220€-Abmahn-Schocker für falsch geklebte 10-Tages-Vignette

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pcv55
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220€-Abmahn-Schocker für falsch geklebte 10-Tages-Vignette

Beitrag von pcv55 » 26.06.2012, 10:57

Ich fahre schon seit zig Jahren ein bis zweimal im Jahr nach oder durch Österreich auf einen Kurzurlaub und kaufe mir jeweils an der letzten deutschen Autobahntankstelle das 10-Tages-Pickerl, das ich dann immer vorne rechts an die Frontscheibe - und seit ich vor 5 Jahren einen C4 Citroen fahre und die Stelle nur schwer zu erreichen ist - auf das danebenliegende Seitenfenster klebe. Ich hätte wohl doch das Kleingedruckte vorher lesen sollen, denn jetzt kam der Schock mit einer Straferkenntnis über 300€ und einem ASFINAG Frontfoto, auf dem die Vignette nur als Reflektion erahnt werden kann.

Hier in Deutschland habe ich in meinem ganzen Leben als höchste Strafe 100€ für eine Geschwindigkeitsübertretung von 30 kmh bezahlt.
Da erscheinen mir 220€ für eine Unachtsamkeit beim Kleben der Vignette schon eher als Wegelagerer und Raubritter Mentalität. Dafür kann ich über zwanzig Jahre Pickerl kaufen.
Die 220€ kamen übrigends zustande, nachdem ich erst Einspruch auf eine Straferkenntnis über 300€ eingereicht hatte, der abgwiesen wurde mit einer Erhöhung der Strafe auf 330€, worauf ich dann mit ausführlichem Brief Berufung eingelegt hatte. Die Gelegenheit eine Ersatzmaut zu leisten, wurde mir nie gegeben - das gibts wahrscheinlich nur für Einheimische. In der Berufungserkenntnis hieß es dann:

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Der Beschuldigte ist Tirol weit unbescholten. Er hat jedenfalls eine 10-Tagesvignette für den hier in Frage kommenden Zeitraum gekauft und am Fahrzeug, wenngleich nicht an der richtigen Stelle, angebracht (siehe dazu die unbedenklichen Beweismittel des Beschuldigten, insb. die Fotografien der Vignette mit entsprechender Lochung). Ein auf der unrichtigen Anbringung der Vignette aufbauender Missbrauch (z.B. Weitergabe der Vignette an andere Fahrzeuglenker) ist im gegenständlichen Fall auszuschließen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist daher eine Abmahnung ausreichend, um den unbescholtenen Beschuldigten in Zukunft von derartigen strafbaren Handlungen abzuhalten.
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an anderer Stellung in der Berufungserkenntnis wird dann erklärt, was unter Abmahnung verstanden wird:

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Rechtsmittelbelehrung: gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung die Beschwerde an den Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof in Wien, Judenplatz 11, 1010 Wien, erhoben werden.
Diese ist durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen.

Spätestens im Zeitpunkt der Überreichung ist eine Gebühr von Euro 220 durch Einzahlung mit Erlagschein auf das Konto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrststeuern und Glücksspiel in Wien unter Angabe des Verwendungszweckes zu entrichten. (§ 17a VfGG, § 24 WwGG)
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Für mich ist das eine geringfügige Veringerung der Strafe, aber keine Abmahnung. Dieser Vorfall wird mir sicherlich auch ohne Mahngebühr über 220€ mein restliches Leben in Erinnerung bleiben und mich davor bewahren die gleiche Unachtsamkeit nochmals zu begehen. Gegen die Macht des Staates, der vorgibt was Recht ist, werde ich da wenig ausrichten können, auch wenn er mir täglich sagt, wie frei ich sei.

Eigentlich hätte ich aber gedacht, dass unsere technisch fortgeschrittene Gesellschaft fähig sein sollte, humane Systeme zu bauen, die uns helfen unsere menschlichen Unzulänglichkeiten zu überwinden, statt sie sichtbar zu machen und zu bestrafen? Aber so weit sind wir wohl noch nicht.



pcv55
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Ich muss doch nichts bezahlen

Beitrag von pcv55 » 26.06.2012, 15:14

Ich habe jetzt gerade direkt beim Verfasser der Berufungsserkenntnis in Innsbruck angerufen und er hat mir erklärt, ich müsse nichts bezahlen - die Gebühr über die 220 EUR sei nur zu entrichten, wenn ich damit nicht einverstanden bin (dass ich nix zahlen muss). Das ist eben das Beamtendeutsch.

Mein Weltbild ist wieder in Ordnung und ihr Öschis könnt ja doch ganz nett sein. :lol:

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