben Sie alle Rechte nach dem Eherecht.

Auch wenn Sie nicht auf den Erbteil des Hauses verzichtet hätten, hätte es nicht automatisch ein Wohnrecht bedeutet, weil Ihr Mann das ja scheinbar nicht wollte. Ich denke, sowas wie in Ihrem Fall nennt man sowieso nicht Präkarium, sondern stellt eher "Bedingung" bzw. "Auflage" des Erblassers dar.

Außerdem unter dem Vorzeichen "Schnippchen schlagen" wird der vom Erbrecht erwünschte Rechtsfrieden kaum zu realisieren sein, oder?

Es gibt ja den alten Spruch "Erben ist schwerer als Sterben"...

LiGrü Hank 8) 8) 8) 8)

CocoChanel
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Danke

Beitrag von CocoChanel » 07.08.2011, 14:18

lieber Hank, aber es gibt ja gar kein schriftliches Testament, nur mündliche Zeugen (Sohn, Tochter, Mutter der Tochter und Ehemann) dafür. Deshalb hat mir ein juristisch versierter Freund geraten, das zu bestreiten, im Haus zu bleiben und wenn mich die Tochter auf Unterlassung und Räumung klagt, dann fechte ich den Notariatsakt (meinen Verzicht) an und beantrage für die Dauer dieses Verfahrens die Unterbrechung der Räumung. Ich soll argumentieren, dass ich niemals auf meinen Erbteil am Haus (ein Drittel) verzichtet hätte, wenn ich nicht mindestens fünf Jahre darin wohnen könnte! Ich glaube, das ist doch für einen Richter plausibel. Unter diesem Druck hat die Tochter jetzt doch einer Leihe für zwei Jahre zugestimmt (bis jetzt nur mündlich). Die Tochter ist mir eigentlich egal, wir hatten nie eine gute Beziehung zueinander und die haben auch nicht viel Geld. Und ich streite lieber als dass ich auf jahrelanges kostenloses Wohnen in einer schönen Badesiedlung verzichte, das würde doch jeder so machen, oder? Liebe Grüße, Coco

netlaw
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Beitrag von netlaw » 08.08.2011, 15:54

Ich muss Ihnen, Coco, ganz ehrlich sagen, dass ich Ihr Vorgehen angesichts der geschilderten Tatsachen moralisch höchst grenzwertig finde. Im juristischen Sinne gebe ich meinen Vorrednern Recht. Ich glaube nicht, dass ein Gericht auf diese "Hausbesetzer"-Taktik einsteigt. Eine Räumungsklage ist binnen weniger Monate abgewickelt. Und wenn Sie Ihren Verzicht jetzt plötzlich anfechten, werden auch die von Ihnen erhaltenen Vorausempfänge berücksichtigt werden, dh auch Sie könnten an die anderen Erben rückzahlungspflichtig werden. Bedenken Sie bitte auch, dass ein Verfahren, das Sie mit Sicherheit verlieren, umso teurer wird, je länger es dauert, und der Anwalt Ihrer Tochter für jeden entgangenen Monat der Nutzung einen Schadenersatz im Bereich ortsüblicher Mieten (von Häusern) fordern wird. Das kann dann sehr teuer werden und es stellt sich die Frage, ob Sie um dieses Geld (plus eigene und gegnerische Vertretungs-, Gerichts- und laufende Kosten für die Nutzung) sich nicht anderswo viel besser einmieten oder einkaufen können und Nerven sparen. Ich würde eine Mandat unter diesen Voraussetzungen nicht annehmen. 8)

Hank
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Beitrag von Hank » 08.08.2011, 22:19

Bei einer Irrtumsanfechtung bzw. Nichtigerklärung ist nämlich die Frage, über was Sie sich, sehr geehrte Coco, wesentlich geirrt haben könnten bzw. durch wen oder was.

Die Anweisung Ihres Mannes war so zu verstehen wie Sie es geschildert haben. In Ihrem Fall würde dann sowas wie ein Motiv- oder Kalkulationsirrtum ihrerseits vorliegen - und für solche ist frau stets selber verantwortlich, zumal eine Erbschaft ja kein "Business" sein soll.


Seit dem legendären Fall Blauensteiner aus den 1990er Jahren will man mündliche Testamente verbieten, denn die mutmaßliche Mörderin soll versucht haben, einen Detektiv gegen Zahlung von 300.000 S zur Bestätigung eines mündlichen Testaments zu überreden. Für ein mündliches Testament genügt es, dass der letzte Wille vor 3 Zeugen geäußert wird – mit dem Problem, dass die Aussagen nach Jahren nicht mehr übereinstimmen...

Irgendwo im Erbrecht heißt es, dass man zur Erleichterung des Gedächtnisses die Erklärungen des Erblassers entweder selbst aufzeichnen, oder so bald als möglich aufzeichnen lassen soll.


LiGrü Hank, 8) 8) 8) 8)

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