Staatsanwaltschaft holt psychiatrische Beurteilung ein
Verfasst: 17.01.2017, 22:53
Folgende Situation sei angenommen:
Für die Ermittlungen zu einer Strafanzeige hält es die Staatsanwaltschaft für relevant, eine in Zusammenhang mit der vorgeworfenen Tat erstellte psychiatrische Beurteilung des Antragstellers einzuholen, entstanden durch ein Gespräch mit einem klinischen Psychiater.
Die Kripo ersucht die entsprechende Abteilung der Klinik um Überstellung der psychiatrischen Beurteilung. Die leitenden Ärzte kommen dem nach, ohne mit dem entsprechenden Psychiater Rücksprache zu halten. (Dieser hätte aber vermutlich mangels weiteren Bezuges zum Antragsteller und ob der vergangenen Zeit gar keine bewusste Erinnerung an dieses Gespräch gehabt.)
Die Staatsanwaltschaft legt die psychiatrische Beurteilung gegen den Antragsteller aus und stellt - vor allem mit dieser Begründung - das Verfahren ein.
Der Anwalt des Antragstellers beantragt erfolglos eine Fortführung des Verfahrens. In der nachfolgenden Stellungnahme an das Landesgericht will er sich (neben anderen, hierfür nicht relevanten Argumenten) auf folgende Paragraphen berufen, um die Illegitimität des Vorgehens der Staatsanwaltschaft nachzuweisen:
§ 157 (1) 3. "Zur Verweigerung der Aussage sind berechtigt: Fachärzte für Psychiatrie ... über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist."
(2) "Das Recht der in Abs. 1 Z 2 bis 5 angeführten Personen, die Aussage zu verweigern, darf bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden, insbesondere nicht durch Sicherstellung und Beschlagnahme von Unterlagen... oder durch Vernehmung der Hilfskräfte oder der Personen, die zur Ausbildung an der berufsmäßigen Tätigkeit nach Abs. 1 Z 2 bis 4 teilnehmen."
Da also die Staatsanwaltschaft das Aussageverweigerungsrecht des Psychiaters, der das Gespräch geführt hat, durch die Beischaffung der psychiatrischen Beurteilung umgangen habe, sei schon allein aus diesem Grund der Einstellungsbeschluss nichtig.
Der Autor dieser Zeilen (Nichtjurist, dem Antragsteller nahestehend) zweifelt an der Stichhaltigkeit dieser Argumentation, und zwar aus folgenden Gründen:
1. Die leitenden Ärzte hätten alle Gelegenheit gehabt, den gesprächsführenden Psychiater um Erlaubnis zu fragen (und es gibt auch keinen Beweis, dass sie es nicht taten - wenn auch ebenfalls keinen Beleg dafür, dass sie es getan hätten). Wenn sie es nicht getan haben, ist das nicht die Schuld der Staatsanwaltschaft, die hier also überhaupt nichts "umgangen" hat.
2. Der Psychiater hätte keine ersichtliche Motivation gehabt, die Auskunft zu verweigern. Er hatte nur dieses eine Gespräch mit dem Antragsteller, wohl gar keine Erinnerung an ihn, und hätte kein Bedürfnis gespürt, ihn vor irgend etwas zu schützen. Somit wäre, selbst wenn hier wirklich sein Recht zur Verweigerung der Aussage umgangen worden wäre, dies eine unbedeutende Formalie, weil er es doch sowieso schwerlich in Anspruch genommen hätte. Also würden die Richter des Landesgerichts dem keine Bedeutung beimessen.
Meinungen hierzu?
Für die Ermittlungen zu einer Strafanzeige hält es die Staatsanwaltschaft für relevant, eine in Zusammenhang mit der vorgeworfenen Tat erstellte psychiatrische Beurteilung des Antragstellers einzuholen, entstanden durch ein Gespräch mit einem klinischen Psychiater.
Die Kripo ersucht die entsprechende Abteilung der Klinik um Überstellung der psychiatrischen Beurteilung. Die leitenden Ärzte kommen dem nach, ohne mit dem entsprechenden Psychiater Rücksprache zu halten. (Dieser hätte aber vermutlich mangels weiteren Bezuges zum Antragsteller und ob der vergangenen Zeit gar keine bewusste Erinnerung an dieses Gespräch gehabt.)
Die Staatsanwaltschaft legt die psychiatrische Beurteilung gegen den Antragsteller aus und stellt - vor allem mit dieser Begründung - das Verfahren ein.
Der Anwalt des Antragstellers beantragt erfolglos eine Fortführung des Verfahrens. In der nachfolgenden Stellungnahme an das Landesgericht will er sich (neben anderen, hierfür nicht relevanten Argumenten) auf folgende Paragraphen berufen, um die Illegitimität des Vorgehens der Staatsanwaltschaft nachzuweisen:
§ 157 (1) 3. "Zur Verweigerung der Aussage sind berechtigt: Fachärzte für Psychiatrie ... über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist."
(2) "Das Recht der in Abs. 1 Z 2 bis 5 angeführten Personen, die Aussage zu verweigern, darf bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden, insbesondere nicht durch Sicherstellung und Beschlagnahme von Unterlagen... oder durch Vernehmung der Hilfskräfte oder der Personen, die zur Ausbildung an der berufsmäßigen Tätigkeit nach Abs. 1 Z 2 bis 4 teilnehmen."
Da also die Staatsanwaltschaft das Aussageverweigerungsrecht des Psychiaters, der das Gespräch geführt hat, durch die Beischaffung der psychiatrischen Beurteilung umgangen habe, sei schon allein aus diesem Grund der Einstellungsbeschluss nichtig.
Der Autor dieser Zeilen (Nichtjurist, dem Antragsteller nahestehend) zweifelt an der Stichhaltigkeit dieser Argumentation, und zwar aus folgenden Gründen:
1. Die leitenden Ärzte hätten alle Gelegenheit gehabt, den gesprächsführenden Psychiater um Erlaubnis zu fragen (und es gibt auch keinen Beweis, dass sie es nicht taten - wenn auch ebenfalls keinen Beleg dafür, dass sie es getan hätten). Wenn sie es nicht getan haben, ist das nicht die Schuld der Staatsanwaltschaft, die hier also überhaupt nichts "umgangen" hat.
2. Der Psychiater hätte keine ersichtliche Motivation gehabt, die Auskunft zu verweigern. Er hatte nur dieses eine Gespräch mit dem Antragsteller, wohl gar keine Erinnerung an ihn, und hätte kein Bedürfnis gespürt, ihn vor irgend etwas zu schützen. Somit wäre, selbst wenn hier wirklich sein Recht zur Verweigerung der Aussage umgangen worden wäre, dies eine unbedeutende Formalie, weil er es doch sowieso schwerlich in Anspruch genommen hätte. Also würden die Richter des Landesgerichts dem keine Bedeutung beimessen.
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