Strafzettel bei Autopanne?

Forum betreffend Strafmandate im Straßenverkehr, die Beurteilung von Verkehrsunfällen, die Höhe von Schmerzensgeld, usw.
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BatLB
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Strafzettel bei Autopanne?

Beitrag von BatLB » 21.04.2015, 15:08

Hallo liebe Freunde!

Gestern in der Früh auf dem Weg zur Arbeit ist mein Auto in der Vorgartenstraße in Wien liegen geblieben - Öldruckwarnleuchte an, Fahrzeug sofort abgestellt. Der sofort gerufene ÖAMTC Techniker konnte nichts machen und organisierte sofort einen Abschleppdienst. Er schrieb mir einen Zettel, dass sich um die sofortige Abschleppung gekümmert wurde und das Fahrzeug auf den Abschlepper wartet. Darauf ein Zeitstempel mit 9:30 und die Unterschrift des ÖAMTC Fahrers sowie ÖAMTC Stempel.

Um 10:28 bekam das Fahrzeug dann einen Strafzettel - Kurz danach wurde es abgeschleppt, vom angeforderten Abschleppdienst. Zu diesem Zeitpunkt war ich nicht mehr beim Fahrzeug sondern habe den restlichen Arbeitsweg zu Fuß zurückgelegt.

Ist dieser Strafzettel anfechtbar? Immerhin habe ich dort ja nicht parken wollen o.ä. sondern musste das Fahrzeug notgedrungen dort stehen lassen - Ist 1 Stunde zu lang um eine Abschleppung anzufordern?

Ich hörte, ich kann den Strafzettel erst anfechten wenn es sich um eine Strafverfügung handelt. Wie sinnvoll ist es hier auf diese zu warten und den langen Weg vor Gericht einzuschlagen? Habe ich Chancen auf eine Straferlassung?

Sowas ist ärgerlich genug, ohne 40 Euro Parkstrafen ....



lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 22.04.2015, 10:34

In diesem Fall wird Ihnen eine Verwaltungsübertretung zur Last gelegt. Im Verwaltungsstrafrecht gilt, wie im Strafrecht der Grundsatz „Keine Strafe ohne Schuld“. Ein Verschulden liegt bei vorsätzlichem oder zumindest fahrlässigem Verhalten vor. Sofern für die Verwirklichung einer Tat keine besonderen Umstände vorliegen müssen (Eintritt von Gefahr für Leib, Leben USW) wird vermutet, dass der „Täter“, der objektiv eine Verwaltungsübertretung begangen hat, zumindest fahrlässig gehandelt hat (wenn er sich nicht freibeweist) siehe § 5 VStG. Aufgrund der Umstände (Autopanne, Stress um rechtzeitig zur Arbeit zu kommen) kann Ihnen hier meines Erachtens kein Verschulden angelastet werden, daher darf es auch zu keiner Strafe kommen. Freibeweisen können Sie sich durch die Belege des ÖAMTC. Dass echter Notstand gemäß § 6 VStG vorlag wage ich eher zu bezweifeln, zumal hier eine Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit vorliegen müsste.

Eine weitere Argumentation wäre, dass es sich laut StVO nicht um ein „Parken“ (bewusstes stehenlassen eines Fahrzeuges), sondern um ( notgedrungenes) „Anhalten“ nach § 2 Abs 1 Z 26 StVO handelte. Anhalten ist leg cit ein durch wichtige Umstände erzwungenes Zum-Stillstand-Bringen eines Fahrzeuges, was auf Ihren Sachverhalt zutrifft. Demnach kann von parken keine Rede sein, weshalb der Strafzettel nicht gerechtfertigt ist.

https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... worte=park*

Viel Erfolg!

Mit freundlichen Grüßen
lexlegis

Hubert Neubauer
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Beitrag von Hubert Neubauer » 22.04.2015, 12:18

lexlegis hat geschrieben: Dass echter Notstand gemäß § 6 VStG vorlag wage ich eher zu bezweifeln, zumal hier eine Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit vorliegen müsste.
Das ist unrichtig. Sie verwechseln hier Notstand mit Notwehr.

Aber das zitierte Erkenntnis wird wohl weiterhelfen.

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 22.04.2015, 12:44

Unter Notstand im Sinne des § 6 VStG wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. Es muß sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln (vergleiche VwGH 89/03/0293).

Ich denke so unrichtig war das nicht Herr Kollege ;)

Vielleicht etwas unvollständig, da Vermögen und Freiheit nicht zitiert wurden.

Die Rechtsgüter sind § 3 StGB sehr ähnlich.

https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... Suchworte=

BatLB
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Beitrag von BatLB » 22.04.2015, 13:12

Hallo!

Vielen Dank für diese ausführliche Antwort. Ich hatte etwas Angst, diesen langen und beschwerlichen Weg bis vors Gericht einzuschlagen, da aus diesen 36 Euro ja schnell über 100 werden können - Aber Sie haben mir Mut gemacht, dass es eventuell Sinn macht sich nicht dieser Strafe zu ergeben und einfach einzuzahlen.


Ich werde dann erst einmal die Strafverfügung abwarten und Einspruch erheben. Was danach passiert müssen wir erst einmal abwarten.

Problematisch für mich ist, dass ich ab Juni für 6 Monate in Südkorea bin, was es mir erschweren dürfte Rechtsmittel einzulegen. Ich werde es trotzdem versuchen und Verwandte bitten, meine Post entgegen zu nehmen, damit ich diesen Einspruch von Korea aus einlegen kann.

Vielen Vielen Dank nochmal !

schanzenpeter
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Strafverfügung eigenhändig

Beitrag von schanzenpeter » 22.04.2015, 18:38

Achtung! Strafverfügung kommt oft eigenhändig, die Hinterlegung gilt als Zustellung und die Einspruchsfrist läuft!

BatLB
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Beitrag von BatLB » 24.04.2015, 11:53

Zulassungshalter ist meine Mutter, die Strafverfügung geht insofern sowieso an sie. Wir werden im Einspruch allerdings angeben müssen wer gefahren ist, denke ich - Dies sollte sie aber auch können während ich in Südkorea bin.

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