Diebstahl oder Geschenk? Wie entscheidet das Gericht?

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Herbert Koflach
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Diebstahl oder Geschenk? Wie entscheidet das Gericht?

Beitrag von Herbert Koflach » 16.01.2017, 23:11

Guten Tag. Ich habe eine allgemeine Frage. Wenn jemand vor Gericht behauptet es hätte ihm jemand was gestohlen und der Angeklagte behauptet er hätte das aber vom Kläger als Geschenk bekommen wie verfügt das Gericht in solchen Sachen normalerweise? Könnte es sein dass der Angeklagte nur auf Grund der Aussage des Klägers aber ohne jegliche Beweise oder Zeugen den Wertgegenstand zurück geben muss oder sogar des Diebstahls verurteilt werden könnte?

Vielen Dank



lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 16.01.2017, 23:43

Mit der publizianischen Klage wird der Kläger vermutlich Erfolg haben. Die Vorgehensweise des Beklagten das Ganze auf den Titel einer mündlichen Schenkung zu stützen ist vage..

Meins Erachtens muss der Beklagte weichen, sofern er nicht im Stande ist die Schenkung ordentlich zu beweisen und dem Kläger der Nachweis des Eigentumserwerbs gelingt (§§ 372, 373 ABGB).

Das Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB muss hingegen dem Angeklagten nachgewiesen werden.

Aufgrund freier Beweiswürdigung könnte es so sein, wie Sie befürchten.

juristischerratundtat
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Beitrag von juristischerratundtat » 17.01.2017, 08:22

Sehr geehrter Fragesteller,

In einem Strafverfahren muss die Staatsanwaltschaft zeigen warum es ein Diebstahl ist, im Zivilverfahren muss der Kläger das zeigen. Das heißt das in beiden Fällen die Beweislast beim anderen liegt.

Ohne genaue Kenntnis der Umstände kann hier aber keine Beurteilung abgegeben werden.
Das Gericht würde sich diese Umstände jedenfalls sorgfältig ansehen.

Bei Ende einer Lebensgemeinschaft werden solche Vorwürfe etwa manchmal gemacht, hier lässt sich im Normallfall aber ganz gut zeigen, dass die Sache geschenkt war oder eben nicht.

Haben Sie noch Fragen?
MfG
juristischerratundtat@gmail.com

Herbert Koflach
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mehr Details

Beitrag von Herbert Koflach » 18.01.2017, 05:58

Danke für ihre Antworten. Vielleicht sollte ich noch mehr Details geben:

Ich lebe in USA und wie ich zuletzt meinen 92 jährigen Vater besuchte gab er mir Sparbücher und Losungsworte für zirka 150000 Euros die ich einlöste. Dann hat das meine Schwiegermutter erfahren (die eine Erbschleicherin ist). Sie hat meinen Vater derzeit unter Druck gesetzt dass er behauptete ich hätte das gestohlen und er wollte mich bei der Staatsanwaltschaft verklagen. Die haben aber das Verfahren eingestellt weil sie sagten dass sie bei Familiensituationen nicht zuständig sind. Dann hat er mich im Bezirksgericht verklagt. Die Verhandlung ist in einer Woche aber natürlich kann ich nicht erscheinen da ich in den USA bin. (In dem Gerichtsschreiben stand dass wenn ich nicht erscheine ich von der Polizei verhaftet und zu Gericht gebracht werde. Ich nehme an dass ich mir davor aber nicht fürchten muss).
Die Situation ist schrecklich weil ich keine Beweise wegen der Schenkung habe. Er hat mir die Losungsworte gegeben aber behauptet jetzt dass ich die Wohnung durchsucht hätte und sie auch gestohlen hätte. So ist die Situation. Danke

juristischerratundtat
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Beitrag von juristischerratundtat » 18.01.2017, 12:06

Sehr geehrter Fragesteller,

Sind Sie in Kontakt mit dem Gericht getreten?
Haben Sie in Österreich einen Anwalt beauftragt?

Interessant ist, dass Sie von einer Summe von EUR 150.000 sprechen, trotzdem aber das Verfahren beim Bezirksgericht ist (das nur für Streitwerte bis EUR 15.000 zuständig ist).

Dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt hat ist schon einmal gut und hat auch eine gewisse Indizwirkung für das Zivilverfahren. Nichts desto trotz sollten Sie die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen und abwarten was passiert.
Auch wenn Sie in den USA leben kann die österreichische Justiz Ihrer habhaft werden, auch wenn das natürlich alles sehr mühsam und langwierig wäre.

