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Kein Mietvertrag, Räumungsklage?

Verfasst: 21.07.2024, 11:15
von Fragender107
Guten Tag,

zu meinem Sachverhalt:
ich habe vor 10 Jahren nach dem Tod meiner Eltern mein Elternhaus geerbt. Das Haus besitzt zwei Wohneinheiten.
In der einen lebten meine Eltern in der anderen mein Großvater, der ein grundbücherlich eingetragenes Wohnrecht auf der Einheit besaß. In besagter Wohneinheit lebte der Großvater gemeinsam mit seiner Tochter, welche keiner geregelten Arbeit nachging. Das Verhältnis mit den Beiden war immer schwierig, da sie mich als Besitzer nie akzeptiert haben. Mein Großvater ist vor einem halben Jahr verstorben. Was geblieben ist, ist die arbeitslose Tante, welche nach dem Tod meines Großvaters ohne Einkommen dastand. Sie ist mit allen im Ort zerstritten und lebt in ihrer eigenen zurückgezogenen Welt. Die Nachbarn machen einen großen Bogen um unser Haus, da sie ihren ständigen Beschimpfungen ausgesetzt sind. Sie bezieht derzeit Sozialhilfe weigert sich aber auszuziehen. Ein Wohnrecht hat sie nicht. Noch dazu kommt, dass sie die Räumlichkeiten stark verunreinigt und auch derzeit 8 Katzen ohne meine Einwilligung hält.
Da ich zu Jahresende mit meiner Familie die Wohneinheit meiner Eltern beziehen will, wollen wir endlich eine Lösung, da ein Zusammenleben nicht tragbar ist.

Meine Frage lautet nun:

Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich als Besitzer die Tante aus der Wohneinheit zu bekommen? Gibt es hier nur die Möglichkeit einer Räumungsklage oder kann ich hier vom Hausrecht Gebrauch machen, da ja kein Mietverhältnis besteht ? Sie hat weder ein Wohnrecht noch zahlt sie Miete. Gewisse Kosten wie Strom, Müllgebühren etc. werden derzeit sogar von mir gezahlt.

Ich danke im Voraus für die Antworten.

Mit freundlichen Grüßen

Re: Kein Mietvertrag, Räumungsklage?

Verfasst: 21.07.2024, 23:13
von alles2
Sie wird dort vermutlich nicht schon rund 30 Jahre gelebt haben. Zu klären wäre auch, wer das Meldezettelformular mitunterfertigt hatte bzw. ob sie nun titellos ist. Oder ob das Servitut des Opas als Wohnungsgebrauchsrecht oder Fruchtgenussrecht ausgestaltet wurde und es ein Aufnahmerecht für (die) nahe Angehörige gab. Das Austauschen der Schlösser oder die eigenmächtige Wohnungsräumung kann als Besitzstörung gesehen werden. Ich befürchte fast, dass Du mittels Räumungsklage gegen sie vorzugehen hättest, falls sie sich nicht hinauswerfen lässt. Ein ergangenes Gerichtsurteil zur Delogierung könnte auch exekutiert werden.

Re: Kein Mietvertrag, Räumungsklage?

Verfasst: 22.07.2024, 08:51
von Fragender107
Danke für die rasche Antwort.

Meine Tante lebt in besagter Wohneinheit seit ihrer Geburt. Im Rahmen der Übergabe an meinen Vater 2001 wurde meine Tante vom Großvater ausbezahlt und zwischen dem Großvater und ihr ein Erb-und Pflichtteilsverzichtsvertrag geschlossen. Im Zuge der Erbschaft wurde zwischen dem Vater und dem Großvater ein Übergabevertrag geschlossen. Darin wurde das besagte Wohnrecht des Großvaters geregelt.

Auszug: "Als Entgelt für diese Vermögensübertragung bedingt sich der Übergeber zu seinen Gunsten und auf seine Lebenszeit das nachstehende unentgeltliche Ausgedinge: das Recht der Wohnung und Alleinbenützung, mit dem Recht Besuche zu empfangen, an dem von dem Übergeber bisher benützten Altbau des Hauses, samt freier Beheizung und freiem Strom- und Wasserbezug (Wohnungsgebrauchsrecht). Weiters hätte der Übergeber das Recht in den Ausnahmsräumlichkeiten auch seine Tochter wohnen zu lassen, jedoch nur solange der Übergeber am Leben ist."

Mit welchem zeitlichen Horizont müsste ich im Falle der Räumungsklage mit anschließender Zwangsräumung rechnen?

Re: Kein Mietvertrag, Räumungsklage?

