Angenommen, die Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren eingestellt. Die Klägerseite stellt einen Antrag auf Fortführung, dieser wird abgelehnt. Er geht zur Entscheidung an das Landesgericht, Stellungnahmen gemäß § 196 StPO werden eingebracht. In dieser Stellungnahme hat der Antragsteller "die Pflicht zur bestimmten Bezeichnung der geltend gemachten Fortführungsgründe".
1. Was genau heißt das?
2. Dürfte der Antragsteller zusätzliche Beweise (eventuell im Zuge eigener, zwischenzeitlicher Ermittlungen erworben) in die Stellungnahme einbringen, die nicht in der Sachverhaltsdarstellung und dem Fortführungsantrag namhaft gemacht worden sind? Dürfte das Gericht dies in irgendeiner Weise berücksichtigen, wenn es gegen die Korrektheit einer Sachverhalts-Behauptung oder Interpretation der Staatsanwaltschaft spricht?
Stellungnahme zu abgelehntem Fortführungsantrag, § 196 StPO
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Sehr geehrter Fragesteller,
§ 196 StPO ordnet an, wie Gerichte mit einem Fortführungsantrag nach § 195 StPO umzugehen haben.
Die Pflicht zur bestimmten Bezeichnung bedeutet, dass es nicht genügt, wenn lediglich angegeben wird, "Ich beantrage die Fortführung" oder Ähnliches. Der Antragsteller ist aufgefordert auszuführen warum einer der drei Fortführungsgründe des § 195 StPO vorliegt und welche Beweismittel das ggf untermauern.
Ja, es dürfen natürlich neue Beweise vorgebracht werden, das ist ja einer der drei Fortführungsgründe. Das Gericht ist im Rahmen der freien Beweiswürdigung sogar dazu verpflichtet diese Beweisergebnisse zu berücksichtigen. Dass sie gegen die Sachverhaltsversion der Staatsanwaltschaft sprechen ändert nichts, die Gerichte haben ja oft eine andere Vorstellung des Geschehens als von der Staatsanwaltschaft angenommen.
Haben Sie noch Fragen?
MfG
juristischerratundtat@gmail.com
§ 196 StPO ordnet an, wie Gerichte mit einem Fortführungsantrag nach § 195 StPO umzugehen haben.
Die Pflicht zur bestimmten Bezeichnung bedeutet, dass es nicht genügt, wenn lediglich angegeben wird, "Ich beantrage die Fortführung" oder Ähnliches. Der Antragsteller ist aufgefordert auszuführen warum einer der drei Fortführungsgründe des § 195 StPO vorliegt und welche Beweismittel das ggf untermauern.
Ja, es dürfen natürlich neue Beweise vorgebracht werden, das ist ja einer der drei Fortführungsgründe. Das Gericht ist im Rahmen der freien Beweiswürdigung sogar dazu verpflichtet diese Beweisergebnisse zu berücksichtigen. Dass sie gegen die Sachverhaltsversion der Staatsanwaltschaft sprechen ändert nichts, die Gerichte haben ja oft eine andere Vorstellung des Geschehens als von der Staatsanwaltschaft angenommen.
Haben Sie noch Fragen?
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Sehr geehrter Jodlbauer,
danke für diese Antwort, zu der ich noch eine Nachfrage stellen möchte (bzw. auch die Motivation für die ursprüngliche Frage erläutern):
Dieser
Rechtssatz des OGH von 2010 stellt fest:
"Die Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft ist lediglich einer Art Missbrauchskontrolle unterworfen."
"Der Fortführungsantrag begrenzt den Prüfungsumfang. Das Gericht ist weder befugt, vom Fortführungswerber nicht geltend gemachte, sich aus dem Akt ergebende Argumente gegen die Einstellung zu berücksichtigen, noch ist es berechtigt, die Wirkung des stattgebenden Beschlusses amtswegig auf Taten oder Beschuldigte zu erstrecken, hinsichtlich derer eine Fortführung des Verfahrens gar nicht beantragt wurde."
Weiter unten steht zwar, dass Bedenken an der Entscheidung der Staatsanwaltschaft erweckendes, "weder im Antrag der Privatbeteiligten auf Fortführung des Strafverfahrens noch in ihrer Äußerung zur Stellungnahme der Staatsanwaltschaft aufgezeigt [wird]."
Trotzdem könnte der Rechtssatz meines Erachtens so interpretiert werden: Das Landesgericht darf nur beurteilen, was die Staatsanwaltschaft auch beurteilen konnte, und darf nur darin eventuelle Fehler nachweisen. Daher müssen neue Beweise spätestens mit dem Fortführungsantrag eingebracht werden. Dann ist der Zug dafür abgefahren - die Stellungnahme darf nur mehr "helfend" Sachverhalte und Argumente aufbereiten, die den Richtern anschaulich erklären, warum die Staatsanwaltschaft falsch gelegen haben soll. Neue Beweise hingegen, die bis zum Fortführungsantrag nicht eingebracht wurden (vielleicht, weil sie erst nachher verfügbar waren), wären hierfür nicht relevant.
Ist diese Interpretation also falsch?
danke für diese Antwort, zu der ich noch eine Nachfrage stellen möchte (bzw. auch die Motivation für die ursprüngliche Frage erläutern):
Dieser
Rechtssatz des OGH von 2010 stellt fest:
"Die Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft ist lediglich einer Art Missbrauchskontrolle unterworfen."
"Der Fortführungsantrag begrenzt den Prüfungsumfang. Das Gericht ist weder befugt, vom Fortführungswerber nicht geltend gemachte, sich aus dem Akt ergebende Argumente gegen die Einstellung zu berücksichtigen, noch ist es berechtigt, die Wirkung des stattgebenden Beschlusses amtswegig auf Taten oder Beschuldigte zu erstrecken, hinsichtlich derer eine Fortführung des Verfahrens gar nicht beantragt wurde."
Weiter unten steht zwar, dass Bedenken an der Entscheidung der Staatsanwaltschaft erweckendes, "weder im Antrag der Privatbeteiligten auf Fortführung des Strafverfahrens noch in ihrer Äußerung zur Stellungnahme der Staatsanwaltschaft aufgezeigt [wird]."
Trotzdem könnte der Rechtssatz meines Erachtens so interpretiert werden: Das Landesgericht darf nur beurteilen, was die Staatsanwaltschaft auch beurteilen konnte, und darf nur darin eventuelle Fehler nachweisen. Daher müssen neue Beweise spätestens mit dem Fortführungsantrag eingebracht werden. Dann ist der Zug dafür abgefahren - die Stellungnahme darf nur mehr "helfend" Sachverhalte und Argumente aufbereiten, die den Richtern anschaulich erklären, warum die Staatsanwaltschaft falsch gelegen haben soll. Neue Beweise hingegen, die bis zum Fortführungsantrag nicht eingebracht wurden (vielleicht, weil sie erst nachher verfügbar waren), wären hierfür nicht relevant.
Ist diese Interpretation also falsch?
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