Verkehrsunfall (Vorrangverletzung Radfahrer)

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berni64
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Registriert: 07.03.2016, 17:41

Verkehrsunfall (Vorrangverletzung Radfahrer)

Beitrag von berni64 » 07.03.2016, 18:07

Hallo Forum.

Zuerst DANKE im VORAUS für die Hilfe, ich weiß das echt zu schätzen!!

Folgender Vorfall ereignete sich im Frühjahr 2015:

An einem Tag im Mai war ich mit meinem Motorrad auf einer Freilandstraße unterwegs.

Ich kannte die Strecke nicht und wollte eigentlich von einer Parallelstraße wieder auf die Hauptstraße zurück.

An einer Kreuzung fuhr von rechts kommend (Zubringerweg zur Hauptstraße, der Radfahrer hatte ein "Vorrang geben" Schild!!) ein Radfahrer auf die Fahrbahn und schnitt mir den Vorrang ab.

Ich versuchte aus zu weichen und drückte mein Motorrad unter gleichzeitiger Bremsung (Motorrad hat ABS UND Kurven-ABS) zur Seite. Leider ging es sich nicht aus, der Radfahrer verharkte sich an meinem Motorrad und kam zu Sturz.
Retrospektiv war die Situation mit einem Reh zu vergleichen welches einem vor das Fahrzeug hüpft, man denkt "Es wird doch nicht ..." und eine Sekunde darauf knallt es bereits.
Nach einer beherzten Bremsung brachte ich mein Fahrzeug sicher zum Stehen und rannte zurück zur Kreuzung. Ein nachfolgendes Fahrzeug (keine direkten Zeugen, die waren zu weit weg um etwas gesehen haben zu können) blieb stehen und wir kümmerten uns zusammen um den Verletzten.

Polizei & Rettung wurde alarmiert. Der Radfahrer fuhr mit seinem Carbon-Rennrad ungebremst in die Kreuzung ein, ich weiss ja nicht wie schnell man mit diesen Rädern werden kann, aber der hatte wirklich einen "guten Zug" drauf !!

Folgende Schäden:

Ich: Mehr oder weniger unverletzt, ein blauer Fleck am Oberschenkel und ein leichter Schock.
Mein Motorrad: Blinker hinten herausgerissen, Auspuff zerkratzt.

Er: Prellungen und einige Zeit im Krankenstand, aufgeschlagene Stirn. Er war aber nicht mal im Krankenhaus, wurde nur grob von der gerufenen Ambulanz untersucht und anschließend "frei gelassen).
Sein Fahrrad: Totalschaden

Ich fuhr mit den Polizeibeamten zur nächsten Dienststelle, wo wir alle nötigen Daten aufnahmen. Eine Aussage gab ich NICHT zu Protokoll, denn ich war sehr durch den Wind und konnte nichtmal meinen eigenen Namen richtig schreiben. Außerdem wollte ich vorher einen anwaltlichen Rat einholen.

Nun ging das Theater mit den Versicherungen los. Meine Versicherung lehnte die Regulierung des Schadens ab, da eindeutig eine Vorrangverletzung und somit eine Verschulung des Unfallgegners vorlag.
Seine Versicherung hingegen (er gab übrigens initial die falsche Versicherung an, das kann man aber dem Schock zuordnen...) wehrte sich ebenfalls standhaft.
Ich hätte ja noch keine Aussage bei der Polizei abgegeben, man würde darauf warten und außerdem wäre ich ja schuld denn ich hätte ja, laut Unfallgegner, eine extreme Geschwindigkeitsübertretunt begangen !!! Alles in allem nur eine billige Verzögerungstaktik der Versicherung!

Ich erkundigte mich einige Zeit später nach dem Zustand meines Unfallgegners, rief ihn an und wollte auf jeden Fall mit ihm sprechen. Der gute Herr spuckte Gift und Galle durch das Telefon und drohte mit Rechtsschutz, Klage und sonst noch allem. Ich verhielt mich neutral und beendete das Gespräch.
Nachdem einige Monate vergingen (Ich hatte private Umstände (Weiterbildung, Umzug, etc.)) rollte ich das Thema erneut auf und holte mir einen anwaltlichen Rat ein. Mein Anwalt schreib einen Brief an die Versicherung mit meinen Forderungen für die Reparatur meines Bikes und seinen Kosten.

