Erbe und Schenkung an Enkel

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Erbe und Schenkung an Enkel

Beitrag von Interessierter » 17.10.2019, 21:53

Ein Vater verstirbt und hinterlässt 2 Söhne und seine Frau. Im Verlauf seines Lebens hat er an die Söhne und an seine Frau Geldgeschenke gemacht und sein Haus an die Enkel verschenkt. Alle Geschenke sind dokumentiert bzw über einen Notar abgewickelt worden. Unter Hinzurechnung des noch vorhandenen Erbes haben alle Pflichtteilsberechtigten mehr als den Pflichtteil am Gesamtvermögen des Vaters ( inkl. Haus) bekommen. Kann ein unzufriedener Sohn noch einen Pflichtteil am Haus bei den Enkeln oder den anderen pflichtteilsberechtigten einfordern bzw. einklagen ?



mastercrash
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Re: Erbe und Schenkung an Enkel

Beitrag von mastercrash » 17.10.2019, 22:19

Ach habe gerade gesehen Sie haben noch eine Erbrechtsfrage gestellt.
Wenn Sie wünschen kann ich das recht kurz und knapp beantworten:

Niemand ist verpflichtet Geschenke die er zu Lebzeiten erhalten hat und die Pflichtteile nicht beeinträchtigen herauszugeben (§ 755 Abs 2 ABGB).
Lediglich auf das Erbe, das eben nach dem Todesfall aufzuteilen ist, sind die Geschenke unter Lebenden auf Antrag anzurechnen (sodass der zu Lebzeiten Beschenkte dann eben weniger oder gar nichts mehr zusätzlich bekommt). Antragsberechtigt ist jeder, der davon betroffen ist (Erben oder betroffene Vermächtnisnehmer).
Ich weise darauf hin, dass auf die von mir in diesem Forum gegebenen kostenlosen Auskünfte keine Gewährleistung auf Richtigkeit besteht und keine professionelle Rechtsberatung ersetzen kann.

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Re: Erbe und Schenkung an Enkel

Beitrag von Interessierter » 17.10.2019, 22:58

Der hauptstreitpunkt ist, dass das Haus an die Enkel und nicht an Frau und Söhne verschenkt wurde. Der Vater der Enkel ist einer der Söhne und lebt noch. Also zählen die Enkel eigentlich nicht zu den pflichtteilsberechtigten. Steht das Haus dann überhaupt zur Diskussion, wenn die Schenkung vor mehr als 2 Jahren getätigt wurde?

mastercrash
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Re: Erbe und Schenkung an Enkel

Beitrag von mastercrash » 17.10.2019, 23:19

Interessierter hat geschrieben:
17.10.2019, 22:58
Der hauptstreitpunkt ist, dass das Haus an die Enkel und nicht an Frau und Söhne verschenkt wurde. Der Vater der Enkel ist einer der Söhne und lebt noch. Also zählen die Enkel eigentlich nicht zu den pflichtteilsberechtigten.
Nein, die Enkel sind nicht pflichtteilsberechtigt. Immer nur die oberste Ebene eines Parentels sind die Pflichtteilsberechtigten. Sie wären als Repräsentanten pflichtteilsberechtigt, wenn der Vater bereits vorher verstorben wäre. § 732 ABGB
Interessierter hat geschrieben:
17.10.2019, 22:58
Steht das Haus dann überhaupt zur Diskussion, wenn die Schenkung vor mehr als 2 Jahren getätigt wurde?
Schenkungen zu Lebzeiten an Pflichtteilsberechtigte werden zeitlich unbeschränkt bei der Anrechnung berücksichtigt, an andere (nicht pflichtteilsberechtigte) Personen nur 2 Jahre lang. Da der Vater und nicht die Enkel pflichtteilsberechtigt sind gilt bei ihnen die 2 Jahres-Grenze bei der Anrechnung.
Ich weise darauf hin, dass auf die von mir in diesem Forum gegebenen kostenlosen Auskünfte keine Gewährleistung auf Richtigkeit besteht und keine professionelle Rechtsberatung ersetzen kann.

mastercrash
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Re: Erbe und Schenkung an Enkel

Beitrag von mastercrash » 17.10.2019, 23:36

Ich glaube ich habe verstanden worauf Sie insgesamt hinaus wollten.

Also:
Das Haus ist nicht beim Gesamterbe in Bezug auf die Festlegung der Pflichtteilsansprüche hinzuzurechnen, weil es schon vor mehr als zwei Jahren an Personen vermacht wurde, die nicht pflichtteilsberechtigt sind (die Enkel trotz des noch lebenden Sohnes).
Die Höhe der Pflichtteile ist damit zu bemessen am Erbe ohne das Haus mitzurechnen.

Niemand ist wie bereits geschrieben verpflichtet seine Geschenke die er zu Lebzeiten des Erblassers erhalten hat wieder herzugeben, soweit es sich nicht um ein Umgehungsgeschäft zur rechtswidrigen Umgehung der Pflichtteilsansprüche gehandelt hat.
Ich weise darauf hin, dass auf die von mir in diesem Forum gegebenen kostenlosen Auskünfte keine Gewährleistung auf Richtigkeit besteht und keine professionelle Rechtsberatung ersetzen kann.

