delikate erbsache

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JUSLINE
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delikate erbsache

Beitrag von JUSLINE » 28.12.2005, 12:15

folgende, sehr komplizierte angelegenheit. vielleicht kann mir jemand helfen?

eine ruftante von mir ist verstorben.

ihre angeheiratete nichte behauptete, sie sei die erbin.

da es keine echten verwandten gab, waren zwar alle, die die tante kannten, sehr überrascht, jedoch gab es keinen einspruch.

nun hat ihre beste freundin, die eine kopie des letzen testamentes besitzt, beim zuständigen notar nachgefragt, wie das wirklich sei.

folgendes scheint der fall zu sein:



1) das original des testaments, das im pflegeheim im nachtkasterl lag, ist geheimnisvollerweise verschwunden....in diesem testament wurde ihre beste freundin zur alleinerbin eingesetzt, jedoch diverse legate ausgesprochen.



2) die angeheiratete nichte behauptet, eine "vollmacht" über alle konten, safes und sparbücher zu besitzen, jedoch kein testament.



3) auf der kopie des testaments ist nur ein handschriftlicher vermerk, dass ich ein bestimmtes sparbuch bekommen soll.



4) die nichte hat in der zwischenzeit alle safes ausgeräumt. alle sparbücher, safeinhalte, etc. sind verschwunden.



5) aus meiner sicht hat die nichte folgendes kalkül gehabt: da es kein gültiges testament gibt (weil ja verschwunden), denkt sie, der nachlass geht an den staat.

wenn es aber keinen nachlass gibt (weil alle sparbücher, safeinhalte, etc. "verschwunden" sind), geht der staat halt leer aus. und sie kriegt auch ohne testament alles, weil´s eh keiner nachweisen kann.



was ist hier die gültige rechtslage?



was kann ich tun, um mein mir zugedachtes sparbuch zu bekommen?



danke



eine interessentin




MEMIL
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RE: delikate erbsache

Beitrag von MEMIL » 01.01.2006, 12:49

Die Situation ist komplexe aber nicht hoffnungslose. Die Sachverhalte müssen auseinander getrennt werden:

1) Das Verschwunden der Sparbücher und andere Gegenstände stellt ein kriminelles Delikt dar. Darüber kann jede Person eine Anzeige bei der Polizei erstatten und die Sache wird sofort (nach polizeilichen Erhebungen) an die Staatsanwaltschaft weiter geleitet. Alles muss wieder gefunden werden.

2) Die Erbschaft selbst kann nur mittels einer Verlassenschaftsverfahren überprüft werden. Wer bekommt was (wenn überhaupt) kann nicht von der Nichte bestimmt werden und ob das verschwundene Testament gültig ist oder auch nicht, kann nun beim Gericht festgestellt werden.

Ich kann dir nur empfehlen sofort eine Anzeige erstatten. Alles andere wird dann automatisch geschehen, weil im Laufe der Erhebungen die Staatsanwaltschaft selbst das Verlassenschaftsverfahren einleiten wird (letztendlich ist der Staat auch daran interessiert), wenn nicht 100 % der Erbschaft an Erben geführt werden kann, oder ob alles überhaupt verfallen ist.

MFG,

MEMIL




DorisMihokovic
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RE: delikate erbsache

Beitrag von DorisMihokovic » 01.02.2006, 20:03

Wie es mir erscheint, duerfte eine Verlassenschaftsabhandlung ueber einen Notar stattgefunden haben. Wenn es nur einen erbberechtigten Verwandten und kein rechtsgueltiges Testament gibt bzw. keines aufgefunden wurde, so gibt es fuer den Gerichtskommissaer m. E. keinen Grund, keine Einantwortung der Verlassenschaft vorzunehmen. Die Nichte kann nach Einantwortung ueber die Sparbuecher, Safe-Inhalte etc. rechtmaessig verfuegen, d.h. es liegt keine Unterschlagung oder Diebstahl vor. Sobald jedoch ein rechtsgueltiges Testament im Nachhinein aufgefunden wird, wird ein Nachtragsverlassenschaftsverfahren eroeffnet. Sollte sich dabei herausstellen, dass der Erblasser andere bzw. weitere Erben und/oder Legatare eingesetzt hat, so muss die Verwandte, diese Erben/Legatare befriedigen - bei einer unbedingten Erbserklaerung notfalls sogar mit ihrem eigenen Vermoegen.

Sollte ihr nachgewiesen werden, dass sie das Original-Testament aus dem Verkehr gezogen hat, so ist das ein Erbsausschliessungsgrund.

Ein handschriftlicher Vermerk auf einer Photokopie eines Testaments ist m.E. schon deshalb ungueltig, da Photokopien selbst von handschriftlich, eigenhaendig geschriebenen und unterfertigten Testamenten m. A. nach ungueltig sind. In diesem Punkt bin ich jedoch nicht sicher, ob dies tatsaechlich so zutrifft.


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