Ablösezahlung bei Scheidung ohne Grundbucheintragung?

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RCFACTOR
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Ablösezahlung bei Scheidung ohne Grundbucheintragung?

Beitrag von RCFACTOR » 18.11.2018, 08:16

Hallo Community,

Folgende Situation bei einer Scheidung:

Lebenspartnerschaft Mann – Frau seit 1996

1998 -2000: Umbau eines Hauses mit Investitionen in der Höhe von ca. 60.000.- Euro abgedeckt durch Kredite, für die beide aktuell noch haften.

2001: Geburt des Sohnes

2005: Verehelichung

2018: Einvernehmliche Scheidung auf Wunsch der Frau steht ins Haus.

Das Haus ist im Besitz der Frau, der Mann hat keine Eintragung im Grundbuch.
Sämtliche anfallenden Kosten und Investitionen im Haus wurden über 20 Jahre hinweg von beiden gemeinsam getragen.
Die Frau verweigert nun die anteilige Ablöse für diese in der gesamten gemeinsamen Zeit getätigten Investitionen mit der Begründung, dass der Mann seit 2000 gratis in diesem Haus gelebt habe und keine Miete bezahlt habe.

Ist dies rechtens, obwohl beide gemeinsam durch die Investitionen das Haus umgebaut und erhalten haben? Hat der Mann ein Recht auf eine Ablöse? Wenn ja, wie begründet sich dieses?

Danke für Ihre Infos!



felix.55
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Re: Ablösezahlung bei Scheidung ohne Grundbucheintragung?

Beitrag von felix.55 » 18.11.2018, 18:33

Nach den Schilderungen hat die Frau das Haus in die Ehe eingebracht. Bei der Scheidung wird ein Zugewinn geteilt, der während aufrechter Ehe zustandegekommen ist. Der relevante Zeitraum wird durch zwei Stichtage begrenzt: Datum der Eheschließung und Zeitpunkt der Vermögensaufteilung. Somit kann das Haus an sich schon einmal NICHT Thema einer möglichen Scheidungsfolgenvereinbarung sein.

Bei der Frage, ob Investitionen einen Zugewinn darstellen, ist die Überlegung zu berücksichtigen, wie hoch die fiktive Miete für das Haus wäre? Die Mietkosten wären ja auch von beiden Eheleuten gemeinsam zu tragen. (Aus der Anfrage geht nicht hervor, ob die Frau berufstätig ist. Nachdem die Kosten für das Haus bisher gemeinsam getragen wurden, nehme ich dies als gegeben an.)
Folgendes Beispiel soll die Situation exemplarisch verdeutlichen: Bei einer fiktiven Miete von € 1000.00 hätten beide Eheleute jeweils € 500.00 zu tragen. Diese Summe kann als Richtwert herangezogen werden, ob während der Ehe ein Zugewinn zustande gekommen ist. Liegt die Gesamtsumme aus den monatlichen Kosten und Investitionen ÜBER diesem Wert, so ist von einem Zugewinn auszugehen, der entsprechend aufgeteilt werden muss. Liegt der Betrag UNTER diesem Wert, so ist ein Zugewinn nur aufgrund des Umstandes erzielt worden, dass der Mann keine (fiktive) Miete gezahlt hat. Somit ist auch keine Ablöse begründbar.

Um die Situation eindeutiger beurteilen zu können,müssten konkrete Zahlen genannt werden.

Heron
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Re: Ablösezahlung bei Scheidung ohne Grundbucheintragung?

Beitrag von Heron » 18.11.2018, 22:31

Darf ich fragen woher diese Berechnungsweise stammt? Ich frage deshalb, weil in Unterhaltsverfahren die Berücksichtigung fiktiver Mietwerte für zur Verfügung gestellte Wohnmöglichkeiten bekannt ist, mir aber im Zusammenhang mit der Ermittlung des Zugewinns von nicht in die Aufteilung einzubeziehenden Liegenschaften unbekannt ist...

Anmerken möchte ich noch, dass im Rahmen der einvernehmlichen Scheidung die Aufteilung des Vermögens im Scheidungsvergleich einvernehmlich zu regeln ist; es gibt also insofern im Zuge der einvernehmlichen Scheidung kein „Recht auf Ablöse“. Als Anhaltspunkt können Sie die Vermögensaufteilung im Falle einer streitigen Scheidung näherungsweise berechnen und dann ein ähnliches Ergebnis ausverhandeln.

Wie schon ausgeführt, unterliegt die Liegenschaft selbst nicht der Aufteilung, jedoch die wertsteigernden Aufwendungen, die mit während der Ehe erworbenen Mitteln finanziert wurden bzw. auf Anstrengung oder Konsumverzicht der Eheleute beruhen und zum Aufteilungszeitpunkt fortwirken. Nicht berücksichtigt in der Aufteilung werden Wertsteigerungen wegen allgemeiner Preissteigerung. Es wäre also aus meiner Sicht zu untersuchen, ob solche wertsteigernden Aufwendungen (Sanierung, Anbau, etc.) während der Ehe getätigt wurden und wie deren Zeitwert zum Aufteilungszeitpunkt zu bewerten ist. Dann kann ein allfälliger Ausgleichsanspruch des Ehegatten berechnet werden. Betriebs- bzw. Instandhaltungskosten der Ehewohnung tragen die Ehegatten im Ergebnis zu gleichen Teilen. Konnte die Ehegattin aufgrund des Beitrags des Gatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft die aushaftende Kreditsumme während der Ehe reduzieren, wäre aus Billigkeitsgründen auch dieser Wertzuwachs in die Aufteilung einzubeziehen.

