Scheidungsrecht bei Eheverfehlung

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madseason1982
Beiträge: 2
Registriert: 27.08.2018, 07:55

Scheidungsrecht bei Eheverfehlung

Beitrag von madseason1982 » 27.08.2018, 07:56

Schönen guten Morgen,
ich hätte zu meiner aktuellen Situation ein paar Fragen, und wäre sehr Dankbar, wenn ich sie hier vielleicht beantwortet bekäme.
Ich bin seit 17 Jahren mit meiner jetzigen Frau zusammen, seit 7 Jahren verheiratet. Gemeinsam haben wir eine 14-jährige Tochter.
Vor ca. 10 Monaten habe ich eine andere Frau kennengelernt und es ihr auch gesagt. Sie hat dann in späterer Folge meine Sachen in mein Auto gepackt und seither lebe ich in deiner Mietwohnung. Meine Frau will sich, trotz meiner Eheverfehlung NICHT scheiden lassen. Ich jedoch schon.
Die Wohnung in der wir wohnten gehört meiner Frau. Ich habe seit 15 Jahre dort die Rückzahlung für die Wohnung gemacht. Während unserer Ehe hat meine Frau eine Eigentumswohnung verkauft.
Dazu meine erste Frage: steht mir von diesem Geld etwas zu? Die Wohnung war schon im Besitz vor der Ehe, der Verkauf aber während der Ehe.
Steht mir überhaupt in diesem Fall etwas Finanzielles zu? Ich habe ja schließlich in den letzten 15 Jahren immer alles bezüglich „Wohnen“ gezahlt.
Meine Frau ist bei Ihrem Arbeitgeber 22-Stunden angemeldet, arbeitet jedoch ca. 40 Stunden.
Tochter geht in eine Privatschule, welche 110 EUR im Monat kostet. Mein jetziger Gehalt beläuft sich auf ca. 2100 EUR.

Vielen Dank im Voraus!



Heron
Beiträge: 385
Registriert: 31.05.2018, 14:13

Re: Scheidungsrecht bei Eheverfehlung

Beitrag von Heron » 27.08.2018, 20:38

Im Wesentlichen kommt eine der drei folgenden Scheidungsarten in Betracht:
- Einvernehmliche Scheidung nach § 55a EheG (erfordert Einigung über Obsorge, Unterhalt, Vermögensaufteilung)
- Verschuldensscheidung nach § 49 EheG (erfordert eine Eheverfehlung des beklagten Ehepartners, die kausal für die Zerrüttung der Ehe ist)
- Zerrüttungsscheidung nach § 55 EheG (erfordert unheilbare Zerrüttung der Ehe und Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft seit mindestens 3 Jahren)

Anzumerken ist, dass das bloße Kennenlernen einer anderen Person an sich noch keine Eheverfehlung ist. Diese läge erst vor, wenn es zu Verletzung der ehelichen Pflichten wie zB Verletzung der Beistandspflicht oder Ehebruch gekommen ist. Das "Rauswerfen" bzw. Aussperren aus der gemeinsamen Ehewohnung durch den Ehepartner ist grundsätzlich eine (schwere) Eheverfehlung, wobei diese Eheverfehlung weniger schwer wiegt, wenn sie als entschuldbare Reaktionshandlung auf eine schwere Eheverfehlung des anderen Teils verstanden werden kann.

Sollte die Ehegattin schuldlos am Scheitern der Ehe sein, können Sie die Scheidung gegen ihren Willen nur durchsetzen, wenn die häusliche Gemeinschaft 3 Jahre aufgehoben ist (Scheidung nach § 55 EheG). Es erscheint sinnvoll, einerseits rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, andererseits vor Erhebung der Scheidungsklage eine einvernehmliche Lösung durch Mediation oder über einen ausgeglichenen Vorschlag des Anwalts zu versuchen.

Hinsichtlich der Aufteilung des ehelichen Vermögens nach der Scheidung dürfte in ihrem Fall folgendes zur Anwendung kommen:
Aufgeteilt wird der Zugewinn zwischen Heirat und Zeitpunkt der Vermögensaufteilung. Nicht aufgeteilt wird unter anderem das Vermögen, das jeder Ehepartner vor der Heirat besessen hat. In Ihrem Fall bedeutet das, dass die Ehewohnung an sich nicht der Aufteilung unterliegt. Allerdings wären während der Ehe getätigte wertsteigernde Aufwendungen auf die Wohnung (zB. wertsteigernder Wohnungsumbau) zu berücksichtigen, sofern sie auf auf Anstrengung oder Konsumverzicht der Eheleute beruhen. Nicht zu berücksichtigen sind Wertsteigerungen, die auf die allgemeine Preissteigerung von Liegenschaften zurückzuführen sind. Die Zahlungen für den Kredit der Ehegattin während aufrechter Ehe haben zwar nur bei der Ehegattin zu einem Vermögenszuwachs geführt, werden aber aus Gründen der Billigkeit in die Aufteilung einzubeziehen sein. Demzufolge gebührt Ihnen die Hälfte (bei angenommmenem Aufteilungsverhältnis 50:50) der während der Ehe getätigten Zahlungen.

Konkretes Beispiel: Im Jahr 2000 wird eine Ehe geschlossen. Ein Ehepartner bringt eine Wohnung ein (Wert: 200.000, Wohnung belastet mit Kredit 100.000). Im Jahr 2015 wird nach Scheidung das Vermögen aufgeteilt. Die Wohnung hat mittlerweile wg. allgemeiner Preissteigerung einen Wert von 250.000, bezüglich des Kredits wurden gemeinsam 50.000 Euro gezahlt. Kommt ein gleichteiliges Aufteilungsverhältnis (50:50) zur Anwendung, hat jener Ehegatte, der nicht Eigentümer der Wohnung ist/war, Anspruch auf einen Ausgleich von 25.000 Euro (entspricht der Hälfte der Kredittilgung). Die Wertsteigerung aufgrund der Preisentwicklung bleibt unberücksichtigt.
Zuletzt geändert von Heron am 28.08.2018, 17:44, insgesamt 1-mal geändert.

madseason1982
Beiträge: 2
Registriert: 27.08.2018, 07:55

Re: Scheidungsrecht bei Eheverfehlung

Beitrag von madseason1982 » 28.08.2018, 14:18

Ich danke recht herzlich für die ausführliche Antwort!

_Thomas_
Beiträge: 1
Registriert: 10.02.2019, 09:41

Re: Scheidungsrecht bei Eheverfehlung

Beitrag von _Thomas_ » 10.02.2019, 09:49

Neben der ausführlichen Darstellung darf ich ergänzen, dass die Vorteile und der Ablauf der Mediation als Alternative zur Scheidung bzw. einvernehmlichen Scheidung hier https://www.ra-knauf.de/mediation/ zusammengefasst sind.

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