Erbrecht Auskunftspflicht

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nitram
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Erbrecht Auskunftspflicht

Beitrag von nitram » 09.06.2020, 11:27

Schönen guten Tag zusammen !

Die Verlassenschaft meines Vaters ist mittlerweile abgeschlossen.
(verstorben März 2019, Verlassenschaft geschlossen Februar 2020)

Jetzt stellt sich heraus, dass mein Vater Mitbesitzer einer Immobilie in Spanien war.
Ist in der Verlassenschaft (Aktiva) nicht aufgelistet gewesen.

Frage:
Hätte die Alleinerbin und Miteigentümerin dieser Immobilie,nicht gegenüber des Verlassenschaftsgerichtes,
bzw Gerichtskommissär die Verpflichtung gehabt, allen Besitz meines Vater von dem Sie Kenntnis hat,
bekannt zu geben, damit dieser Besitz in den Aktiva der Verlassenschaft aufscheint ?

Danke vorab für jede helfende Antwort

mfG
Martin



alles2
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Re: Erbrecht Auskunftspflicht

Beitrag von alles2 » 09.06.2020, 14:51

Grundsätzlich kann man erbrechtlichen Ansprüche auch nach einem Verlassenschaftsverfahren geltend machen (siehe auch § 183 AußStrG).

Im Sterbefall eines Partners greift die sog. Anwachsung, bei der der andere zum Alleineigentümer der Immobilie wird, weil von mir aus die Hälfte an ihn übergeht. Nach § 560 (2) ABGB fällt der frei gewordene Teil an die gesetzlichen Erben, wenn es zu keiner Anwachsung kommt.

Bin mir in dem Fall aber nicht ganz sicher (vielleicht gibt es eine vertragliche Vereinbarung für den Sterbefall), ob dennoch an den etwaigen gesetzlichen Erben eine finanzielle Abfindung ("Übernahmspreis") zusteht.
Zuletzt geändert von alles2 am 09.06.2020, 15:35, insgesamt 2-mal geändert.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

nitram
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Re: Erbrecht Auskunftspflicht

Beitrag von nitram » 09.06.2020, 15:01

Danke für die rasche Antwort !

Mir ist bewusst, dass ich die Ansprüche auf meinen Pflichteil noch geltend machen kann.

Aber ist die Alleinerbin beim Verlassenschaftsgericht nicht verpflichtet allen Besitz des Verstorbenen,
soweit sie davon Kenntnis hat , anzugeben ?

LG
Martin

alles2
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Re: Erbrecht Auskunftspflicht

Beitrag von alles2 » 09.06.2020, 15:31

Jetzt hat sich meine Anmerkung hinsichtlich des Übernahmspreis zeitlich überschnitten. Daher bitte den letzten Satz noch beachten!

Aber eigentlich sollte der mittlere Teil die Antwort Deiner Frage darstellen! Das Anwachsungsrecht erhält die Miteigentümerin. Erben können daher nur für den restlichen Nachlass (Aktiva und Passiva) mit einer Erbquote eingesetzt werden.
Es ist mit einem Vermächtnis vergleichbar, bei der Erben kein Recht auf den vermachten Vermögenswert haben.
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nitram
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Re: Erbrecht Auskunftspflicht

Beitrag von nitram » 09.06.2020, 15:45

Sorry, ich kann mit Juristendeutsch wenig anfangen,
bitte um Erklärung für Dummies

Wenn ich kein Recht darauf habe , warum werden mein Bruder und ich aus Spanien angeschrieben,
ob wir den Pflichteil annehmen oder ausschlagen werden ?

Danke für Deine Geduld.

LG
Martin

alles2
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Re: Erbrecht Auskunftspflicht

Beitrag von alles2 » 09.06.2020, 16:22

Wo hatte denn der Vater seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort?
Gibt es denn ein Testament in Spanien?

Seit 2015 hat sich rund um die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) einiges getan. Daher sind die Fragen hinsichtlich der Zuständigkeit der Gerichte wesentlich!

Melde mich dann später wieder...muss noch andere Dinge erledigen!
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nitram
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Re: Erbrecht Auskunftspflicht

Beitrag von nitram » 09.06.2020, 17:22

Danke für Ihre Hilfsbereitschaft!

Es besteht jede Menge Zeit, ich bin begeistert, dass man hier solche Hilfe bekommt.

Meine Info:

Mein Vater hatte immer den Hauptwohnsitz in Wien
War mit seiner Frau nur immer zirka 3 Monate pro Jahr in Spanien.

(Ich habe ein Vermächtnis vom Wiener Eigenheim erhalten, die Witwe das Wohnrecht.
Mein Bruder hat seinen Pflichtanteil für Wien bereits erhalten.von daher alles klar, ist ja auch schon abgehandelt)

Bis vor zwei Wochen war ich der Meinung, das Appartement in Spanien gehört zu 100% seiner Ehefrau
Nun stellt sich aber heraus, das Appartement wurde erst in der Ehe angeschafft.
Daraus schließe ich, mein Vater war 50% Eigentümer (keinerlei Eheverträge oder Erbverzichtserklärungen etc.vorhanden)

So wie ich es verstehen, müssen mein Bruder und ich jetzt wieder eine neue Verlassenschaft in Spanien abhandeln.
Nur warum ?
Beide sind Österreichische Staatsbürger
Beide in Österreich gemeldet

DER EINFLUSS DES EUROPÄISCHEN RECHTS
Die seit dem 17.08.2015 anwendbare Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) regelt grenzüberschreitende Erbfälle. Mit Ausnahme von Großbritannien, Irland und Dänemark ist diese Verordnung in allen Mitgliedsstaaten der EU anwendbar. Für Erbfälle soll künftig das Gericht desjenigen Landes zuständig sowie das Recht des Staates anwendbar sein, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ hat. Das bedeutet beispielsweise, dass für einen Österreicher, der seinen Lebensabend in Spanien verbringt unter Umständen plötzlich spanisches Erbrecht zur Anwendung kommt.

Musste der Besitz nicht schon in Wien beim Gerichtskommissär angegeben werden ?

Danke im voraus, und wie gesagt es hat wirklich Zeit

LG
Martin

alles2
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Re: Erbrecht Auskunftspflicht

Beitrag von alles2 » 10.06.2020, 13:20

Bitte sehe es mir nach, dass ich mich erst jetzt melde. Nur musste ich mich da selbst erst noch einlesen, weil ich mit dem spanischen Recht nicht vertraut bin.

Aber vorher noch einen Schritt zurück zum vermeintlichen "Juristendeutschen". Also es können im Verlassenschaftsverfahren nur jene Vermögenswerte aufgenommen werden, die unter den Erben aufzuteilen sind. Bei jenen Sachen, wo es nach österreichischen Recht außer Frage steht, wem diese gehören, braucht es keine gesonderte Abhandlung. Das wäre beispielsweise im Falle einer Anwachsung oder einem Vermächtnis so. Daher würde ich Deine Frage, ob die Alleinerbin beim Verlassenschaftsgericht nicht verpflichtet wäre, allen Besitz des Verstorbenen anzugeben, mit NEIN beantworten. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass ich da mit meiner Einschätzung falsch liege.

Das mit Spanien ist eine eigene Sache und es wundert mich, dass die sich überhaupt einschalten. Mitunter ist es steuerlich begründet, da diese im Erbschaftsfall fällig werden würden. Ihrer solltet vielleicht auf den EuErbVO, wonach aufgrund der Umstände das österreichische Recht greift. Demnach gehört meiner Meinung nach die Immobilie zur Gänze der Witwe, während Ihr kein Erbanspruch habt. Das spanische Grundbuch- und Notariatswesen verlangt die Eintragung des Nachlassempfängers im Grundbuch unter vorheriger notarieller Erbschaftsannahme, da es sonst nicht verkauft werden kann. Demnach müsstet Ihr Euch um einen dortigen Notar kümmern, falls Ihr meint, das Objekt erben zu wollen und können. Eigentlich sollte sich die Witwe beim dortigen Gericht melden und es aufklären, dass sie Alleinerbin ist. Damit solltet ihr aus dem Schneider sein.

Mir ist allerdings nicht klar, das spanische Gericht überhaupt auf Euch gekommen ist. Wer weiß, vielleicht gibt es doch ein spanisches Testament oder sowas, woran ich persönlich auch nicht wirklich glaube. Was anderes wäre es, wenn der Nachlass offiziell in Österreich an Euch übergegangen wäre und sich Spanien dann wegen der notariellen Erbschaftsannahme gemeldet hätte. Das wäre für mich nachvollziehbar. Aber so...
Nachdem der Vater Österreicher war und auch nicht in Spanien gemeldet war, gilt das heimische Erbrecht. Auch im spanischen "Art. 25 EGBGB und Art. 9 Nr. 8 Código Civil" soll das so drin stehen. Außer der Erblasser hat im Testament explizit das spanische Recht festgehalten.

Wie gesagt, für Spanien ist die Klärung der Erbschaft für die Grundbucheintragung notwendig. Ohne diese könnte die Immobilie nicht verkauft werden. Das setzt nämlich die Bank des Kreditnehmers voraus, der das Haus im Falle eines Verkaufs übernehmen würde.
Aufgrund der eventuell fälligen Steuerzahlung (Erbschafts- bzw. Vermögenssteuer), die in Spanien horrend ausfallen kann, solltet Ihr sehr genau überlegen, ob Ihr das Erbe annehmt, falls es überhaupt rechtlich zulässig wäre.
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nitram
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Re: Erbrecht Auskunftspflicht

Beitrag von nitram » 12.06.2020, 12:47

Hallo !

Ich möchte mich ganz herzlich für diese ausführliche Antwort bedanken,
Ich werde jetzt einmal abwarten, ob etwaige Schreiben oder weiter Anrufe aus Spanien auf mich zukommen.

Nochmals Danke, Danke, Danke !

LG
Martin

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