Österreich: Straferkenntnis aus 2003 für Firmenkfz

Forum betreffend Strafmandate im Straßenverkehr, die Beurteilung von Verkehrsunfällen, die Höhe von Schmerzensgeld, usw.
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JUSLINE
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Österreich: Straferkenntnis aus 2003 für Firmenkfz

Beitrag von JUSLINE » 08.07.2005, 08:24

Hallo,



als deutscher Bürger habe ich eine ein Verfahren aus Österreich am Hals, bei dem ich euch um eure Einschätzung bitte:



Mein (deutsches) Fahrzeug wurde im Februar 2003 bei Salzburg von hinten geblitzt. Da es sich bei diesem Fahrzeug um einen Firmenwagen handelte, wurde an meine Firma (in D) eine Lenkererhebung gesendet. Meine Firma hat angegeben, dass ich der Lenker gewesen sei, denn das Fahrzeug war mir im fraglichen Zeitraum zur dauerhaften Nutzung überlassen. Im Juli 2003 habe ich eine Strafverfügung erhalten, gegen die ich Einspruch erhoben habe, da ich der Auffassung bin, die besagte Tat nicht begangen zu haben. Als "prompte" Reaktion wurden mir im Juni 2004 Beweisfotos zugestellt, auf denen mein Firmenfahrzeug von hinten zu sehen war. Zusammen mit den Beweisfotos kam eine sog. "Rechtfertigungsaufforderung". Dieser Aufforderung habe ich fristgerecht Folge geleistet., und erwidert, dass auf den Fotos kein Fahrer zu erkennen sei, und dadurch keine Klärung des Fahrers herbeigeführt werden kann, und habe nochmals betont, der Auffassung zu sein, das Vergehen nicht begangen zu haben. Heute (Juli 2005) bekomme ich erneut eine Formelle Zustellung des Regierungspräsidiums Freiburg (Amtshilfe deutscher Behörden, die haben mir auch die vorangegangenen Schreiben zugestellt) mit einer Straferkenntnis der Österreicher.



Nun bewegen mich folgende Fragen:

- Soll ich gegen die Straferkenntnis Einspruch erheben? Falls ja, mit welcher Begründung? Verjährung?



- habe ich zu befürchten, dass die Straferkenntnis auch von den deutschen Behörden vollstreckt wird? Zwar wurde die Lenkererhebung von meiner Firma erbracht, allerdings bin ich wie gesagt der Auffassung, die Tat nicht begangen zu haben.



Danke für eurer Hilfe!!




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JUSLINE
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RE: Lenkerauskunftspflicht Paragraf 103 Abs. 2 KFG

Beitrag von JUSLINE » 10.07.2005, 16:19

Hallo zusammen,



ich möchte hier als Hilfestellung meine eigenen Erfahrungen mit der österreichischen Lenkerauskunftspflicht nach Paragraf 103 Abs. 2 KFG darstellen.

Aufgrund eines angeblichen Überholvorgangs im Überholverbot auf der A10, im Juli 2002, wurde mir im September 2002 eine Strafverfügung über 72€ zugesandt. Weil es für mich nicht nachvollziehbar war, wer von meiner Familie auf dieser Urlaubsreise, zu diesem Zeitpunkt, gefahren ist, habe ich dagegen Einspruch erhoben. Daraufhin wurde mir im Oktober 2002 eine Lenkererhebung zugesandt, die ich mit der Bitte um Beweismaterial zur Identifizierung des Fahrers beantwortet habe. Im November 2002 bekam ich dann eine Strafverfügung über 80€, Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden, wegen Verweigerung der Lenkerauskunft nach Paragraf 103 (2) Kraftfahrtgesetz. Diese habe ich mit einer erneuten Bitte um Beweismaterial abgetan. Im November 2003 wurde mir dann eine Straferkenntnis 88€, Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden, zugesandt, gegen die ich wiederum Einspruch erhoben habe. Nun wurde mir im Dezember 2003 schriftlich mitgeteilt, dass eine öffentliche Verhandlung in Salzburg im März 2004 gegen mich stattfindet. Dem zuständigen Senatsmitglied habe ich anschließend telefonisch den Sachverhalt erklärt und im meine begrenzten Mittel zu Aufklärung dargestellt. Natürlich bin ich nicht zur Verhandlung in Salzburg erschienen und habe dann auch prompt im März 2004 eine erneute Straferkenntnis 104€, Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden, bekommen. Da es mir nun zu dumm wurde und ich auf verschiedenen Internetseiten (ADAC usw.) gelesen habe, das Strafverfügungen wegen Nichtbenennung des Fahrzeuglenkers nach Paragraf 103 Abs 2 in Deutschland nicht vollstreckt werden, habe ich auf dieses Schreiben und auf die folgende Mahnung im November 2004, in dem die Einschaltung des Exikutivkomandos angedroht wurde, nicht mehr geantwortet. Nun bekam ich im Juni 2005 eine Vollstreckungsankündigung meiner Heimatgemeinde bzw. Gemeindekasse. Nach einem intensiven persönlichen Gespräch, sollte die Vollstreckung trotzdem durchgeführt werden. Nun bin ich nach intensiver Recherche auf die Internetseite http://www.anwaltverein.de/03/03/99/v2_99.html gestoßen und habe erfahren welche Innenminister angeordnet haben in o. g. Fällen keine Vollstreckung mehr durchzuführen. Es war dann ein leichtes über das Niedersächsische Innenministerium herauszufinden, das ein entsprechender Runderlass im Niedersäsischen Ministerialblatt vom 19.06.1997, Seite 1095, VORIS20210030000003, existiert. Nachdem ich meine Gemeinde in schriftlicher Form und mit diesen Hinweis um nochmalige Prüfung des Falls gebeten habe, wurde mir mitgeteilt das die Vollstreckung nicht durchgeführt wird und den österreichischen Behörden die Verwaltungshilfe wegen Artikel 4 Abs. 1, im Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom 31.05.1988 (BGBL 1990 II S. 357), abgelehnt wird!!!

Abschließend möchte ich noch drauf hinweisen das es mir nicht ums Geld ging, es hat tatsächlich kein bewußtes Überholen im Überholverbot stattgefunden. Wenn ich eine Geschwindigkeitsübertretung begangen hätte, hätte ich dazu gestanden und nicht soviel Zeit und Energie aufgebracht.

Ich hoffe das ich mit diesen Zeilen möglichst viele Verkehrsteilnehmer, die sich ähnlich ungerecht durch die österreichischen Behörden behandelt fühlen, helfen kann!



Gruß Malle


MEMIL
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RE: Lenkerauskunftspflicht Paragraf 103 Abs. 2 KFG

Beitrag von MEMIL » 18.09.2005, 16:07

Ich freue mich für dich, dass du mit einem blauen Auge (die Schererei mit den Briefen) davon gekommen bist. Jedoch, eine Lenkerausforschung (daraus die Auskunftpflicht), nach österreichischem Recht, ist eine einseitige Amtshandlung, die nicht in Frage gestellt werden darf. Es handelt sich dabei um keine Streit zwischen Behörde und Autofahrer, sondern um eine einseitige amtliche Erhebung, zu der man erst später einbezogen wird. Solang nicht dazu kommt, herrscht die „mir san mir“ Mentalität („wir sind wir“) und die Strafverfügungen flattern nacheinander vor die Tür. Aber ich unterschreibe sonst jedes Wort in deinen Beitrag (mit uns Österreicher geht es ja nicht besser).

Schönen Gruß,

MEMIL


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