Verjährung Straftat Veruntreuung

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newby.jusline
Beiträge: 1
Registriert: 21.05.2015, 14:44

Verjährung Straftat Veruntreuung

Beitrag von newby.jusline » 21.05.2015, 15:03

Hallo liebe Forumsgmeinde!

Ich werde euch folglich kurz den Sachverhalt darstellen, der meinen Bruder betrifft / belastet. Ich bleibe sachlich ohne jegliche persönliche Meinung über seine Handlung bzw. sein Tun.

Mein Bruder lebt in Wien und engagiert sich in verschiedenen Vereinen.
Im Jahr 2012 fungierte er als Obmann eines Vereines.
Er unterschlug / veruntreute einmalig Bargeld im Wert von 700€. Die Unterschlagung bzw. das fehlende Bargeld fiel dem Vereinskassier erst im Winter des gleichen Jahres auf. Er gab den Diebstahl zu. Alle Mitglieder wurden darüber informiert und eine Vereinssitzung einberufen. Bei dieser wurde er des Vereines verwiesen.
Eine monatliche Rückzahlung wurde mit ihm vereinbart, welcher er zu Beginn auch einhielt. Es wurde vereinbart eine außergerichtliche Lösung der Angelegenheit zu finden, damit der Ruf des Vereines gewahrt bleibe und keinerlei Medien etc. darüber berichten können.
Inzwischen schreiben wir das Jahr 2015.
Er hat seine "Schulden" gegenüber dem Verein noch immer nicht beglichen.
Inzwischen will ihn der Verein zivilrechtlich dafür belangen - ein Rechtsanwalt wurde bereits eingeschaltet und nahm mit ihm Kontakt auf.

Wie steht es um ihn?
Ist er zivilrechtlich belangbar?
Ist er strafrechtlich belangbar?
Hat der Vewrein einen Anspruch auf Rückerstattung des unterschlagenen Geldes?
Verfällt durch den Eintritt der strafrechtlichen Verjährung auch der Anspruch des Vereines?


Ich hoffe ich habe alle relevanten Details beschrieben.
Hoffe auf eine baldige Antwort von euch :)

Bis dahin verbleibe ich mit freundlichen Grüßen!

Danke



Manannan
Beiträge: 1447
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Beitrag von Manannan » 22.05.2015, 18:15

Je nach der von Ihrem Bruder im Verein ausgeübten Funktionen und Berechtigungen liegt entweder Strafbarkeit nach § 133 (Veruntreuung) oder § 153 (Untreue) StGB vor. Auf Grund des Schadens beträgt in beiden Fällen das Strafmaß bis zu 6 Monaten Freiheitsstrafe.
Durch die mit dem geschädigten Verein getroffene Vereinbarung liegt tätige Reue iSv § 166 Abs 2 Z 2 StGB vor, wenn Ihr Bruder die Zahlungen zu Abgeltung des gesamten aus der Tat entstandenen Schadens binnen des vereinbarten Zeitraumes leistet. Ihre Schilderungen zu Folge hat er sich nicht an die Vereinbarung gehalten und somit lebt die Strafbarkeit wieder auf. Ab diesem Zeitpunkt beginn dann die einjährige Verjährungsfrist zu laufen.
Die einzige Möglichkeit die Ihren Bruder vor einer Strafverfolgung schützt, ist, dass er den noch offenen Betrag dem geschädigten Verein überweist oder auch in bar gegen Bestätigung übergibt und zwar bevor die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft einlangt!
Die Staatsanwaltschaft wird im Falle einer Anzeige zwar ein Ermittlungsverfahren einleiten, das Verfahren wegen tätiger Reue dann wieder einstellen.

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 23.05.2015, 11:41

Ich sehe das etwas anders.

Die Verjährungsfrist beginnt zu laufen, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufgehört hat (§ 57 Abs 2 zweiter Satz StGB).

Hat der Täter also im Jahr 2012 diese Veruntreuung einmalig begangen, ist die Strafbarkeit für die Tat im Jahr 2015 bereits verjährt.

Da es zu keiner weiteren Tat bis zu dieser Zeit gekommen ist, gibt es keinen Grund eine Verlängerung anzunehmen (§ 58 Abs 2 StGB).

Demnach brauchen wir den Strafaufhebungsgrund des § 167 StGB gar nicht. Gemäß § 57 Abs 3 ist die Strafbarkeit für die Tat bereits verjährt.

Der Verein hat aber noch einen privatrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung des veruntreuten Geldes. Die Frist beträgt hierfür 3 Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger (§ 1489 ABGB). Da die Strafdrohung der beiden in Frage kommenden Taten nicht mehr als sechs Monate beträgt und keine Wertqualifikation (mehr als 3000 Euro Schaden) erfüllt wurde, kommt nur die 3 Jährige Frist zum Tragen.

