Mindestsicherung - besondere soziale Lage gegeben?

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alles2
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Mindestsicherung - besondere soziale Lage gegeben?

Beitrag von alles2 » 10.08.2015, 10:45

Werte Forumsmitglieder,

da ich in OÖ wohne, orientiere ich mich in erster Linie an die dort geltende Rechtsvorschrift der bedarfsorientierten Mindestsicherung (Oö. BMSG) iVm. der Mindestsicherungsverordnung (Oö. BMSV).
Wie Ihr im Laufe des Beitrags entnehmen könnt, macht mir die schwammige Formulierungen in den Gesetzen und die Rennerei von Pontius zu Pilatus mächtig zu schaffen.

Aber der Reihe nach...nach der Umstellung von der Arbeitslosen auf die Notstandshilfe im Juni bekomme ich die BMS zuerkannt, wenngleich sich diese nur auf 18,06 Euro beläuft.

Ach ja, bevor ich zum eigentlichen Punkt komme, beginnen etwaige Ansprüche erst ab der Antragsabgabe oder jenem Tag, an dem man beim Amt vorstellig wurde?
Die hatten mir dann erstmal den Antrag in die Hand gedrückt und es bedurfte einiger Zeit, bis ich die ganzen geforderten Unterlagen beisammen hatte!

Nachdem ich übergangsweise in einer Haushaltsgemeinschaft wohne und nur Mitbewohner eines Mieters bin, wird nach § 1 Abs. 1 Z. 3a) iVm. § 1 Abs. 5 Z. 2 Oö. BMSV der Mindeststandard von 636,30 Euro herangezogen und davon der reduzierte Wohnbedarf von 74,50 Euro abgezogen, womit mir alles zusammen nicht mehr wie 561,80 Euro monatlich zustehen.

Nun zum eigentlichen Anliegen! Ich verbrachte in der Stadt einige Zeit hinter Gittern und war danach unstet. Und weil ich keine 5-jährige Bindung zu der Stadt vorweisen kann, werde ich nicht in die Liste der Wohnungssuchenden aufgenommen.
Ein Ex-Häfenbruder hat mir allerdings eine 12 m2 Dachgeschosswohnung ohne Sanitäreinrichtung um 120 Euro monatlich in Aussicht gestellt. Nachdem ich für die 360 Euro Kaution und 43,20 Euro Finanzamtsgebühr nicht aufkommen kann, wandte ich mich an das Sozialamt. Die Leistung wurde mir verwehrt, weil die dafür nicht zuständig seien. Dabei heißt es gemäß § 22 Abs. 4 Oö. BMSG sinngemäß, dass einem eine einmalige Hilfe in besonderen sozialen Lagen im Zusammenhang mit der Schaffung oder Erhaltung des notwendigen Wohnraums anerkannt werden kann.

Leider werden die Sorgen nicht weniger! Kürzlich ist mein niederländischer Reisepass abgelaufen und fange erst gerade mit der Wiedererlangung eines Führerscheins an (wird später in einem neuen Thread thematisiert). Somit verfüge ich über keinen gültigen Identitätsnachweis!
Zudem meinte der AMS, dass wir mit einer gültigen Lenkberechtigung bessere Chancen für eine Erwerbstätigkeit hätten, was auch mitunter der überwiegende Tenor potenzieller Arbeitgeber war.

Für die Ausstellung eines Reisepasses bei der niederländischen Ambassade sind 130 Euro hinzublättern, während noch gute 50 Euro für Passbilder und ein Zugticket nach Wien anfallen.
Für die Ausstellung des Führerscheins werden leider 700 bis 800 Euro fällig (Kostenaufstellung habe ich dem Amt vorgelegt), für die ich auch nicht einfach so aufkommen kann!

