Definition "Normalarbeitszeit" und Überstunden

Hier werden Fragen zum Arbeitsverhältnis und zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses diskutiert.
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Himpi
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Definition "Normalarbeitszeit" und Überstunden

Beitrag von Himpi » 29.01.2021, 21:04

Hallo liebe Community,

ich bin Betriebsratsvorsitzender und Zentralbetriebsrat in einem recht großen Unternehmen und wir haben unserem Unternehmen gerade den Entwurf einer neuen Betriebsvereinbarung Arbeitszeit vorgelegt. Die "alte" war eine ganze Weile nur eine mini-BV mit den wichtigsten Eckpunkten und immer nur befristet vereinbart, weil wir eine neue "große" erarbeiten wollten. Jetzt haben wir dem Unternehmen bereits im Mai einen kompletten Entwurf vorgelegt und mittlerweile kommen wir uns auch tatsächlich näher. Es gibt aber einen Punkt der uns sehr auf dem Herzen liegt, vom Unternehmen aber abgeschmettert wird. Ich möchte das mal kurz erklären:

Wir sind ein Handelsbetrieb mit allen üblichen Positionen und so haben wir sowohl MitarbeiterInnen mit einer Fünf-Tage-Woche (üblicher Weise in der Logistik, in der Instore-Logistik, Zentrale, VM, usw.) aber auch MitarbeiterInnen mit einer Sechs-Tage-Woche (üblicher Weise im Verkauf). Grundsätzlich und unstrittig ist, dass wir unabhängig von der Fünf- oder Sechs-Tage-Woche, die Arbeitszeit auf maximal fünf Tage verteilen. Der einzige Unterschied ist jetzt der, dass wir bei der Fünf-Tage-Woche auf Montag bis Freitag verteilen, bei der Sechs-Tage-Woche ist es aber auch mal nach der üblichen Samstagsregelung gemäß KV auch mal der Samstag. Dafür ist dann halt der Mittwoch frei. Aber bleiben wir jetzt mal bei den Kolleginnen und Kollegen mit der 5-Tage-Woche.

Hier wird also unstrittig vereinbart, dass die Normalarbeitszeit auf Montag bis Freitag verteilt wird. Jetzt gibt es aber z.B. gerade in der Logistik Zeiten, in denen so viel Ware bearbeitet werden muss, dass ein zusätzlicher sechster Arbeitstag am Samstag angesetzt werden muss. Dieser Samstag ist grundsätzlich freiwillig und im einvernehmen mit den örtlichen Betriebsräten abgestimmt. Genau für solche Fälle haben wir jetzt den Passus "Arbeiten an diesem zusätzlichen Samstag als sechster Arbeitstag sind grundsätzlich als Überstunde zu bewerten und gemäß §10 AZG mit 50% Zuschlag zu bewerten...".

Wir sehen das jetzt nicht nur als Bonus, sondern eigentlich auch als Rechtsanspruch, da sich dieser zusätzliche Samstag grundsätzlich außerhalb der definierten Normalarbeitszeit (Montag bis Freitag) befindet. Jetzt ist es ja ohnehin idR so, dass zumindest die VZ-MA's sowieso im Überstundenbereich sind, da sie bereits über 40 Stunden kommen - sie haben ja schon fünf Tage VZ gearbeitet. Wir haben aber auch TZ-MA's, die auf Grund ihrer z.B. ETZ noch nicht über 40 Stunden kommen und denen entgeht dann hier dieser Zuschlag.

Natürlich alles was der BR extra will, will meistens der Arbeitgeber nicht :-) so ist das Geschäft, aber er widerspricht uns hier nicht dahingehend, weil der Samstag unserer Meinung nach außerhalb der vereinbarten Normalarbeitszeit liegt, sondern er zählt diesen Tag deswegen zur Normalarbeitszeit, weil er ja mit dem Mitarbeiter freiwillig neu vereinbart wird und somit dann zur Normalarbeitszeit gezählt werden muss. Somit gibt uns der Arbeitgeber schon indirekt Recht, argumentiert sich aber raus.

An diesem Punkt gilt jedoch noch zu erwähnen, dass diese zusätzlichen Samstage immer nur recht kurzfristig mit den MitarbeiterInnen "vereinbart" werden kann - üblicher Weise Mittwochs für den folgenden Samstag. Das bedeutet, dass diese Vereinbarung, auch wenn sie vom Mitarbeiter freiwillig getroffen wird, nicht mindestens 14 Tage im Voraus vereinbart wird.

Aus diesem Grund, und auf Grund der Tatsache, dass ohne diesen zusätzlichen Einsatz die Ware nicht rechtzeitig in die Verkaufsstellen kommt, könnte der Arbeitgeber das ja allein aus Dankbarkeit gewähren, aber jetzt rein rechtlich: Wie seht ihr das? Haben wir hier nicht ohnehin einen Rechtsanspruch auf den Überstundenzuschlag (unabhängig der 40 Stunden Regel) oder liegen wir hier meilenweit daneben?

Besten Dank im Voraus für eure Feedbacks und GLG
Euer Himpi :-)



alles2
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Re: Definition "Normalarbeitszeit" und Überstunden

Beitrag von alles2 » 30.01.2021, 03:35

Bei Teilzeitbeschäftigten liegt alles zwischen den arbeitsvertraglich vereinbarten Normalarbeitszeit von meist 20 Wochenstunden und der gesetzlichen Normalarbeitszeit von idR 40 Wochenstunden die Mehrarbeit vor, bei der jede Stunde nach § 19d (3a) AZG ein gesetzlicher Zuschlag idH von 25 % entsteht. Alles über das gesetzliche Normalarbeitszeitausmaß hinaus gilt als Überstunden, die wie bereits von Dir erwähnt vergütet werden.