Die während der vorehelichen Lebensgemeinschaft getätigten Investitionen sind im Aufteilungsverfahren an sich nicht zu berücksichtigen. Diesbezüglich sollten alle Sachverhaltselemente ermitteln werden (Gemeinsamer Kredit oder nur Bürgschaft des Lebensgefährten? Rückzahlung in welcher Höhe von wem geleistet?) um zu beurteilen, ob ein Ersatzanspruch besteht. Die Rückforderung von übernommenen Darlehenszahlungen bzw. von gewährten Darlehen verjährt nach 30 Jahren.

RCFACTOR
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Re: Ablösezahlung bei Scheidung ohne Grundbucheintragung?

Beitrag von RCFACTOR » 19.11.2018, 06:10

Hallo Heron,
Hallo felix.55!

Danke für Ihre Ausführungen!

Hier noch die fehlenden Daten:

Die Ehefrau ist berufstätig, beide verdienen und verdienten etwa das gleiche Einkommen.
Die Kredite wurden von beiden Eheleuten gemeinsam aufgenommen, als Bürge stehen die Schwiegereltern zur Verfügung.
Die Rückzahlung der Kredite wurde und wird von beiden Eheleuten 50:50 geteilt.

felix.55
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Re: Ablösezahlung bei Scheidung ohne Grundbucheintragung?

Beitrag von felix.55 » 19.11.2018, 10:36

Die Berechnungsmethode zum Zugewinn (Referenzwert Miete) wurde innerhalb einer Mediation vorgeschlagen und akzeptiert. Bei einer Scheidung gibt es ja immer unterschiedliche Ebenen: Häufig versucht man über den Rechtsstreit die persönliche Kränkung zu verarbeiten. (War zumindest bei mir der Fall...) Ich würde dem Mann empfehlen, sich zu bemühen, die Frau für eine Mediation zu gewinnen. Die Frau möchte ja offensichtlich eine einvernehmliche Scheidung. Also stehen die Chancen dafür gut.

Im Freundeskreis habe ich mehrmals erlebt, dass die Bereitschaft für eine "einvernehmlichen Scheidung" kippen kann. Dann wird es hässlich und vor allem richtig teuer. Der fiktive Zugewinn wandert in solch einem Fall sehr schnell als Honorar auf die Konten der Rechtsanwälte.

Heron
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Re: Ablösezahlung bei Scheidung ohne Grundbucheintragung?

Beitrag von Heron » 20.11.2018, 00:03

Danke für die Rückmeldung. Die Inanspruchnahme einer Mediation (oder zumindest ein Erstgespräch bei einem Scheidungsmediator) erachte ich auch für sinnvoll. Sie erhalten dabei eine unabhängige fachliche Begleitung zum Abschluss einer Regelung über die Scheidungsfolgen. Da Ihr Sohn derzeit noch minderjährig ist, müssen Sie vor einer einvernehmlichen Scheidung ohnehin zwingend eine Elternberatung in Anspruch nehmen.

bergfan
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Re: Ablösezahlung bei Scheidung ohne Grundbucheintragung?

Beitrag von bergfan » 20.11.2018, 11:45

Es scheint mir komisch vom Partner Miete im nachhinnein zu verrechnen. Mag rechtlich korrekt sein aber es gefällt mir nicht.

Es stellt sich die Frage warum die Frau die Scheidung will.

Der Mann muss nicht ausziehen und auch nicht zustimmen (zumindest nicht für die nächsten drei Jahre).

Rabja
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Re: Ablösezahlung bei Scheidung ohne Grundbucheintragung?

Beitrag von Rabja » 04.03.2019, 22:18

Das mag dir komisch vorkommen, aber ich befinde mich genau in dieser Situation, und zwar in der Situation der Frau.
Ich habe ein Eigenheim, welches zum Zeitpunkt des Einzuges meines dzt. Gattens voll ausgestattet war. Aufgrund der Kindererziehung konnte ich nur zwischenzeitlich arbeiten gehen ( haben 4 gemeinsame Kinder) und dementsprechend auch weniger zu "Erneuerungs - bzw. Renovierungsarbeiten beisteuern. Das Material wurde entsprechend gekauft und durch Bruderschaftshilfe installiert und verfliest.
Weiters hat mein Mann Arbeiten im Garten vornehmen lassen, welche von mir nicht gewünscht waren---sie fanden trotzdem statt...
Nun stehen wir knapp vorm kollabieren der Ehe und er möchte eine Summe von mir fordern, welche ich leider nur belächelnd kann.
Fazit: Es gibt Beziehungen, wo sich Mann oder Frau ins gemachte Nest setzt, dann etwas erneuert im Laufe der Zeit, dies auf benutzt, was dieser jener ja auch vorher gemacht hat, und dann bei der Trennung eine horrende Summe fordert, wo es einem die Tränen rausdrückt.....nicht vor Schmerz, sondern weil man sich über die Dummheit manche wundert...
Ich für mich und meine Situation finde es absolut gerechtfertigt, dass ich Miete verrechne für die verstrichenen Jahre, sollte die übertriebene Forderung meines zukünftigen Ex-Gatten aufrecht bleiben...
Man muss immer beide Seiten kennen!!!

bergfan
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Re: Ablösezahlung bei Scheidung ohne Grundbucheintragung?

Beitrag von bergfan » 05.03.2019, 10:35

Danke - das liest sich sehr verständlich.

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