Erkennungsdienstliche Behandlung?!

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Happy_Life
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Erkennungsdienstliche Behandlung?!

Beitrag von Happy_Life » 10.01.2017, 15:50

Hallo,

Habe vor kurzem eine Vorladung zur Polizei wegen einem Suchtmittelvergehen bekommen. (1g Kokain per Brief an mich adressiert)

Bin Heute zum Posten gegangen und habe die Aussage verweigert und den Drogentest verweigert, da ich mich sonst nur selbst belastet hätte. Habe mir von allem Kopien geben lassen. Danach wurden ich noch einer "erkennungsdienstlichen Behandlung" unterzogen. Dabei wurden Fotos gemacht , und mir Fingerabdrücke abgenommen. Ich bin 20, Student , noch nie polizeilich aufgefallenund wollte ehrlich gesagt Kokain nur 1 einziges mal probieren.... (ist wohl in die Hose gegangen)

Wie kann ich die Erkennungsdienstlichen Daten wieder löschen lassen? Was denkt ihr kommt strafrechtlich auf mich zu?

Danke



juristischerratundtat
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Beitrag von juristischerratundtat » 11.01.2017, 08:22

Sehr geehrter Fragesteller,

Sind Sie rechtsschutzversichert?
Falls ja, klären Sie sofort ab ob auch Ermittlungsverfahren gedeckt sind (das ist nur selten der Fall) und kontaktierten sie einen Strafverteidiger.
Auch wenn Sie keine Rechtsschutzversicherung haben, sollten Sie einen Strafverteidiger kontaktieren.

Es wird derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen sie laufen wegen § 27 Abs 1 Z 1 SMG. Der Strafrahmen beträgt grundsätzlich bis zu einem Jahr, sie sollten aber die Privilegierung des Abs 2 genießen und daher den niedrigeren Strafrahmen bis zu 6 Monaten haben.

Dass Sie die Aussage verweigert haben war ein vernünftiger erster Schritt, die nächsten Schritte werden Sie mit einem Anwalt besprechen.

Hat die Polizei ihr Ermittlungsverfahren abgeschlossen werden Sie den Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft schicken, diese erhebt Anklage gegen sie und es kommt zur Hauptverhandlung.

Wenn Sie nicht vorbestraft sind und keine weiteren Vorfälle aktenkundig sind, besteht aber eine realistische Chance auf eine diversionelle Maßnahme, sie würden sich etwa verpflichten 6 Monate Urinproben abzugeben und allgemein ganz brav zu sein.

Haben Sie noch Fragen?

MfG
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juristischerratundtat
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Beitrag von juristischerratundtat » 11.01.2017, 08:23

Die erkennungsdienstlichen Daten können in diesem Verfahrensstadium natürlich nicht gelöscht werden, das Verfahren gegen Sie läuft ja noch.

MfG
juristischerratundtat@gmail.com

Happy_Life.
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Beitrag von Happy_Life. » 11.01.2017, 10:18

Nein ich bin leider nicht Rechtsschutzversichert. Habe aber soeben erfahren, dass die Österreichische Suchtpräventionsgruppe "CheckIt" eine kostenlose Rechtsberatung per Telefon für Leute wie mich anbieten. Werde dort mal anrufen.

Glaube auch das der Grundsatz "Therapie statt Strafe" bei mir eintreffen wird?! Somit müsste ich zum Amtsarzt/Gesundheitsbehörde aber die Klage würde fallengelassen werden wenn ich das richtig sehe? Denken Sie dies ist warscheinlich? Muss ich mich in diesem Fall selbstständig zur Gesundheitsbehörde begeben, oder würde ich einen Brief erhalten der mir sagt, dass ich kommen soll?

Ist die Lage wirklich so brisant, dass ich mir schnellstmöglich einen Anwalt suchen sollte?

Ich bedanke mich vielmals für Ihre Hilfe!

ein etwas verzweifelter Student.

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 11.01.2017, 11:26

Beachten Sie den neu in Kraft getretenen Par14 SMG. Eventuell kommt es gar nicht zu einer Anzeige.

juristischerratundtat
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Beitrag von juristischerratundtat » 11.01.2017, 14:56

Die Möglichkeit des Absehens von einer Strafanzeige durch die Polizei besteht natürlich(also der Vorgehensweise nach § 14 SMG), es liegt an der Polizei die Gesundheitsbehörde zu verständigen und diese kontaktiert Sie dann um die gesundheitsbezogenen Maßnahmen abzuklären.