Verfasst: 22.07.2024, 12:25
von MG
Aufgrund der Textierung des Wohnrechtes ist das abgeleitete Benützungsrecht der Tante erloschen. Sollte diese Ihrer Aufforderung zu räumen, nicht nachkommen, müssen Sie gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Ein zeitlicher Horizont ist da kaum vorherzusagen.

Wenn die Beklagte die Klage akzeptiert und sich nicht dagegen wehrt, aber dann trotzdem nicht freiwillig räumt, dann kann das (bei entsprechender Verzögerungstaktik unter professioneller Anleitung) trotzdem uU ein Jahr und länger dauern.

Wehrt sie sich mit allen Mitteln, dann kann das im Extremfall schon einmal 1 bis 2 Jahre dauern, bis überhaupt ein Urteil da ist und dann muss erst das Räumungsverfahren eingeleitet und abgewickelt werden.

Besonders heikel ist es, wenn die Tante über nicht ausreichendes Einkommen verfügt, um sich einen Anwalt zu leisten.

Ihr wird dann einer kostenfrei beigestellt (Verfahrenshilfe). Da dann die Kosten keine Rolle spielen, ist zu erwarten, dass dann über Auftrag der Tante alle möglichen und unmöglichen Schritte ausgereizt werden, um die Räumung zu verhindern, bzw. zumindest um möglichst lange Zeit hinaus zu schieben.

Es wäre daher durchaus ratsam, zu versuchen, mit der Tante einen gerichtlichen Vergleich (Räumungsvergleich) zu schließen.

Man könnte darin den Termin so wählen, dass sie genug Zeit hat, sich eine neue Bleibe zu finden und auch sonst Regelungen vereinbaren, die helfen, dass sie die Räumungsvereinbarung auch einhält.

Hierzu wäre zB eine freiwillige Zahlung (Übersiedlungsbeitrag oä.) Ihrerseits denkbar, die aber nur erfolgt, wenn die Tante der vereinbarten Räumung fristgerecht nachkommt.

Re: Kein Mietvertrag, Räumungsklage?

Verfasst: 22.07.2024, 12:27
von alles2
Das kann sich echt in die Länge ziehen, wenn sämtliche Rechtsinstrumente von Verfahrenshilfeantrag über Rechtsmittel bis hin zum Räumungsaufschub in Anspruch genommen werden anstatt die Klageschrift bei der vorbereiteten Tagsatzung (nach Einholung von Stellungnahmen) zu akzeptieren oder bei Nichterscheinen kein Widerspruch gegen das ergangene Versäumungsurteil binnen 14 Tagen zu erstatten. Reagiert sie nicht, entsteht dadurch ein rechtskräftiges Urteil, sofern nicht binnen 4 Wochen die Berufung angemeldet wird. Wenn sie die Wohnung nicht freiwillig verlässt, kann das Bezirksgericht binnen 6 Monate auf Deinen Antrag hin eine Exekutionsbewilligung erlassen. Abgesehen eines etwaigen Einspruchs innerhalb von 4 Wochen, könnte die Tante (kurz vor Ablauf der Frist) entsprechend § 42 EO (Exekutionsordnung) den Räumungsaufschub wegen drohender Obdachlosigkeit beantragen, was in Analogie zu § 35 MRG (Mietrechtsgesetz) die Verlängerung der Räumungsfrist von bis zu 3 Monaten zur Folge haben kann, falls Dir dadurch keine unverhältnismäßigen Nachteile erwachsen. Oder es könnten (auch danach) die dort erwähnten berücksichtigungswürdige Gründe wie eine Erkrankung bzw. ein Härtefall vorgebracht werden, wovon wir mal nicht ausgehen, was aber das ganze Verfahren um ein Jahr verzögern könnte. Das aber nur schätzomativ, da ich keinerlei derartige Erfahrungen habe. Der Räumungsexekutionstitel kann übrigens innerhalb von 30 Jahren vollstreckt werden.

Re: Kein Mietvertrag, Räumungsklage?

Verfasst: 10.09.2024, 04:28
von jennybaso
in Ihrem Fall besteht die Möglichkeit, dass Ihre Tante als Besitzstörerin gilt, da sie kein Wohnrecht hat und auch kein Mietverhältnis besteht. Aufforderung zur Räumung: Zunächst sollten Sie Ihrer Tante schriftlich eine formale Aufforderung zur Räumung der Wohneinheit zukommen lassen. Setzen Sie ihr eine Frist, bis wann sie die Wohnung verlassen muss, und erläutern Sie, dass sie kein Wohnrecht hat und auch kein Mietverhältnis besteht. Weisen Sie darauf hin, dass Sie andernfalls rechtliche Schritte einleiten müssen. Wenn sie auf Ihre Aufforderung nicht reagiert, wäre der nächste Schritt eine Räumungsklage. Da Ihre Tante weder Miete zahlt noch ein Wohnrecht hat, besteht rechtlich kein Anspruch auf Verbleib in der Wohnung. Sie könnten eine gerichtliche Räumungsklage einreichen, um die Zwangsräumung zu erwirken. Dies ist der formale rechtliche Weg, der durch das Gericht bestätigt wird.

