Kein Mietvertrag - Rechte? Leerstand?

Forum für Rechtsfragen bei Abschluß eines Mietvertrages, Beendigung eines Mietverhältnisses, usw.
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Dani_R
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Kein Mietvertrag - Rechte? Leerstand?

Beitrag von Dani_R » 13.07.2016, 13:06

Liebes Forum,

folgende Situation: wir sind 2 Studentinnen und haben in Wien eine Wohnung gemietet (ursprünglich zu dritt), ohne Mietvertrag. Die Vermieterin meinte, sie macht sowas nie und sie möchte nicht, dass wir uns anmelden, deswegen etwas günstiger - natürlich haben wir uns gedacht, dass hat für sie "steuerschonende" Hintergründe, aber als Student haben wir uns halt auf den ganz günstigen Deal eingelassen, man spart ja wo man kann - etwas naiv das stimmt, aber so ist es nunmal jetzt.

Unsere dritte Mitbewohnerin ist jetzt plötzlich ausgezogen (Job im Ausland), Kündigungsfrist hatten wir ja keine mangels Vertrag. Wir zahlen 900€ zu dritt, also jeder 300. Ansprechpartnerin war immer ich für die Vermieterin, sie kümmert sich absolut um nichts (sie interessiert es nichtmal wer die beiden anderen Zimmer hat - letztes Jahr hat sie zB 700€ Nachzahlung BK gefordert für die letzten 3 Jahre, wir wohnen erst 2 da und mussten uns dann auch darum kümmern dass selbst von denen davor einzutreiben), hauptsache ihr Geld landet am Monatsbeginn am Konto.
Jetzt haben wir das mit dem Auszug der Vermieterin mitgeteilt, sie meinte dass ist nicht ihr Problem, ich muss mich um den Leerstand kümmern (da ich "Hauptmieterin" sei und sie die beiden anderen nichtmal kenne) und jemand neues finden, die Miete muss am 1. pünktlich am Konto sein (also muss ich es vorschießen, wir finden jetzt in den Ferien sicher keine neue Bewohnerin, erst im September schätz ich jetzt mal).

Wie ist hier die rechtliche Situation einzustufen? Kann sie uns raushauen wenn ich ihr weniger Miete überweise, solange wir keinen dritten Bewohner haben?
Soweit ich das aus Recherche jetzt verstanden habe, haben wir einen mündlichen Mietvertrag und somit unbefristet. Wir sind halt dort nichtmal gemeldet, der einzige Beweis den ich habe, ist, dass ich der Vermieterin halt seit Jahren immer auf ein Sparbuch von meinem Konto aus jedes Monat die 900€ überweise.
Was würdet ihr mir raten? Soll ich ihr drohen, sie ans Finanzamt zu verpfeifen? Mir ist ein gutes Verhältnis eig schon sehr wichtig, allerdings kommt halt von ihrer Seite 0 Unterstützung und ich möchte den Leerstand eigentlich echt nicht übernehmen, auch wenn wir wirklich wenig Miete zahlen..

Danke für eure Hilfe!



lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 13.07.2016, 19:35

siehe unten!
Zuletzt geändert von lexlegis am 13.07.2016, 19:55, insgesamt 1-mal geändert.

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 13.07.2016, 19:49

Nach weiterer Analyse Ihres Sachverhalts ist anzumerken, dass vermutlich Sie, da Sie alleine den gesamten Mietzins auf das Konto der Vermieterin überweisen, als Hauptmieterin anzusehen sind und daher für den gesamten Mietzins haften.

Dies macht die anderen Mitbewohner, die IHNEN ja das Geld geben, ohne andere Vereinbarung, faktisch zu Untermietern.

So gesehen ist die Vermieterin im Recht. Sie schulden ihr den gesamten Mietzins.

Dani_R
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Beitrag von Dani_R » 14.07.2016, 10:31

Vielen Dank für Ihre rasche Antwort!

Das sind natürlich schlechte Neuigkeiten. Bei der Vermietung (als ich eingezogen bin) haben wir das allerdings so nie besprochen bzw. vereinbart, ich bin als 3. Mädchen eingezogen (die beiden anderen sind mittlerweile schon lange weg und haben mehrmals gewechselt) und habe einfach ein Zimmer gemietet, nie die ganze Wohnung...
Der Umstand, dass wir keinen Mietvertrag haben, nicht angemeldet sein dürfen und die Vermieterin das ganze schwarz abwickelt ändert auch nichts an der Rechtslage?

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 14.07.2016, 12:50

Guten Tag!

Zum Mietvertrag:

Es gibt einen Mietertrag. Ein mündlicher Mietvertrag liegt vor (§§ 861, 883, 1090, 1091 ABGB).

Durch den Umstand, dass sie dort wohnen und regelmäßig einen Mietzins zahlen liegt echte Miete vor.

Ein Prekarium nach § 974 ABGB ist aufgrund der regelmäßigen Überweisung eines Entgeltes für den Gebrauch der Sache ausgeschlossen, da das Entgelt nicht nur die Höhe eines bloßen Antstandsentgeltes hat, sondern als Mietzins zu werten ist.

Zur Haftung:

Ist nur eine von euch Hauptmieterin und sind die anderen als Untermieter anzusehen, haftet der Hauptmieter gegenüber dem Vermieter für den gesamten Mietzins. Wie bereits erwähnt zählen Sie ohne weitere Vereinbarung, da Sie den gesamten Mietpreis an die Vermieterin zahlen eher als Hauptmieterin und die anderen Mitbewohnerinnen, die Ihnen Geld überweisen oder übergeben, als Untermieter.