Aus all den genannten Gründen habe ich dem Sozialamt ein Schreiben, samt Begründung/Schilderung der aktuellen Notlage, vorgelegt, wonach ich einen Antrag auf Gewährung von Zusatzleistungen für Sonderbedarfe nach §22 Abs.1 iVm. §6 Abs.4 Z.4 Oö. BMSG gestellt habe. Die Paragraphen besagen rund um "Einmalige Hilfen in besonderen sozialen Lagen":
Hilfe in besonderen sozialen Lagen kann Personen gewährt werden, die 1. auf Grund ihrer besonderen persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse oder 2. infolge außergewöhnlicher Ereignisse einer sozialen Gefährdung ausgesetzt sind und der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

Man verwies mich im Zuge der einmaligen finanziellen Unterstützung an das Land Oberösterreich, wobei es darauf keinen Rechtsanspruch gibt!
Da denke ich mir, wozu gibt es dann das BMSG, wenn alles nur kann, aber nichts muss? Ich meine, es handelt sich immerhin um die Kostenübernahme für unabdingbare, einmalige Aufwendungen!

So, wie seht Ihr es?
Was ist nun eine "besondere soziale Lage"?
Und warum gibt es diese Vorschriften, wenn sich das Amt nicht dafür zuständig fühlt?
Macht es Sinn, einen Bescheid ausstellen zu lassen, um den Rechtsweg verfolgen zu können?

Also ich blick da nicht mehr durch. Auf der einen Seite wird jenen geholfen, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind (§6 Abs.4 Z.2 Oö. BMSG). Aber jene, die kein Dach über den Kopf haben und potenziell eine Wohnung hätten, kann man nicht helfen. Dabei beschränken sich die Rechtsansprüche, nach Durchschau der Rechtsvorschriften, im Wesentlichen auf wohnraumbezogene Bedürfnisse. Für alle anderen Bedarfe (Führerschein, Reisepass), die nicht zum täglichen Lebensbedarf zählen, können nur Anträge auf Kann-Leistungen gestellt werden. Kann-Bestimmungen bieten doch keine Rechtssicherheit und sind nicht geeignet, um fundamentale soziale Rechte einzulösen. Sonderbedarfe werden häufig nicht gewährt, auch wenn ein Bedarf unbestreitbar vorliegt.

Soviel für's Erste!
Bin für jede hilfreiche Anregung äußerst dankbar!

Liebe Grüße,
alles



alles2
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Beitrag von alles2 » 12.08.2015, 12:30

Hat denn keiner eine Idee?
Auf Anraten eines Bekannten habe ich nun einen Termin bei der Arbeiterkammer vereinbart.

Ferner bin ich auf den § 12 Oö. BMSG hingewiesen worden, wonach es im Absatz 2 heißt:
Leistungen der bedarfsorientieren Mindestsicherung mit Rechtsanspruch sind Hilfe zur Unterstützung zur Erwerbsbefähigung (Zeile 3).
Würde mich stark wundern, wenn dazu nicht der Führerschein und ein gültiger Pass gehören!

Außerdem geht mir nicht ein, wozu es überhaupt diese "Kann-Paragraphen" gibt, zumal Behörden zur Schonung ihres Budgets nicht gerade scharf darauf sind, diese Leistungen zu gewähren!

Momentan rette ich mich damit, Geld von einigen Bekannten zu auszuborgen, damit die Termine beim Polizeiarzt wahrgenommen werden kann, ein Gutachten erstellt wird und Passbilder gemacht werden können. Dadurch in Schulden zu geraten geht nicht konform mit §6 Abs.4 Z.3+4 Oö. BMSG.
Das Amt ist demnach theoretisch verpflichtet, die Aussetzung einer sozialen Gefährdung durch Gewährung einmaliger Leistungen zu beheben!

Hubert Neubauer
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Registriert: 07.08.2012, 08:42

Beitrag von Hubert Neubauer » 18.08.2015, 11:34

Auf Sozialhilfe hat man keinen durchsetzbaren Anspruch.

alles2
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Beitrag von alles2 » 18.08.2015, 15:47

Würdest Du das bitte etwas konkretisieren?
Verstehe den Unterschied zw. Rechtsanspruch und durchsetzbarem Anspruch nicht!

Soll es etwa heißen, dass man keine Sozialhilfe bekommen muss, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind?
In vielen Passagen ist sehr wohl die Rede von bestehendem Rechtsanspruch!

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