Meiner Erfahrung nach ist die Praxis aber von Polizeiinspektion zu Polizeiinspektion unterschiedlich, verlassen würde ich mich nicht darauf.

Eine Beratung bei CheckIt ist sicher eine gute Idee, Sie können ja danach noch weitersehen ob Sie anwaltlich vertreten sein wollen oder nicht. Das Bestellen von 1g Kokain ist nicht gerade Scarface Manier, ganz ohne ist das aber auch nicht. Je nach dem was die Polizei noch so ermittelt. Ich gehe mal davon aus, dass Sie im Darknet bestellt haben, das könnte noch einen kleinen Rattenschwanz nach sich ziehen.

Therapie statt Strafe ist ein Grundsatz, keine bestimmte Gesetzesstelle im Suchtmittelrecht und findet Niederschlag in verschiedenen Regelungen.- Etwa in § 14 SMG, da wäre es so, dass die Gesundheitsbehörde Sie kontaktiert.
Ginge das Ermittlungsverfahren weiter würde ein engagierter Verteidiger eine Begutachtung organisieren um zu zeigen, dass sie süchtig sind und einen Arzt und keinen Strafrichter brauchen. Auch in der Hauptverhandlung kann das noch angewandt werden bzw sogar nach einer Verurteilung.

Sie müssen nicht in den nächsten 24 Stunden einen Verteidiger kontaktieren, in nächster Zeit wäre das aber wohl schon anzuraten.
Gehen Sie mal zu CheckIt, das schadet sicher nicht. Danach können Sie sich ja wieder melden.

Haben Sie noch Fragen?
MfG
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Happy_Life.
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Beitrag von Happy_Life. » 11.01.2017, 16:14

Also wird von der Polizei entschieden ob das Verfahren eingestellt wird?
Ich dachte diese Schreibt nur einen Bericht und dann entscheidet die Staatsanwaltschaft was danach passiert?

Habe eben gedacht dass die Staatsanwaltschaft bei einem Erstvergehen mit geringer Menge meist nur die Gesundheitsbehörde einschaltet und dann meist die Anklage fallen lässt, wenn man brav zum Amtsarzt geht.

Aber in diesem Fall habe ich die Situation wohl falsch eingeschätzt und es ist heikler als ich gedacht habe?!

Ja werde Morgen mal anrufen. Dankeschön.

juristischerratundtat
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Beitrag von juristischerratundtat » 11.01.2017, 17:01

Durch die Reform des Strafgesetzbuches hat die Polizei nun auch die Möglichkeit das Ermittlungsverfahren gegen die Erfüllung der Gesundheitsauflagen einzustellen.

Ob Anklage erhoben wird oder nicht kommt auf den konkreten Akteninhalt an, es kann auch gut sein, dass ihr Akt nur ein Unterakt einer größeren Ermittlungsaktion ist, dann kommt es leichter zur Anklage.

Ohne genauere Kenntnisse des Falls kann das aber natürlich nicht beurteilt werden.

Gut, machen Sie das mal, dann können Sie sich ja immer noch melden und nach einem Verteidiger umsehen.

MfG
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Happy_Life.
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Beitrag von Happy_Life. » 17.01.2017, 13:47

Hallo ,

Habe mich nochmal erkundigt. Laut meinen Informationen (Mit einem Anwalt gesprochen) sind ED-Untersuchungen wegen Besitz / Erwerb von Suchtmittel für Eigengebrauch nicht gesetzlich gedeckt. Werde jetzt gegen diese Sache vorgehen. Zuerst muss ich ein Ersuchen um Auskunft gemäß § 26 DSG 2000 stellen. Aus Geldgründen werde ich dieses Ersuchen selber stellen. Habe jetzt noch eine Frage.