Ist man als Arbeitnehmer im Großhandel beschäftigt, endet die Normalarbeitszeit an Samstagen entsprechend § 3 ARG (Arbeitsruhegesetz) um 13 Uhr. Jede weitere Zeit danach kann mit 50 % abgegolten werden, wobei das ÖZG (Öffnungszeitengesetz) bzw. auch die Öffnungszeitenverordnung des Landeshauptmannes zu berücksichtigen wäre.
Die Verteilung der Wochenstunden ist klarerweise Vereinbarungssache. Dabei kann man davon nach § 4 AZG durchaus abweichen. Selbst wenn mal mehr Arbeit anfällt, wobei dann in Eurem Fall § 12b ARG zu beachten ist.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

Himpi
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Re: Definition "Normalarbeitszeit" und Überstunden

Beitrag von Himpi » 30.01.2021, 05:43

Hallo alles2,

danke für die Rückmeldung aber soweit ist ja eh alles klar. Das ist erst mal das Gesetz, aber in der BV wird vereinbart, die Normalarbeitszeit auf maximal Montag bis Freitag zu verteilen. Damit entsteht objektiv betrachtet eine günstigere Regelung, die die gesetzliche Regelung ablösen kann (Günstigkeitsprinzip). Somit endet die Normalarbeitszeit Freitags und dadurch wird jede Stunde am Samstag zur Überstunde, weil sie nicht mehr in der Vereinbarten Normalarbeitszeit liegt. Aber ist das auch so?

alles2
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Re: Definition "Normalarbeitszeit" und Überstunden

Beitrag von alles2 » 30.01.2021, 11:06

Du möchtest Dich nach der rechtlichen Lage erkundigen, auf die ich Dich dann hingewiesen habe. Wenn Ihr darüber hinaus aus Dankbarkeit etwas haben wollt, ist das Vereinbarungssache. Überstunden können gesetzlich nur geltend gemacht werden, wenn es die Kriterien nach § 6 AZG (Arbeitszeitgesetz) erfüllt oder wenn der Kollektivvertrag darüber hinaus noch was hergibt.
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Himpi
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Re: Definition "Normalarbeitszeit" und Überstunden

Beitrag von Himpi » 30.01.2021, 11:35

Nein - ich habe vielleicht zu weit ausgeholt. Das Gesetz und auch der Kollektivvertrag sind mir schon sehr gut bekannt. Die Frage ist: Wenn alles außerhalb der Normalarbeitszeit als Überstunde zu bewerten ist, ist es dann auch als eine solche zu bewerten, wenn die Normalarbeitszeit bei einer 5-Tage-Woche per Vereinbarung Freitags um 17 Uhr endet?

Der angesprochene Samstag ist zwar kraft Gesetz u.U. (vor allem bei TeilzeitmitarbeiterInnen) schon noch im Rahmen der Normalarbeitszeit (weil nicht über 9 Stunden pro Tag [KV Handelsangestellte] und nicht über 40 Stunden in der Woche), aber gemäß Vereinbarung schon. Deswegen die Frage nach dem Günstigkeitsprinzip, da die BV hier gegenüber dem Gesetz eine günstigere Regelung für die MitarbeiterInnen definiert. Oder ist die BV, was diesen Punkt betrifft, hinfällig, und schlägt nicht das AZG, bzw. den KV?

alles2
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Re: Definition "Normalarbeitszeit" und Überstunden

Beitrag von alles2 » 30.01.2021, 15:16

Hinsichtlich gesetzlich definierte Überstunden gilt für Teilzeitbeschäftigte dasselbe wie bei Vollzeitbeschäftigte. Arbeitet jemand außerhalb der Betriebsvereinbarung und überschreitet man dabei nicht die gesetzliche Normalarbeitszeit, liegen nach meinem Verständnis unter rechtlichen Aspekten keine Überstunden vor. Was man innerhalb des Betriebes vereinbart und ob man es als "Überstunde" bezeichnet, wäre intern zu klären. Nur wird man schwer etwas einfordern können, was einem rechtlich nicht zusteht. Außer man wird sich einig, klar. Daher kann ich aktuell keine konkurrierende Rechtsnormen erkennen, bei der das Günstigkeitsprinzip anzuwenden wäre. Was anderes wäre es für mich, wenn die Betriebsvereinbarung z.B. bereits enthalten würde, dass Samstags nicht gearbeitet werden darf (obwohl theoretisch möglich), während es rechtlich dahingehend keine Schranken gäbe und vorschreiben würde, dass - falls nicht anders möglich - auf einen Samstag auszuweichen wäre. Dann könnten wir die Beurteilung des Günstigkeitsvergleiches vornehmen.

Mag sein, dass ich noch immer auf der Leitung stehe und das Feedback für Dich unzufriedenstellend ist. Alternativ kann ich daher die Kontaktaufnahme mit der Betriebsratberatung der AK (Kompetenzzentrum "Betriebliche Interessenvertretung") empfehlen und wäre Dir äußerst verbunden, sollte dabei etwas Sachdienliches zu Tage gebracht werden, was hier bisher unberücksichtigt geblieben ist.
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