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Re: Erbe und Schenkung an Enkel

Beitrag von Interessierter » 18.10.2019, 17:32

Dankeschön für die Antworten

Interessierter
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Re: Erbe und Schenkung an Enkel

Beitrag von Interessierter » 18.10.2019, 22:29

Es bleibt interessant.... der Notar der die verlassenschaft abwickelt sagt heute, dass seit der erbrechtsreform Geschenke an Enkel sehr wohl anzurechnen sind. Da das ansonsten eine Form von Umgehung sein könnte. Laut entscheidungstexten im Internet entnehme ich, dass bei nachträglichen klagen gegenüber Enkeln diese keine Abrechnung von vorempfängen verlangen können (da keine pflichtteilsberechtigten). Das würde bedeuten, wenn es nach abwicklung der Erbschaftssache zur Klage gegen die Enkel kommt, diese den pflichtteilergänzungsanspruch zahlen müssten, auch wenn der klagende Sohn mehr als seinen Pflichtteil erhalten hat? Wie sehen Sie das?

mastercrash
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Re: Erbe und Schenkung an Enkel

Beitrag von mastercrash » 20.10.2019, 03:18

Interessierter hat geschrieben:
18.10.2019, 22:29
Es bleibt interessant.... der Notar der die verlassenschaft abwickelt sagt heute, dass seit der erbrechtsreform Geschenke an Enkel sehr wohl anzurechnen sind. Da das ansonsten eine Form von Umgehung sein könnte.
Rechtsgeschäfte die nur deshalb abgeschlossen werden, um damit zwingende Rechtsvorschriften (wie eben die gesetzlichen Pflichtteile im Erbrecht) zu umgehen sind schon wegen Sittenwidrigkeit nichtig.
Das ist auch nicht auf das Erbrecht beschränkt sondern gilt im gesamten Privatrecht.

Ein Umgehungsgeschäft musste aber bei den mir bekannten Fällen nachgewiesen werden. Indizien dafür können sein, dass das so geschlossene Geschäft keinen anderen Sinn hat, als zwingende Vorschriften zu umgehen und das Rechtsgeschäft rational ohne diesen besonderen Umgehungs-Zweck zu berücksichtigen nicht geschlossen worden wäre. Nur ein ausgedachtes Beispiel: Der Verstorbene hatte mit einem Enkel nie etwas zu tun aber guten Kontakt zum Vater dieses Enkel (seinem Sohn), verschenkt aber einige Zeit vor seinem Tod praktisch sein ganzes Vermögen an diesen Enkel. Es liegt nahe, dass er das Vermögen eigentlich dem Sohn zukommen lassen wollte und durch diesen "Trick" die gesetzlichen Pflichtteile des Erbes, die an die anderen Söhne zu leisten sind, reduzieren wollte. Schlussendlich unterliegt es der freien richterlichen Beweiswürdigung, wann ein Umgehungsgeschäft vorliegt.
Interessierter hat geschrieben:
18.10.2019, 22:29
Das würde bedeuten, wenn es nach abwicklung der Erbschaftssache zur Klage gegen die Enkel kommt, diese den pflichtteilergänzungsanspruch zahlen müssten, auch wenn der klagende Sohn mehr als seinen Pflichtteil erhalten hat? Wie sehen Sie das?
Diese Frage beinhaltet mehrere Fragen.

> auch wenn der klagende Sohn mehr als seinen Pflichtteil erhalten hat
Die Frage ist, welchen Pflichtteil. Beim Pflichtteil in dem die fragliche Immobilie berücksichtigt ist ja nicht. Dann hat er ja seinen Pflichtteil so oder so schon bekommen.
Wenn man das Haus weg rechnet ergibt sich ja ein geringerer Pflichtteil. Dieser geringere Pflichtteil wäre ja in diesem Fall nicht mehr relevant, sondern er müsste schon den Pflichtteil unter Einbeziehung der Immobilie bekommen haben.
Wenn er eh den höheren Pflichtteil mit Berücksichtigung der Immobilie bekommen hat, dann hat er keinen Anspruch mehr. Hier ist natürlich der Immobilienwert entsprechend richtig zu werten (Marktpreis zum Zeitpunkt der Schenkung, § 788 ABGB).

> gegen die Enkel kommt, diese den pflichtteilergänzungsanspruch zahlen müssten
Es gibt dazu zahlreiche OGH Entscheidungen (zB 6 Ob 156/99f; 5 Ob 105/05k; 3 Ob 111/07f).
Pflichtteilsansprüche sind vorweg gegen den Nachlass geltend zu machen. Nur dann, wenn sich bei einem Schenkungspflichtteil ergibt, dass dieser nicht aus dem Nachlass abgedeckt werden kann, ist der Beschenkte passiv klagslegitimiert.
Erst, wenn der Nachlass nicht ausreicht, dem Kläger seinen Pflichtteil zu geben kann er zu Lebzeiten Beschenkte in Anspruch nehmen (passiv klagslegitimiert bedeutet man kann geklagt werden).
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