Werde "Ich ersuche um Auskunft über alle zu meiner Person gespeicherten Daten" ankreuzen und das ganze an die Landespolizeidirektion adressieren.
Soll ich diesen Zettel selbst vorbei bringen oder einfach mit einem normalen Brief an die Polizeidirektion schicken? (Die könnten den Brief ja einfach Weg werfen und ich könnt nicht beweisen, dass sie ihn bekommen haben)

Dankeschön für die tolle Hilfe!

juristischerratundtat
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Beitrag von juristischerratundtat » 17.01.2017, 15:53

Sehr geehrter Fragesteller,

Sie könnten den Brief natürlich eingeschrieben aufgeben, das wäre eine Möglichkeit.
Oder Sie bringen Ihn eben persönlich vorbei und lassen sich die Übergabe unterschreiben.

Viel Erfolg beim Löschungsantrag, vielleicht denken Sie ja dran und schreiben den Ausgang hier rein. Würde mich interessieren ob man damit Erfolg hat, dass während eines offenen Ermittlungsverfahrens die erkennungsdienstlichen Daten gelöscht werden.

MfG
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Happy_Life.
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Beitrag von Happy_Life. » 17.01.2017, 19:55

Dankeschön für Ihre tollen Antworten.

Ich muss leider nochmal nachfragen. Laut der BMI seite(Unterpunkt Kosten) darf die Polizei, für das bereitstellen von Fotos und Fingerabdrücken 36 Euro verlangen. Würde man mir einfach eine Rechnung schicken, falls sie diese Gebühr verlangen? Oder wie funktioniert das wenn ich es als eingeschriebener Brief aufgebe?

Wenn ich "Ich ersuche um Auskunft über alle zu meiner Person gespeicherten Daten." ankreuze werden mir wirklich alle Daten geschickt? Oder muss ich die Unterpunkte "Ich ersuche um Auskunft über meine Daten im Zusammenhang mit einem
bestimmten Ereignis, nämlich:
" noch z.B. der Erkennungsdienstlichen Behandlung und "Bitte erteilen Sie mir auch Auskunft über Ihre Dienstleister." auch noch ankreuzen?

Tut mir leid für die vielen Fragen. Kenne mich mit solchen Sachen wirklich nicht aus. Werde auf jeden Fall das Ergebnis hier posten!

juristischerratundtat
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Beitrag von juristischerratundtat » 18.01.2017, 12:02

Wenn Sie "Ich ersuche um Auskunft über alle zu meiner Person gespeicherten Daten." ankreuzen, müssen die Unterpunkte nicht mehr angekreuzt werden.

Die Pauschalgebühr wird eingehoben werden, Sie können wahrscheinlich bar bezahlen oder bekommen eine Rechnung. Falls Sie eine genaue Antwort brauchen können Sie aber im Vorhinein anrufen und fragen ob bar bezahlt werden muss oder per Rechnung.

MfG
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Happy_Life.
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Update

Beitrag von Happy_Life. » 01.03.2017, 12:00

Danke für ihre Hilfe Herr Jodelbauer.

Kleines Update: Verfahren wurde auf eine Probezeit von einem Jahr eingestellt.
Ob ich zum Amtsarzt noch muss ist mir nicht klar.

Erkennenungsdienstliche Daten wurden gelöscht , nachdem ein Antrag mit einer Anwaltskanzlei gestellt wurde.

Mfg

juristischerratundtat
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Beitrag von juristischerratundtat » 02.03.2017, 08:57

Spannend zu hören, danke, dass Sie sich gemeldet haben.

Nur zur Klarstellung: Die erkennungsdienstlichen Daten wurden aber erst gelöscht nachdem das Verfahren eingestellt wurde, oder?

Happy_Life.
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Beitrag von Happy_Life. » 18.03.2017, 12:58

Nein , die Erkennungsdienstlichen Daten wurden sofort gelöscht. Der Besitz für Eigenbedarf rechtfertigt eine ED-Behandlung nicht. (laut Anwalt) ED ist zulässig bei:

§ 16. (2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand

4. nach dem Suchtmittelgesetz (SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, ausgenommen der Erwerb oder Besitz von Suchtmitteln zum ausschließlich persönlichen Gebrauch (§§ 27 Abs. 2, 30 Abs. 2 SMG)

Falls also irgendjemand in eine ähnliche Situation kommt: Holt euch einen Anwalt und wehrt euch gegen die ED-Behandlung. Diese sind für reinen Besitz nicht Gesetzlich gedeckt!

Danke nochmal an sie Herr Jodelbauer.

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