War die ehemalige Mitbewohnerin als eigenständige Hauptmieterin des Mietobjekts anzusehen, haften die anderen Mieter unter Umständen nicht für deren Mietzins nach einer Kündigung, es sei denn der Mietvertrag sieht eine solidarische Haftung vor.

Wurde keine Haftung zur ungeteilten Hand vereinbart, haftet grundsätzlich jeder für sich (§ 891 ABGB).

Ohne genaue Bestimmungen oder andere Vereinbarungen haftet grundsätzlich immer jeder für sich.

Da kein schriftlicher Vertrag aufliegt, ist anzunehmen, dass jeder bei Vertragsabschluss nur für das haften wollte, wozu er sich verpflichtet hat.
Nicht umsonst ist in nahezu jedem Mietvertrag eine solidarische Haftungsklausel anzufinden, damit genau diese Streitfrage vom Tisch ist.

Dennoch spricht der Umstand, dass Sie die gesamte Miete an die Vermieterin überweisen für die bereits von mir ausgeführten Konstatierungen.

Bei der Auslegung von Verträgen ist gemäß § 914 ABGB stets die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so auszulegen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (wie es eben üblicherweise gemacht wird).

Sie wollen

Einen Mietvertrag bezüglich eines privaten Aufenthaltszimmers, zum Schlafen und zum Lernen und bezüglich einer gemeinsamen Wohnfläche, wie einem Wohnzimmer, einer Küche oder einem Badezimmer. Dass Sie also nur ein Zimmer wollten ist so nicht ganz richtig. Ihr Wille (§ 869 ABGB) bezog sich beim Abschluss des Vertrages auf eine Miete in Bezug auf das eigene private Zimmer und die sich im Mietobjekt befindlichen gemeinsamen Wohnflächen.

Die Vermieterin will

Den gesamten Mietzins für das Mietobjekt immer zum vereinbarten Zeitpunkt auf ihrem Konto, wie das angestellt wird, ist ihr vermutlich herzlich egal. Sie hat Anspruch auf den Mietzins aus dem Mietvertrag. Es ist unwahrscheinlich, dass sie mit jedem Bewohner des Mietobjekts einen eigenen Mietvertrag wollte und somit von jedem extra die Miete bekommt. Ihr Anliegen ist klarerweise, die Überweisung des vollen Mietzinses zum vereinbarten Zeitpunkt.

Da sich die beiden Willenskomponenten offenbar widersprechen ist weiters auf die Ausübung des redlichen Verkehrs zu achten.

Die Ausübung des redlichen Verkehrs orientiert sich zum Teil auch stark an Fakten und dem Willen, den solche Parteien üblicherweise hegen.

Da das Interesse des Vermieters als Gläubiger gegenüber dem Mieter als Schuldner sich in erster Linie auf die Befriedigung seines Anspruches (Mietzins) stützt, ist davon auszugehen, dass er nur mit einem Bewohner des Mietobjekts und nicht mit allen, worunter einige ständig das Mietobjekt wechseln, einen Vertrag wollte. So etwas ist üblich und auch verständlich.

Da im mündlichen Vertrag nichts anderes vereinbart wurde oder nachgewiesen werden kann, bleibt es bei dem Fakt, dass es einen Bewohner gibt (das sind Sie), der immer am vereinbarten Zeitpunkt den vereinbarten Mietzins in voller Höhe auf das Konto der Vermieterin überweist. Dieser Bewohner zahlt für den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache (§ 1090 ABGB leg cit) und ist somit als Mieter des gesamten Mietobjekts anzusehen. Dass sein Wille bei der Bezahlung sich bloß auf das mieten des eigenen privaten Zimmers beziehe, lässt sich aus dieser Handlung nicht ableiten, da jemand, der den gesamten Mietzins entrichtet, logischerweise auch für den Gebrauch des gesamten Mietobjekts und nicht bloß für Teile desselben, zahlt. Aus dieser Handlung ist konkludent (§ 863 ABGB) die (wann auch immer geschehene) Einwilligung geschehen, als Hauptmieter zu gelten. Typisierte Verträge mit typisierten Handlungen, ziehen auch typisierte Rechtswirkungen nach sich.

Konklusion:

Sie sind, da sie den gesamten Mietzins auf das Konto der Vermieterin überweisen und da aus dem mündlichen Vertrag keine anderen Bestimmungen eruiert werden können, als Hauptmieterin anzusehen. In diese Stellung rückten sie ab dem Zeitpunkt, wo Sie begannen von Ihrem Sparbuch den gesamten Mietzins zu entrichten. Daraus lässt sich eine konkludente Einwilligung, als Hauptmieterin gelten zu wollen, ableiten.

Die anderen Bewohner desselben Mietobjekts sind, da diese Ihnen das Geld übergeben, faktisch als Untermieter anzusehen.

Sollte das Mietverhältnis in den Anwendungsbereich des MRG fallen (siehe § 1 MRG), genießt ihr vollen Kündigungsschutz nach §§ 30, 33 MRG.

Wenn nicht gelten die Kündigungsbestimmungen des § 1116 ABGB (14 tägige Frist).

Ganz wichtig in Zukunft:

Wenn einer vor Ende eines Vertrages auszieht, ist allein aus freundschaftlichen Gründen immer ein Nachmieter zu suchen, damit die zurückbleibenden Mieter nicht den vollen Mietzins tragen müssen.

MfG
lexlegis

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