Haben Sie noch Fragen?
MfG,
jurisitischerratundtat@gmail.com

MG
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Beitrag von MG » 18.01.2017, 12:46

Wichtig ist abzuklären, um welche Art Verfahren es sich handelt.

Im Zivilverfahren gibt es keine Verpflichtung einer Partei zur Verhandlung zu kommen. Wenn Sie als Beklagter nicht zum Termin kommen, dann kann alleine aufgrund der Behauptungen des Gegners ein Urteil (versäumungsurteil) gegen Sie gefällt werden. Sie können dann eben den Behauptungen der Gegenseite nichts entgegen setzen.

Der Hinweis auf die polizeiliche Vorführung spricht aber eher für ein Strafverfahren vor dem Bezirksgericht. In der Ladung sollte angeführt werden, welches Delikt man Ihnen vorwirft.

Die behauptete Wegnahme der Sparbücher ist nämlich nicht so ohne weiteres juristisch zu klassifizieren ( Die ‑ mit Bereicherungsvorsatz begangene ‑ Wegnahme von als selbstständige Wertträger zu beurteilenden Urkunden ist § 127 StGB zu unterstellen, die Unterdrückung anderer Urkunden (beispielsweise legitimierter Sparbücher) demgegenüber nach § 229 Abs 1 StGB zu bestrafen. ). Allenfalls käme auch Betrug (§146) in Frage.

Eine Vorführung aus den USA zum (Straf-)Verfahren vor dem Bezirksgericht gibt es nicht, sollten Sie dauernd abwesend sein, würde das Strafverfahren aller Voraussicht nach "unterbrochen", damit würde das allfällige Delikt aber auch nicht verjähren und man könnte das Verfahren jederzeit fortsetzen, wenn Sie in Österreich sind.

In jedem Falle empfehle ich Ihnen dringend, juristischen Rat in Österreich einzuholen, insbesondere zur sofortigen Abklärung, welches Verfahren hier tatsächlich läuft!!

mfG
RA Michael Gruner
www.grupo.at

Herbert Koflach
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Beitrag von Herbert Koflach » 19.01.2017, 05:31

Vielen Dank für ihre Beiträge. Die Information ist immens hilfreich. Mir wird paragraph 127 StGB vorgeworfen und das schreiben kam vom Bezirksgericht Hernals. Hätte es Zweck einen Brief and die Richterin zu schicken um den Sachverhalt zu erklären? (Verhandlung ist allerdings schon am 25.ten). Ich kann mir nicht vorstellen dass ich ohne jegliche Beweise verurteilt werden könnte. Allerdings ist es möglich dass die Erbschleicherin vor Gericht eine falsche Zeugenaussage macht. Danke nochmals.

PS: Ich wüsste gar nicht wie ich einen Anwalt von USA aus suchen kann. Ausserdem sagt das Gerichtsschreiben dass selbst mit Anwalt ich erscheinen muss.

juristischerratundtat
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Beitrag von juristischerratundtat » 19.01.2017, 12:01

Sehr geehrter Fragesteller,

Sich bei der Richterin zu melden wird jedenfalls Sinn machen, einer Verhandlung entgehen Sie damit allerdings nicht. Zumindest ihr Fernbleiben könnten Sie entschuldigen, etwa weil die Ladung zu kurzfristig für eine Anreise aus den USA kam.

Da ich annehme, dass Sie noch nie vernommen wurden, ist ein Abwesenheitsurteil nicht möglich.

Haben Sie denn noch eine Verbindung nach Österreich?
Ansonsten können Sie ja auch per Mail mit dem Anwalt Ihrer Wahl verkehren, ein persönliches Treffen kann ja dann nach Bedarf arrangiert werden.
Irgendwann werden Sie schon wieder nach Österreich kommen.

Haben Sie noch Fragen?
MfG,
juristischerratundtat@gmail.com

Das_Pseudonym
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Beitrag von Das_Pseudonym » 20.01.2017, 17:25

Abgesehen davon ist die frage interessanter wie die 150.000€ in die USA gekommen sind.
Normal muss man zu mindestens bei Bargeld wenn man in ein Land einreist über den Betrag X es angeben.
Wenn das Geld auf einen Konto ist könnte das Geld eventuell auch anderweitig transferiert werden. Ich würde aus den hintergrund auch beachten.

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