Wohnrecht

Forum für Rechtsfragen bei Abschluß eines Mietvertrages, Beendigung eines Mietverhältnisses, usw.
Antworten
Kastanie
Beiträge: 2
Registriert: 24.07.2022, 18:31

Wohnrecht

Beitrag von Kastanie » 24.07.2022, 19:03

Hallo liebes Forum,

meine Tante hat mir ein (wie ich finde) sehr gutes Angebot gemacht für ihr Elternhaus - ein kleiner Bauernhof (900m2). Sie möchte 30.000 Euro, dafür möchte sie lebenslanges Wohnrecht.
Sie lebt eigentlich in Amerika und kommt nur im Sommer für ein paar Wochen.
Die Sache ist die, wenn ich diesen Bauernhof kaufe, dann möchte ich natürlich dort hin ziehen. Der Bauernhof ist alt, wurde nach dem ersten Weltkrieg gebaut und hat keine Heizungen. Geheizt wird mit den Öfen, die in jedem Zimmer stehen. Warmwasser gibt es nur in der Küche. Um aufs Klo zu gehen muss man aus dem Haus gehen in ein Nebengebäude. Die Wände haben Risse durch die Spinnen kriechen. Also kurzum: Es ist nicht bewohnbar.
Ich müsste und will es komplett abreißen.
Dazu gleich meine ersten Fragen:
- Geht das mit Tante Wohnrecht überhaupt?
- Muss ich ihr ein Hotelzimmer bezahlen für die Dauer, die sie in Österreich ist? Also habe ich Pflichten ihr gegenüber?
- Kann sie Einspruch erheben?

Wenn ich es abreißen darf, wäre mein Traum ein Tiny House. Ich bin minimalist, lebe auf sehr kleinem Fuß und brauche nicht viel.
- Tiny House mit Wohnrecht? Geht das überhaupt? Ich wüsste nicht wo sie da Platz hätte...

Natürlich muss so ein Tiny House genehmigt werden. Wird es das nicht, muss ich richtig bauen. Aber trotzdem möchte ich mein Häuschen so klein wie möglich halten: 1 Schlafzimmer, Wohn/esszimmer, Küche/Bad - thats it.
- Muss ich meiner Tante ein extra Zimmer zu Verfügung stellen?
- Vielleicht sogar ein extra Häuschen bauen?

Also ich weiß nicht, ob meine Vorstellungen mit einem Wohnrecht vereinbar sind :(

Danke fürs lesen und kommentieren.

Liebe Grüße



alles2
Beiträge: 3268
Registriert: 09.08.2015, 11:35

Re: Wohnrecht

Beitrag von alles2 » 25.07.2022, 10:51

So einfach kann man durch einen Abriss oder Umbau das eingeräumte Wohnungsgebrauchsrechts nicht übergehen. Was noch als bewohnbar zu qualifizieren wäre, kann individuell unterschiedlich sein. Fest steht, dass sich die Personaldienstbarkeit auf den Teil der Liegenschaft bezieht, der zu Wohnzwecken ohne Verletzung der Substanz vorgesehen ist (§ 507 ABGB). Wenn nur noch ein Grundstück samt Stadl dastehen würde, hättest ein Problem.

Nicht umsonst geht so eine Belastung durch ein Servitut oft mit einer Wertminderung des Wohnobjekt einher, da es die Verwertung der Liegenschaft um etliches erschwert. Und solche Angelegenheiten sind stets mit der potentiellen Servitutsberechtigten zu klären. Wüsste Sie von Deinen Plänen, könnte es leicht sein, dass sie von dem Angebot Abstand genommen hätte. Der Umfang Eurer Rechte sollte individuell im Vertrag dezidiert vereinbart werden. Es kann sogar sein, dass Du mit dem Kauf zwar offiziell der Eigentümer wärst, jedoch sie das ausschließliche Gebrauchsrecht hätte. Daher sollte im Vertrag aufgenommen werden, auf welchen Teil der Liegenschaft (auch inklusive diverser Räume oder des Hofes) sich die Wohnberechtigung in welchem Umfang bezieht. Sinnvoll wäre aufzunehmen, wie es sich mit der Vermietung und der Empfang von Besuch verhält.

Mal abgesehen davon, dass Dienstbarkeiten irgendwann mal verjähren/verfallen/erlischen könnte (z.B. entsprechend § 1478 ABGB bei Nichtgebrauch nach 30 Jahren), bräuchte es sonst einen Abrissbescheid (falls die Räume wirklich nicht bewohnbar wären) oder die Zustimmung der Dienstbarkeitsberechtigten, um neu bauen zu können. Gäbe es einen solchen Bescheid und würde sie sich trotzdem dagegen wehren, könnte sie durch einen Gerichtsbeschluss überstimmt werden. Dann träfe auf den Belasteten auch nicht die Pflicht, eine neue Wohnung zur Verfügung stellen oder eine allfällige Miete inklusive Betriebs-, Übersiedlungs- und Einrichtungskosten tragen zu müssen.
Hingegen müsste sich die Wohnungsgebrauchsberechtigte jene Einschränkungen durch Dich hinnehmen, welche die Ausübung der Dienstbarkeit nicht ernstlich erschweren oder gefährden (§ 484 ABGB).
Zuletzt geändert von alles2 am 31.07.2022, 12:00, insgesamt 1-mal geändert.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

Kastanie
Beiträge: 2
Registriert: 24.07.2022, 18:31

Re: Wohnrecht

Beitrag von Kastanie » 25.07.2022, 20:55

Hallo alles2,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Gut, dass ich noch nichts unterschrieben habe. So wie ich das lese, hätte ich am Ende mehr Schererein als Freude. Die Erkenntnis macht mir die Entscheidung gegen das Angebot wesentlich leichter. :)

Vielen Dank!

lg

edwardmalone
Beiträge: 1
Registriert: 10.08.2022, 09:10

Re: Wohnrecht

Beitrag von edwardmalone » 10.08.2022, 09:22

Nicht umsonst geht eine solche Belastung durch Dienstbarkeit häufig mit einem Wertverfall von Wohneigentum einher, weil sie die Verwertung der Immobilie erheblich erschwert. Und solche Themen müssen immer ausführlich mit dem zukünftigen Mitarbeiter besprochen werden. Es ist möglich, dass sie das Angebot abgelehnt hätte, wenn sie von deinen Ambitionen gewusst hätte

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 30 Gäste