Unterhaltspflicht: Ausbildung erzwingen?

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JUSLINE
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Unterhaltspflicht: Ausbildung erzwingen?

Beitrag von JUSLINE » 06.05.2003, 14:33

Die Tochter meines Partners ist 16 Jahre alt. Im Jahr 2002 hat sie das 9. Schuljahr beendet. Seither ist sie zu Hause und macht kaum einen Versuch (erst bei 2 Firmen beworben!)eine geeignete Lehrstelle zu finden.



Frage 1:

Kann man das Kind eigentlich dazu "zwingen" sich eine geeignete Lehrstelle/Hilfsarbeit zu suchen? Was ist, wenn WIR für sie eine Lehrstelle finden, muss sie diese - entsprechend ihren Fähigkeiten - denn dann annehmen, oder zumindest die Bewerbungsgespräche wahrnehmen?



Frage 2:

Ist der KV verpflichtet bis zur Selbsterhaltung Unterhalt zu leisten, wenn das Kind sich gar nicht selbst erhalten WILL?



Frage 3:

Sollte das Kind sich mit 18 Jahren entscheiden eine erneute Schulausbildung aufzunehmen (auch wenn der Schulerfolg weit unter dem Durschnitt liegen sollte), wäre dann der KV weiter zahlungspflichtig?



Mir ist nur bekannt, dass sich ein Kind nach einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zumindest beim AMS als arbeitssuchend melden muss, da ansonsten der Unterhaltsanspruch verfällt.



Ich danke allen für eine Antwort!

mfG Alex



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RE: Unterhaltspflicht: Ausbildung erzwingen?

Beitrag von JUSLINE » 06.07.2003, 17:14

> Frage 1:

> Kann man das Kind eigentlich dazu "zwingen" sich eine geeignete Lehrstelle/Hilfsarbeit zu suchen? Was ist, wenn WIR für sie eine Lehrstelle finden, muss sie diese - entsprechend ihren Fähigkeiten - denn dann annehmen, oder zumindest die Bewerbungsgespräche wahrnehmen?



Man sollte meinen - ja. Doch fallen mE Fragen der Arbeitssuche bei jungen Menschen (unter 18) in den Aufgabenkreis der Pflege und Erziehung. Tut die Jugendliche nichts in Richtung Arbeitssuche, dann könnte das auch an Ihrer psychischen Unfähigkeit dazu liegen, -es wäre Aufgabe des Erziehungsberechtigten, sich nach Möglichkeit um Abhilfe zu kümmern. Aber auch die schlechte Situation am Arbeitsmarkt ist derzeit zu berücksichtigen - es gibt viel zu wenige Lehrstellen.



Wenn es aber keine Lehrstelle gibt, dann sollte doch wenigstens ein Ausbildungsprogramm/Jugendbeschäftigungsprogramm oder eine Schule besucht werden, damit die bisher erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten geübt und ausgebaut werden und das Kind nicht "versulzt" (entschuldigen Sie den Ausdruck). Auch ein Praktikum, notfalls ein unbezahltes, kann zu einem späteren Arbeits- oder Ausbildungsplatz führen.



Wenn Sie dem Kind eine Lehrstelle besorgen wollen, dann sollten Sie mE Ihre Bemühung auch schriftlich kundtun und begleitend mit der Erziehungsberechtigten/dem Jugendamt das Einvernehmen herzustellen und den Kontakt zu pflegen versuchen.



Ist hier eine Zerstrittenheit vorhanden, so könnte es im Einzelfall schwierig werden, irgendetwas durchzusetzen.. trotz allerlei gesetzlicher (Äußerungs) Rechte.



>

> Frage 2:

> Ist der KV verpflichtet bis zur Selbsterhaltung Unterhalt zu leisten, wenn das Kind sich gar nicht selbst erhalten WILL?



Nein, ab einem bestimmten Punkt wird dann die Selbsterhaltungsfähigkeit vermutet. Das aber müssten Sie notfalls gerichtlich durchsetzen, was so seine Zeit dauert. Und bezüglich Sozialhilfeleistungen für unter18jährige Abkömmlinge in gerader Linie besteht idR Regress/Rückgriff gegenüber den gesetzlich Unterhaltspflichtigen. Bis zum 18. Lebensjahr wohl kaum in der Praxis durchzusetzen.



Das ist ein menschliches Problem. Was wird das Kind tun wenn sie erwachsen ist..?



> Frage 3:

> Sollte das Kind sich mit 18 Jahren entscheiden eine erneute Schulausbildung aufzunehmen (auch wenn der Schulerfolg weit unter dem Durchschnitt liegen sollte), wäre dann der KV weiter zahlungspflichtig?



Wenn die Ausbildung dann zielstrebig durchgeführt wird, wenn vorher noch keine Ausbildung abgeschlossen wurde, und die Unterhaltsleistung den Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen entspricht - glaube ich schon. Das Kind müsste aber dann den Unterhalt einklagen, wenn er vorher nicht mehr zustand - mit Kostenersatzpflicht bei Unterliegen (hier "streitiges Verfahren"). Kann mir aber nicht vorstellen, - dass das Kind - von den jetzigen Verhältnissen ausgehend - mit 18 Jahren eine Ausbildung dann durchziehen kann.



Im konkreten Fall müsste man dann die Rechtslage anhand der dann neuesten Rechtssprechung und dem bisherigen Verlauf neu prüfen.



mfg, MA.





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> Mir ist nur bekannt, dass sich ein Kind nach einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zumindest beim AMS als arbeitssuchend melden muss, da ansonsten der Unterhaltsanspruch verfällt.

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> Ich danke allen für eine Antwort!

> mfG Alex


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RE: Unterhaltspflicht: Ausbildung erzwingen?

Beitrag von JUSLINE » 06.07.2003, 17:19

> Mir ist nur bekannt, dass sich ein Kind nach einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zumindest beim AMS als arbeitssuchend melden muss, da ansonsten der Unterhaltsanspruch verfällt.



Wird zumindest bei Finanzamt (Familienbeihilfe) und AMS (ALG, NH - Familienzuschlag) ab einem gewissen Alter so gehandhabt.



Aber eine Meldung als arbeitssuchend würde ich an Ihrer Stelle da schon erwarten! Ansonsten vielleicht versuchen, einen "Schuss vor den Bug zu geben, den Sachverhalt dem Pflegschaftsgericht schriftlich schildern und in den Raum stellen, dass Sie finden, dass Sie jetzt keinen Unterhalt mehr zahlen wollen, da Selbsterhaltungsfähigkeit (da Arbeitsunwilligkeit) eingetreten ist. Davon vorab

eine Kopie an die erziehungsberechtigte Stelle zur Information. Schätze, das wird wenigstens zu einigen Bemühungen führen.



Ob Sie dabei gut wegkommen, wage ich aber zu bezweifeln. Dem Kind hilft`s vielleicht auf längere Sicht..



mfg, MA.



P.S. Sorry, vorhin unterlief mir ein Rechtsschreibfehler: Es sollte heissen "ihre psychische Unfähigkeit". MA.

> Ich danke allen für eine Antwort!

> mfG Alex




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