Re: Kein Mietvertrag, Räumungsklage?

Verfasst: 27.05.2025, 10:42
von Fragender107
Hallo,

seit meinem letzten Beitrag ist nun einige Zeit vergangen. In der Zwischenzeit habe ich meine Tante per Anwalt aufgefordert die Wohnung innerhalb einer Frist zu räumen. Diese schriftliche Aufforderung hat sie unterschrieben und an meinen Anwalt retourniert. Eingehalten wurde die Frist nicht noch wurden von ihr irgendwelche Handlungen gesetzt die einen geplanten Umzug vermuten lassen. Ihre Argumentation lautet die Unterschrift sei ohnehin nicht gültig weil sie ja quasi zum Auszug gezwungen wird.
Anschließend wurde die Räumungsklage eingebracht. Im Verfahren hat meine Tante ein fremdhändiges Testament meines Großvaters aus dem Jahre 2012 eingebracht. Dieses Testament wurde vom Notar im Zuge der Verlassenschaft meines Großvaters aufgrund mehrere Punkte als formungültig erklärt. Kurz erklärt, das Testament wurde von meiner Tante aufgesetzt und der Großvater hat es unterschrieben. In dem Testament erklärte der Großvater seinen Willen, dass sein Wohnrecht der Wohneinheit auf meine Tante übergehe nach seinem Tod. Zu diesem Zeitpunkt gehörte die Wohneinheit aber bereits mir. Ich war damals erst 20 Jahre und wurde stark von beiden unter Druck gesetzt als Zeuge zu unterschreiben. Nun Argumentiert die Gegenseite dass dies zwar kein gültiges Testament darstelle aber einen Vertrag zwischen mir und meiner Tante über deren Wohnrecht. Das Testament ist aber nicht als Vertrag formuliert sondern als letzter Wille meines Großvaters und ich sehe meine Unterschrift als Zeuge eben als Kenntnisnahme aber nicht als Zustimmung. Welche Chancen hat meine Tante mit der Argumentation? Zählt ihre Unterschrift bei der Räumungsaufforderung meines Anwalts unabhängig davon nicht als Zustimmung, dass sie kein Recht hat?

Danke für eure Antworten.

Re: Kein Mietvertrag, Räumungsklage?

Verfasst: 28.05.2025, 01:10
von alles2
Entsprechend § 529 ABGB ist das Wohnrecht ein höchstpersönliches Recht und kann vom Begünstigten allein nicht auf andere übertragen werden. Daher bräuchte nicht mehr mitunter erörtert werden, ob eventuell § 863 Abs.2 ABGB greift. Bin mir jetzt nicht sicher, ob Du weiterhin rechtsfreundlich vertreten bist und eine andere Rechtsansicht geteilt wurde, die Du so nicht stehen lassen und Dich daher hier vergewissern möchtest. Dies wäre uns allerdings der Fairness halber mitzuteilen.

Re: Kein Mietvertrag, Räumungsklage?

Verfasst: 28.05.2025, 09:11
von Fragender107
Das ist vielleicht falsch herübergekommen aber ich bin natürlich rechtsfreundlich vertreten. Und ich bin auch sehr zufrieden mit meiner Vertretung. Es ist einfach eine belastende Situation für die ganze Familie da wir mittlerweile auch dort wohnen und es sich wie von den Vorpostern prophezeit in die Länge zieht. Auch wenn mein Anwalt zuversichtlich ist wollte ich einfach Erfahrungen/Meinungen zu diesem speziellen Thema hören damit ich mich auf den ein oder anderen Ausgang einstellen kann. Das ungewisse belastet ja immer am meisten während man wartet.

Re: Kein Mietvertrag, Räumungsklage?

Verfasst: 28.05.2025, 10:41
von alles2
Ging ohnehin davon aus, dass Dir weiterhin ein Anwalt zur Seite steht. Daher die Anmerkung meinerseits. Sollte dieser ergänzende Einschätzungen vorgetragen haben, zögere nicht, uns diese mitzuteilen. Wer weiß, vielleicht ist mal wer in einer ähnlichen Situation. Dann würde er sich über diesen Beitrag freuen :wink: