Betrug: ja/nein: überteuerte Schachtel

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HandsomeJack
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Betrug: ja/nein: überteuerte Schachtel

Beitrag von HandsomeJack » 11.05.2020, 11:54

Hallo zusammen, ich bin neu hier und frage mich ob folgendes Verhalten/Angebot strafrechtlich als Betrug einzustufen wäre oder nicht (nicht dass ich es vorhätte :wink: ):

Jemand verkauft auf zB willhaben.at eine leere Schachtel eines Elektrogerätes (zB einer Playstation) für einen Preis, der vermuten lässt, dass die Schachtel eben nicht leer ist (zB 400,- EUR). In dem Angebot wird mehrfach darauf hingewiesen, dass es sich nur um eine leere Schachtel (ohne Inhalt) handelt, welche um 400,- EUR verkauft wird.

Könnte hier der Verkäufer frei nach dem Motto "wer lesen kann ist klar im Vorteil" auf die Angebotsbeschreibung verweisen ("Es handelt sich um eine leere Schachtel") oder handelt es sich trotzdem um Betrug aufgrund des überhöhten Preises von 400 EUR?


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alles2
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Re: Betrug: ja/nein: überteuerte Schachtel

Beitrag von alles2 » 11.05.2020, 13:30

Das Thema ist fast so alt wie der private Online-Handel selbst. Kenne das in einer etwas abgewandelter Form, als Handy-Dummies zu Neupreisen des eigentlichen Handys angeboten wurden.

Trotzdem gehen die Meinungen bis heute weit auseinander, weil es auch von der Gestaltung des Angebots abhängt. Soll heißen, ohne die Auktion gesehen zu haben, ist eine abschließende und allgemein gültige Beurteilung nur bedingt dahingehend möglich, ob Betrug, arglistige Täuschung oder eine geschickte Artikelbeschreibung vorliegt.
Indizien können sein, in welche Kategorie es angeboten wurde, ob die Produktbeschreibung die Eigenschaften des eigentliche Elektrogerät enthält und ob die Fotos auch vom Karton ablenken.

Knapp formuliert handelt es sich um Betrug, wenn man nicht das Angepriesene bekommt. Arglistige Täuschung dann, sobald man gegenüber dem potentiellen Käufer den Irrtum hervorruft, eigentlich etwas anderes zu erwerben. Daher oberflächlich betrachtet ein schwieriger und schwer einzuordnender Fall, welcher im Ermessen eines Gerichts liegen würde. Das müsste von einem Strafgericht entschieden werden, während es vor dem Zivilgericht darum gehen würde, ob der Kaufvertrag rechtens zustande gekommen ist.

Als Opfer sollte man auf jeden Fall die Willenserklärung zumindest wegen vermeintlicher Täuschung anfechten, weil es der Verkäufer aufgrund des festgelegten Preises für die leere Verpackung in etwa der Höhe marktüblichen Preises des Originalproduktes darauf abgesehen hat, dass der Käufer von dem Elektrogerät ausgehen würde. Die Androhung einer Strafanzeige und der unausweichliche Gang zum Anwalt kann enthalten sein.

Allein die bewusst gewählte, überhöhte Preisgestaltung würde vermuten lassen, dass er den Käufer täuschen wollte, und es dabei wohl auf die erhebliche Willensschwäche, das fehlende Urteilsvermögen oder die Zwangslage des Käufers abgesehen hat. Denn gerade während der Pandemie war die Nachfrage während der teilweise geschlossenen Läden extrem hoch, weshalb diverse Elektrogeräten weit überteuert angeboten werden konnten. Und eine Originalverpackung eines aktuellen Gerätes würde niemals für diesen Preis angeboten werden.

Auf der anderen Seite darf man nicht außer Acht lassen, dass der Käufer nie gezwungen, ein Angebot für den Artikel zu machen und die Erfolgsaussichten nicht erschwert wären, sofern der Verkäufer seiner Aufklärungspflicht nachgekommen ist.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

HandsomeJack
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Re: Betrug: ja/nein: überteuerte Schachtel

Beitrag von HandsomeJack » 11.05.2020, 23:09

Vielen Dank für deine umfangreiche Antwort :idea:
Die Idee mit der Produktkategorie, in welcher der Karton angeboten wird ist gut, natürlich wäre es irreführend und eigtl auch schlichtweg falsch dieses Angebot in der Elektro-Kategorie zu erstellen, da kein Elektrogerät verkäuft wird. Gäbe es jedoch eine Kategorie namens "Verpackungsmaterial", in welcher dieses Angebot erstellt wird, wäre ein Käufer doch wirklich nicht weise wenn er hier zuschlägt :roll:

Bzgl des Preises: Grundsätzlich darf man als Privatverkäufer doch jeden Preis festlegen bzw wäre dieses Angebot "legaler" wenn der leere Karton für 10.000 EUR angeboten wird? Das entspräche nun wirklich nicht mehr dem Wert eine Elektrogerätes.

