Kündigung wegen mitwirken an einem Pronodreh?

Hier werden Fragen zum Arbeitsverhältnis und zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses diskutiert.
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Karl Hinterstoder
Beiträge: 16
Registriert: 03.02.2017, 11:22

Kündigung wegen mitwirken an einem Pronodreh?

Beitrag von Karl Hinterstoder » 17.03.2017, 16:17

Hallo!
Mich würde interessieren wie es arbeitsrechtlich aussieht wenn man neben seinem Job noch nebenberuflich an einem Pornodreh mitwirkt?
Kann man in einem solchen Fall wirklich gekündigt werden wie aus diesem Artikel hervorgeht?

lg Karl



John09
Beiträge: 3
Registriert: 18.04.2015, 16:31

Beitrag von John09 » 15.04.2017, 03:07

Also mal ganz grundsätzlich: Gekündigt werden kann man immer. Außer man hat einen befristeten Vertrag, dann in der Regel nicht.
Dabei gibt es Kündigungsfrist und Kündigungstermin, die ab dem Ausspruch der Kündigung eingehalten werden müssen, bis das Arbeitsverhältnis beendet ist. Es steht dem AG also frei, sich vom AN zu Trennen. Grund muss er keinen angeben. Innere Motive sind in der Regel irrelevant.

Die Frage hier ist, ob eine Entlassung möglich ist, also eine sofortige Beendigung. Für diese muss ein wichtiger Grund vorliegen.
Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer eine Treuepflicht gegenüber seinem Arbeitgeber. Dies ist eine vertragliche Nebenpflicht. An diese muss er sich halten, sonst ist uU eine Entlassung möglich.

Die Frage ist, ob der AN in seiner Freizeit auch dem AG zur Treue verpflichtet ist. Das ist im Einzelfall zu beurteilen. Es kommt zur Interessensabwägung.
Auf der einen Seite das Interesse des AN auf freie Lebensführung. Hier dadurch untermauert, dass er an einem Pornodreh mitwirken will.
Gegenüber steht das betriebliche Interesse des AG. Er wird nicht sehr angetan sein davon, seinen Mitarbeiter bei einem verbreiteten Pornofilm zu sehen, dadurch könnte er einen Schaden erlangen, zB wenn Kunden den Mitarbeiter am Film erkennen und dem Unternehmen sodann fernbleiben.

Nun kommt es also zu dieser Interessensabwägung, und wie gesagt ist es im Einzelfall zu prüfen, pauschal kann man also nicht sagen, dass ein Pornofilm für den AN verboten ist. So:
Von einem Hilfsarbeiter kann man sicherlich nicht eine so große Treuepflicht fordern. Auch von einer Bürokraft ohne wirklichen Kundenbezug nicht, weil da ist das betriebliche Interesse nicht beachtlich, das Unternehmen nimmt keinen Schaden.
Vom Pressesprecher eines Riesenunternehmens ist höhere Treuepflicht in Privatsituationen gefordert, das betriebliche Interesse überwiegt im konkreten Fall.
Ein Religionslehrer wird wohl keinen solchen Film drehen dürfen (im Grunde kein Lehrer, egal welches Fach)
Ebenso wenig ein Spieler des FC Bayern München, weil dadurch sein Verein immensen wirtschaftlichen und moralischen Schaden nehmen kann, Verlust von Sponsoren, weniger Trikotverkäufe, ...
Beim Bankangestellten mit Kundenbezug wird es schwierig. Meiner Meinung überwiegt hier das betriebliche Interesse. Es gibt einfach zu viel konservative Kundschaft, die eben keinen Kreditvertrag bei einem Lustmolch abschließen will.
Ich glaube du verstehst, auf was ich hinaus will?

In der Einzelprüfung ist auch relevant, wie weit verbreitet der Porno ist, oder ob er nur in einem kleinen Kreis verkauft wird.

Falls die Fallprüfung ergibt, dass das betriebliche Interesse des AN überwiegt, dann ist mMn sogar Entlassung möglich, also sofortige Beendigung.

Außerdem sind bezüglich der Treuepflicht noch folgende Punkte zu beachten:

Durch eine Nebenbeschäftigung darf der AN seine Arbeitsfähigkeit nicht schmälern. Der AG muss also nicht tolerieren, wenn der AN vom Drehen dieser Filme körperlich so angeschlagen ist, dass er zB seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler nicht mehr so gut nachgehen kann, weil nach nächtlichen, mitunter harten Drehs, um 8 in der Früh sein Leben nicht packt und deutlich weniger Arbeitsfähigkeit vorweist.

Ein hauptberuflicher Callboy wird eventuell auch durch diesen Pornodreh in seiner Leistungsfähigkeit gegenüber den Kunden/Kundinnen eingeschränkt sein, vor allem wenn häufiger gedreht wird.

Wird natürlich nicht einfach zu beweisen sein vom AG, dass genau der Pornodreh schuld ist, aber möglich ist es.

Außerdem darf durch die Nebentätigkeit die höchstzulässige Arbeitszeit nicht überschritten werden. Diese beträgt in Österreich am Tag grundsätzlich 10 Stunden. Arbeitet der AN also beim AG an einem Tag 10 Stunden, und dann fährt er zu einer Location, um noch 5 Stunden Pornos zu drehen, dann ist das zu viel. Durch diese Überschreitung der Höchstarbeitszeit wird also angenommen, dass die Arbeitsleistung des AN geschmälert ist. Und das muss der AG nicht tolerieren. Also kommt es hier schon mal darauf an, wie viel Zeit der Pornodreh in Anspruch genommen hat.

Bei Zuwiderhandeln auch hier: Entlassung.


Spannendes Thema :D

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