Heute kam ein Brief des Anwaltes des Unfallgegners mit der Notiz das man mich klagen würde (Kosten des Fahrrades + 700 € Anwaltskosten + Schmerzengeld).
Da ich zum Unfallzeitpunkt keine Rechtsschutzversicherung hatte, bin ich nun total durch den Wind und weiß nicht, wie ich mich verhalten soll.

Ich WEIß das ich im RECHT bin, das Verhalten des Radfahrers war grob fahrlässig und es hätte auch weit schlimmer ausgehen können (Keine gute Reaktion meinerseits, etc.)
Was kann mir schlimmstenfalls passieren bzw. welche Szenarien sind möglich?

Seitens irgendwelcher Ämter oder Gerichte habe ich übrigens nie ein Schreiben bekommen.
Es wurde wohl ein Verfahren bezüglich fahrlässiger Körperverletzung gegen mich eröffnet (Der Polizist bei der Einvernahme sagte das sei ein Standard Prozedere).

Ich hänge momentan ziemlich in der Luft. Einerseits will ich auf mein Recht pochen, denn ich sehe es ehrlichgesagt nicht ein eine Schuld ein zu gestehen obwohl ich mich korrekt verhalten habe, andererseits will ich ein Gerichtsverfahren oder horende Anwaltskosten vermeiden, da ich diese wohl selbst tragen müsste.

DANKE für eure Tipps!!



lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 07.03.2016, 21:04

Sie sind nun in den Händen der Anwälte und der Gerichte. Sie selbst können nicht viel tun. Der Fall wird untersucht und anhand der Aussagen wird ein Urteil gefällt werden.

Ihr Parteigegner wird nun vermutlich versuchen das Verschulden auf Sie abzuwälzen bzw. Ihnen eine Mitschuld einzuräumen (zu schnell oder unaufmerksam gefahren).
Dass Sie die Strecke nicht kannten oder dergleichen würde ich nicht erwähnen.

Ich kann Ihnen leider nicht mitteilen, wie es ausgehen wird, ich rate Ihnen aber sich trotzdem in die Hände eines Anwaltes zu begeben und zu prozessieren.

Bleiben Sie bei Ihrer Version. Die besseren Karten hinsichtlich des Ganzen haben Sie (Verschuldensfrage, Rechtswidrigkeit).

Hinsichtlich der fahrlässigen KV mangelt es meiner Meinung nach an der Erfüllung einer objektiven Sorgfaltswidrigkeit, weshalb keine Tatbestandsmäßigkeit gegeben ist.

Ich wünsche Ihnen alles Gute!

MfG
Lexlegis

MG
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Beitrag von MG » 08.03.2016, 14:14

Insoweit Ansprüche an Sie (bzw. Ihre KFZ-Haftpflicht) heran getragen werden, ist Ihre Versicherung verpflichtet, Ihnen bei der Abwehr dieser Ansprüche zur Seite zu stehe, das heisst Sie bekommen von dort einen RA für das Verfahren beigestellt und das Kostenrisiko für die Abwehr der Ansprüche trägt Ihre Haftpflicht-Versicherung.

Zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche müssten jedoch Sie den Radfahrer klagen (Klage gegen dessen allf. Haftpflichtversicherung direkt geht nicht, das gibt es nur im Bereich der KFZ- Haftpflicht!).

Solange Ihre Ansprüche noch nicht verjährt sind (3 Jahre ab dem Unfall) würde ich abwarten , OB die Gegenseite wirklich klagt und man könnte dann aufgrund des Ausganges und der Verfahrensergebnisse besser beurteilen, wie Ihre Chancen bei der aktiven Durchsetzung Ihrer Ansprüche wären.

Achten Sie auf (gerichtliche) Zustellungen und verständigen Sie ihre HP-Versicherung sofort, wenn Ihnen etwas in dieser Sache vom gericht oder gg RA zugehen sollte.

mfG

RA Michael Gruner

berni64
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Beitrag von berni64 » 08.03.2016, 18:19

DANKE an die beiden Vorredner von mir!!

Ich werde den weiteren Verlauf jetzt erstmal abwarten, bin gespannt wie es ausgeht und ich werde auf jeden Fall berichten.

LG! :wink:

Hubert Neubauer
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Beitrag von Hubert Neubauer » 09.03.2016, 15:26

Kann MG voll zustimmen, lexlegis eher weniger

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