Weiters sollte auch der Umstand, dass evtl in grosser fetter Schrift darauf hingewiesen wird, dass es eben nur ein leerer Karton ist.

Anders formuliert: inwieweit schützt das KSchG den Kunden, wenn er eben wirklich nicht schlaue ist (weil er sich das Angebot nicht richtig angesehen hat, nur Bilder geschaut, zB).
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alles2
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Re: Betrug: ja/nein: überteuerte Schachtel

Beitrag von alles2 » 12.05.2020, 00:30

Ich bin der Meinung, dass nur die wenigsten nach der Kategorie suchen. Zumindest gehöre ich der Fraktion an, die ein Stichwort eingibt und dann sämtliche Angebote durchgeht. Mich haben Kategorien dabei nie interessiert. Das Stichwort wurde eigentlich in Bezug auf einen potentiellen Betrüger erwähnt. Denn bei der Erstellung eines Angebotes muss man sich für normal eine Kategorie entscheiden. Und wenn er es da nicht so genau nimmt, kann man sich den Rest denken ;-)

Bei ebay soll es anscheinend eine Kategorie für Verpackungsmaterial oder Kartons geben (ist schon zu lange her). Bei den anderen Online-Flohmärkten weiß ich es wirklich nicht. Aber manchmal wäre dann bei den Elektrogeräten eine Unterkategorie wie "Zubehör" eine eventuell noch zu akzeptierende Option.

Wie die aktuelle Rechtslage hinsichtlich des Wuchers ist, kann ich leider nicht sagen. Aber ein Mitglied irgendwas mit "mastercras" hat mal folgende schlaue Sätze geschrieben:
Naja verlangen kann man in einer freien Marktwirtschaft vieles, und zwar bis zur laesio enormis (Preiswucher, mehr als doppelter Marktpreis) und manchmal auch darüber hinaus (bei Geschäften persönlicher Vorliebe, bei B2B-Geschäften, ...).

Der Höchstpreis ohne Anwendung einer Ausnahme von der laesio enormis Regel wäre demnach die doppelte Summe des Marktwerts auf die Summe im gesamten Kaufvertrag (also Baugrund und Grünland zusammen insgesamt doppelt so teuer verkauft wie der marktübliche Preis wäre). Ob Sie den doppelten Preis bezahlen wollen, ist dann Ihnen überlassen.

Ganz nebenbei kommt diese laesio enormis Regel noch vom alten römischen Reich und wurde Überlieferungen zufolge damals eingeführt, weil man jemanden beim Grundstückskauf übers Ohr gehauen hatte.

In Österreich zu finden in § 934 ABGB.
Wenn ein unverschämt hoher Preis hinterlegt wird, kann es sein, dass die Plattform Alarm schlägt. Kann mich noch erinnern, als bei eBay ein Komma unterschlagen wurde und ich dann automatisch darauf hingewiesen wurde, dass mir wohl ein Fehler unterlaufen sei. Wie das heute ist und inwiefern bei den Plattformen diverse Sicherheitsvorkehrungen implementiert werden, kann ich nicht beurteilen.

Aber im Prinzip führt das nichts, wenn man unrealistische Beträge angibt. Nicht nur, weil das Angebot womöglich gemeldet werden würde oder die Leute sich Dir gegenüber erbost zeigen könnten. Sondern weil bei den potentiellen Käufern eher die Alarmglocken läuten würden und das Angebot noch genauer angesehen werden würde. Gerade wenn der Betrag über das marktübliche Niveau hinausgeht. Da würde ich mir dann schon die Frage stellen, was genau dieses Exemplar so besonders macht. Dass es der "Wendler" mal in einem MediaMarkt in die Hände genommen haben könnte, würde mich nicht sonderlich beeindrucken. Aber der Kreativität der Verkäufer sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt ^^

