Entlassung bei zu spät kommen

Hier werden Fragen zum Arbeitsverhältnis und zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses diskutiert.
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JUSLINE
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Entlassung bei zu spät kommen

Beitrag von JUSLINE » 06.12.2006, 09:30

Hallo,



Wie verhält es sich, wenn ein Angestellter (D1) über einen Zeitraum von 3 Jahren jeden Arbeitstag um 3 Minuten zu spät kommt? Und der Vorgesetzte hat ihn diesbezüglich schon angesprochen, er solle pünktlich erscheinen am Morgen.



Liegt ein Entlassungsgrund vor?



Sind die Paragraphen, die ich hier gefunden habe anzuwenden?



AngG §27 Z4 E4e; AngG §27 Z4 E4f;

Rechtssatz

Von einer beharrlichen Weigerung kann nur dann gesprochen werden,

wenn der Angestellte trotz wiederholter Aufforderung es

geflissentlich verabsäumt, einer sich für ihn aus dem Dienstvertrag

ergebenden Verpflichtung oder einer speziellen gerechtfertigten

Anordnung des Dienstgebers nachzukommen. Daß die Aufforderung oder

Mahnung vom Dienstgeber mit dem Hinweis verbunden würde, daß der

Angestellte im Falle der Unfügsamkeit Entlassung zu gewärtigen habe,

ist nicht erforderlich (betrifft wiederholte Unpünktlichkeit trotz

Mahnung).



viele grüße,

Philipp



PS: Hier geht es um einen BWL-Test 5. HAK und ich bin anderer Meinung wie die Lehrerin, nämlich dass hier eine Entlassung rechtlich möglich ist.




Zauberlehrling2
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RE: Entlassung bei zu spät kommen

Beitrag von Zauberlehrling2 » 08.12.2006, 20:03

Hallo Philipp!



Das Arbeitsrecht ist meist wie ein Gummiparagraph.

Wenn es eine qualifizierte Abmahnung gegeben hat, würde ich mich Deiner Meinung anschließen. Speziell bei Terminarbeiten, (Extremfall Pilot, oder Fließbandarbeit) kann die Verspätung eines Einzelnen, den ganzen Betrieb aufhalten.



Aber: Dazu hat es im Kurier im Jahr 2001 einen Beitrag gegeben:

in etwa. "5 Minuten zu spät kommen muß der Chef tolerieren".

Dazu gibt es auch ein OGH Urteil

Ich weiß jetzt nicht welche Tätigkeit da gemacht wurde.

Falls ich am Montag den Kurier Artikel finde, schreibe ich einen Nachtrag.





Wenn Du eine weitere Meinung einholen willst, ruf die Arbeitsrechtabteilung der Wirtschaftskammer an. Da darfst Du Dich nicht als Schüler "outen", sondern Du bist der Personalsachbearbeiter der Firma XXX der Hilfe benötigt. Du solltest umfassende Info erhalten. Tel. 01 514 50, Abteilung Arbeitsrecht, Kollektivvertrag (z.B. Handel) verlangen, und fragen.

Ebenso könntest Du bei der Arbeitsrechthotline von der Arbeiterkammer Dein Glück versuchen.



Bitte schreib´, wie es ausgegangen ist.

Unter Bedacht auf die verschiedene Dringlichkeit der pünktlichen Arbeitsaufnahme sehe ich beide Möglichkeiten gerechtfertigt.



Wenn Du weitere Steuerfachfragen hast, kannst Du Dich an die Foren der Personalverrechner www.pv-info.at oder http://forum.lindeverlag.at/

oder der Steuerberater wenden. http://www.forum.steuerberater.at/forum/list.php?f=5

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Zauberlehrling2
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RE: Entlassung bei zu spät kommen

Beitrag von Zauberlehrling2 » 09.12.2006, 10:03

Guten Morgen!



Im Buch "Arbeitsrecht für Arbeitgeber" Linde Verlag:



Die Summierung geringfügiger Verstöße kann den Tatbestand der Vertrauensunwürdikgeit erfüllen. Dies gilt für Fehlbeträge in der Kassa ebenso wie für unwahre Angaben. (OGH 8 Ob A 2235/96a)



Beim Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit kommt es nicht nur auf den letzten Vorfall, sondern auf das Gesamtverhalten des Arbeitnehmer innerhalb eines längeren Zeitraums an.

(OGH 8 Ob A 228/95, 9 Ob A 129/99)



Zu meinem ersten Beitrag habe ich auch die Bestätigung:

Eine Entlassung wäre gerechtfertigt, wenn eine Störung des Arbeitsablauf eingetreten ist.

Zitat:

"Tritt eine Störung des Arbeitsablaufs durch die Abwesenheit des AN nicht ein, so müsste der AG darlegen, warum die Weiterbeschäftigung des entlassenen AN - objektiv gesehen - nicht mehr zumutbar ist.

(OGH 9 Ob A 94/92)



... Die eingangs erwähnte schuldhafte Nichteinhaltung der Arbeitszeit ist dann erheblich, wenn ihr nach der Dauer der versäumten Arbeitszeit, nach der Bedeutung der versäumten Arbeitstätigkeiten oder anderer betrieblicher Nachteile ein besonderes Gewicht beizumessen ist (Arb 10.270, 10.449, 10521) Dabei ist stets auf die besonderen Umstände des konkreten Einzelfalls abzustellen. (Arb 10.649, OGH 9 ObA 94/92)



Dazu gibt es im Buch 3 Seiten Literatur.



............



In Deinem Fall geht aus der Angabe keine klare Info betr. der Bedeutung der Fehlzeit hervor.

Wenn der Vorgesetzte dies bisher gedultet hat, kann die Fehlzeit nicht so wichtig gewesen sein. Nur ein qualifiziertes Abmahnen kann den Entlassungsgrund begründen.



Eine Folgefrage ergibt sich:

Sind die permanenten Fehlzeiten beim Gehalt abgezogen worden?

Z.B. 40 Wochenstunden laut Dienstvertrag, 39,75 Stunden wöchentlich tatsächlich. (auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld vermindert?)

Der Mitarbeiter ist nun vielleicht keine Vollzeit- sondern nur mehr eine Teilzeitkraft.

Manche Kollektivverträge bestimmen die Sonderzahlungen mit dem Durchschnitt der Normalarbeitszeit der letzten 13 Wochen. Wenn der Gehalt (wegen Fehlzeiten) im Zeitraum geringer war, dann auch eine Kürzung der Sonderzahlungen.

Ebenso Berechnungs des Urlaubsentgelts nach dem Generalkollektivvertrag (13 Wo. Schnitt)



Gesetze und Judikatur unter:

http://www.ris.bka.gv.at/



Schönes Wochenende!











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