Manannan
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Beitrag von Manannan » 23.05.2015, 20:35

§ 167 Abs 2 Z 2 StGB letzten Satz lesen!

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 23.05.2015, 21:13

Verjährung und Tätige Reue sind zwei verschiedene Strafaufhebungsgründe, die nichts miteinander zu tun haben. Die Tat ist verjährt. Abs 2 gilt nur, wenn kein anderer Aufhebungsgrund zum Tragen kommt. Ich verstehe Ihre Ansicht nicht.
Zuletzt geändert von lexlegis am 24.05.2015, 13:16, insgesamt 1-mal geändert.

Manannan
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Beitrag von Manannan » 24.05.2015, 12:48

Es schadet nicht, wenn Sie etwas nicht auf Anhieb verstehen. Es geht vielmehr darum, das Recht in der Praxis auch richtig anwenden zu können.

Ein Beispiel:

Jemand begeht 2010 eine Veruntreuung. Diese wird entdeckt und es kommt zu einer Vereinbarung zwischen Täter und Geschädigtem, den Schaden bis 2015 wieder gutzumachen. Aber nach drei Jahren - also 2013 - stellt der Täter die Zahlungen ein. Ihrer Ansicht nach wäre die Strafbarkeit wegen Verjährung erloschen. Das wäre auch korrekt, wenn nicht dieser letzte Satz im § 167 Abs 2 Z 2 "..lebt die Strafbarkeit wieder auf" wäre (vgl zB RS0103979).
Ihre Ansicht, den Schade zivilrechtlich ex delictu geltend zu machen, ist hier ebenso verfehlt! Denn auch hier wäre die Verjährung eingetreten, da Schade und Schädiger bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung (2010) bekannt waren!
Zivilrechtlich kann der Schade (Restzahlung) daher nur mehr aus dem Titelgeschäft der Vereinbarung selbst (ex contractu) eingeklagt werden.

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 24.05.2015, 13:18

@Manannan:

Danke für den Rechtssatz, das wusste ich tatsächlich nicht, macht aber Sinn und ist nachvollziehbar.

Herzlichen Dank für die Auskunft.

Hubert Neubauer
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Beitrag von Hubert Neubauer » 27.05.2015, 08:31

Da der Straftatbestand nicht mit mehr als 1 jahr Strafe bestraft wird, gilt nur die 3 jährige Verjährung und wäre zivilrechtlich verjährt.

MG
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Beitrag von MG » 27.05.2015, 12:22

Meiner Ansicht nach ist strafrechtliche Verjährung eingetreten, das Wiederaufleben daher gar nicht mehr zu prüfen.

Wenn die Strafbarkeitsverjährung eingetreten ist, dann ist der Strafanspruch des Staates erloschen, man spricht auch von der Verfolgungsverjährung. Mit Eintritt dieser liegt ein Strafaufhebungsgrund vor.

Ein Wiederaufleben der Strafbarkeit bei Nichteinhaltung einer Zahlungsvereinbarung kann mM nach nur solange stattfinden, als die Strafbarkeitsverjährung noch nicht eingetreten ist.

Auch in §58 StGB gibt es keinen Fall, der eine Verlängerung der Verjährungsfrist im Hinblick auf §167 StGB normieren würde.

Und was die zivilrechtliche Seite anbelangt, so wäre ich dort der Ansicht, dass aufgrund des wohl stattgefundenen ANERKENNTNISSES zu prüfen wäre, wann er dieses abgegeben hat und wann von ihm Teilzahlungen, die ebenfalls Anerkenntnischarakter haben, geleistet wurden.


Nachsatz zur strafr. Verjährung:
Würde man der anderen Meinung folgen, dann wäre derjenige, der sich gar nicht um Wiedergutmachung (tätige Reue) kümmert, ja besser gestellt, als derjenige, der sich zwar darum bemüht, aber dann die Vereinbarung nicht vollständig einhält.

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 28.05.2015, 12:45

So ähnlich habe ich zuerst auch gedacht, nämlich, dass die beiden Strafaufhebungsgründe nichts miteinander zu tun haben. Das Argument des Kollegen war aber, dass der Täter nicht einfach aus dem Schneider sein kann, wenn er zunächst tätige Reue verübt und sich über einen gewissen Zeitraum verpflichtet den Schaden wiedergutzumachen, dann aber einfach die Verjährungsfrist abwartet und die Zahlungen einstellt.

MG
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Beitrag von MG » 28.05.2015, 16:00

...Ja, der Gedanke hat ja auch was für sich, aber dann müsste 57 (bzw. 58) StGB mM in irgend einer Form darauf Rücksicht nehmen.

So entnehme ich dem Gesetz, dass es (in dem Fall) nach drei Jahren den Staat "nichts mehr angeht", mit oder ohne tätige Reue.

Auf die Schnelle habe ich dazu weder in den Kommentaren noch in Entscheidungen etwas gefunden.

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