Ist schon richtig, dass man vorsorglich gewisse Texte dick hervorheben könnte. Nur aus dem Schneider wird man deshalb wohl lange nicht sein, wenn das Rundherum davon ablenkt. Man könnte dem Verkäufer nachsagen, dass da wohl jemand ein schlechtes Gewissen hat, wenn man gerade den Teil entsprechend markiert, während man den Rest eigentlich gleich hätte weglassen können.
Noch dazu gibt es genug Leute, die die Produktbeschreibung erst gar nicht durchlesen. Und oft schon erst gar nicht, wenn der Titel beispielsweise lautet "Notebook XY Neu & OVP". Daher sollte man schon beim Titel ansetzen, wenn man sich auf der sichereren Seite fühlen möchte. Das heißt:

"Nur die Originalverpackung vom Notebook XY" . . . . . . . statt. . . . . . . "Notebook XY Originalverpackung"

Vielleicht merkst Du den Unterschied, wenn das Wesentliche zuerst (also links) erwähnt wird. Der Titel ist eben das allererste, was die Leute wahrnehmen. Daher sollten dort schon die Vorkehrungen getroffen werden, anstatt irgendwo im Dickicht der Beschreibung.

Nachdem Du Dich offensichtlich bereits mit der Materie beschäftigt hast, zumal Du das KSchG ins Spiel bringst, weiß ich jetzt nicht, ob das so eine gute Idee ist, wenn ich an dieser Stelle darauf eingehe. Womöglich weißt Du ohnehin schon Bescheid und suchst nur die Bestätigung. Stattdessen verweise ich auf § 879 Abs. 1 ABGB.
Abs. 2 Z. 4 des genannten Paragraphen (vergleiche dazu § 25d KSchG) hatte ich schon in meinem ersten Beitrag indirekt erwähnt und ergänzend sei auf das dazugehörige Kommentar hingewiesen:

https://www.jusline.at/gesetzeskommentare/456492606
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Re: Betrug: ja/nein: überteuerte Schachtel

Beitrag von HandsomeJack » 12.05.2020, 11:19

Habe mir die Gesetztexte und Links durchgeschaut, dieser Paragraph 934 des ABGB bedarf dringendst einer Überarbeitung :lol:

Zusammenfassend würd ich sagen, die von dir genannten Paragraphen schützen den (unwissenden, lesefaulen, unerfahrenen...) Kunden in jeder Hinsicht, sofern "etwas faul erscheint". Bzw. auch wenn sich der Kunde noch so dumm anstellt wird er immer geschützt.

Grundsätzlich wäre ich davon ausgegangen, dass hier der Spruch "wer lesen kann is im Vorteil" zieht, aber so leicht ist es wohl doch nicht :lol:

Danke für den Ritt auf dem i-Tüpferl, werde wieder absatteln :)
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Das_Pseudonym
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Re: Betrug: ja/nein: überteuerte Schachtel

Beitrag von Das_Pseudonym » 13.05.2020, 12:38

Wie sieht das aus wenn man den Karton für 1€ Versteigert?
Ich behaupte einmal dann wäre es schwer jemanden einen Betrug nachzuweisen?!

HandsomeJack
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Re: Betrug: ja/nein: überteuerte Schachtel

Beitrag von HandsomeJack » 15.05.2020, 13:48

Aus dem Bauchgefühl würde ich sagen 1 EUR dürfte dem Wert des leeren Kartons entsprechen.

Reich wird ein Gauner dadurch sicher nicht :lol:
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Re: Betrug: ja/nein: überteuerte Schachtel

Beitrag von alles2 » 15.05.2020, 14:18

Naja, da macht man höchstens dem Zustellungsunternehmen einen Gefallen. Weil es sich nicht um einen Standardbrief (unter 1 Euro) versenden lässt und sich die Maße auf den Tarif niederschlagen, würden sich die Versandkosten um ein Vielfaches höher belaufen.

Ganz ehrlich, ich würde auf ein Produkt generell mehr bieten, bei der die OVP dabei ist. Also stellt es durchaus ein Mehrwert dar, den der Kartonbesitzer gerne auf den Käufer weitergeben darf. Schließlich soll der Verkäufer auch was davon haben. Ich meine, bevor er es in den Müll haut, soll er es jenen in einem realistischen Rahmen anbieten dürfen, die damit auch was anfangen können.
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Re: Betrug: ja/nein: überteuerte Schachtel

Beitrag von Das_Pseudonym » 15.05.2020, 14:23

Zb. bei einer Handy Verpackung ist ja noch Zubehör dabei.

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