Will mich die Gemeinde übers Ohr hauen?

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colanderbrain
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Will mich die Gemeinde übers Ohr hauen?

Beitrag von colanderbrain » 17.12.2016, 17:30

Guten Tag,

Mein Haus, 224m, ist seit über 100 Jahren in Familienbesitz und wurde durchgehend als hauptwohnsitz bewohnt. Ich wohne in einem Hochwassergebiet. Am Ende der Planung für den Regionsweiten Hochwasserschutz bekam ich vom Bürgermeister eine Nachricht, dass sich der Schutz für mich doch nicht ausgeht bzw dann alles umgeplant werden müsste und mir wurde nahegelegt für den doppelten Grundstückspreis abzusiedeln. Seiner Meinung nach wohne ich in einem Abrisshaus. Da ich aber seit den letzten 5 Jahren Geld und Arbeit investiert habe und ja es ist eine bewohnte Baustelle, kann das aber kein Abrisshaus sein. Es war ein Gutachter von der Gemeinde da, welcher jetzt meint, dass 420.000.- der Neupreis ist und die Sanierung 350.000.- kosten würde. Ich komme aber auf unter 50.000.- Sanierungskosten. Teilweise von Firmen erledigt (Fundament trockenlegung, Dacherneuerung, Abnahme elektrik) und teilweise von mir selbst (12 Fenster, noch 50% elektr. Leitungen, Wärmedämmung).
So jetzt ist der Verkehrswert im Gutachten, wegen der hohen Sanierungskosten, insgesamt fast auf den Cent genau der Betrag, den mir der Bgm schon angeboten hatte. Der Gutachter ist auch ein Freund vom Bürgermeister.

Was wäre Ihre Meinung dazu? In 2 Wochen habe ich das nächste Gespräch mit dem Bgm und würde das gerne gut argumentieren können. Für eine Sanierung 350.000.- ist doch viel zu viel berechnet. Wie könnte ich das Gutachten anfechten? ...geht das überhaupt? Ich fühle mich ziemlich übers Ohr gehauen von der Gemeinde...
An wen sollte ich mich da am Besten wenden? Wenn an einen Anwalt, was muss da sein Fachgebiet sein? So wie ich das sehe, setzen Anwälte nur die Verträge auf??
Verzeiht mir bitte meine Unwissenheit, aber gibts in Ö keine Anwälte, wie in zB USA, die die kompletten Verhandlungen führen in solchen Fällen und nicht nur die Gerichtsverhandlungen und ein, zwei Briefe schreiben??

Es ist mir schon klar das so ein Service kostet, aber wenn es der Anwalt durch seine geübte Redekunst und sein Wissen vlt um 100.000.- mehr rausholen kann, dann sind mir das die 10.000.- bis 30.000.- oder auch mehr als Honorar auch wert.

Vielen Dank schonmal für Ihre Antwort(en)!



Manannan
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Beitrag von Manannan » 17.12.2016, 19:33

Handelte es sich bei dem Gutachter um einen Amtssachverständigen, der für diese Schätzung auch im Auftrag der Gemeinde tätig wurde?
Wenn Sie der Meinung sind, dass das Haus weit mehr wert sein müsste, dann ist es Ihnen unbenommen, selbst einen Gutachter zu beauftragen. Auch wenn dieses vor Gericht kaum als Beweis akzeptiert werden wird, so wird dem SV Gutachten zumindest auf gleicher fachlicher Ebene begegnet. Letztlich entscheidet der Richter im Rahmen der freien Beweiswürdigung.
In der Regel wird dann meist der Mittelwert aus der Differenz herangezogen.

colanderbrain
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Beitrag von colanderbrain » 17.12.2016, 23:04

Vielen Dank für die Antwort!

Ja im Auftrag der Gemeinde war er tätig, aber er ist ein privater Sachverständiger, glaub sogar in Pension oder kurz davor.
Hab mir schon gedacht, dass ich da ein eigenes Gutachten erstellen lassen muss.
Wenn der Sachverständige allerdings dann ein Amtssachverständige ist, aber in meinem Auftrag? Wäre dieses Gutachten dann als Beweis zulässig? Geht das überhaupt? Kann ich das statt über die Gemeinde auch über das Land regeln?

Mehr Wert... hmmm ich glaube, dass ich um ein vielfaches weniger für die Sanierung bezahlen müsste, als im Gutachten erwähnt ist und vom Wert abgezogen wurde.

Er schreibt zB auch als Begründung für die hohen Kosten, dass alle Innenmauern versetzt werden müssen um dem heutigen Standard zu entsprechen. Ich finde das Schwachsinn mir seine Designideen aufs Auge drücken lassen zu müssen.
Im EG ist geplant "alle" Innenwände einzureissen, bis auf die eine Tragende. Das wäre eine riesige Wohnküche. Und im 1. Stock hätte ich es gelassen wie es ist. Ich finde, dass es so passt. Eine Wand einreissen kostet mich nur die Schuttentsorgung und ein bisschen Mörtel und Farbe.

Er schreibt allerdings auch, dass für eine genauere Aufstellung ein gerichtlich beeideter Bausachverständiger nötig ist. Kann ich mir den quasi aussuchen?
Also einen vom Land und nicht aus der Gemeinde/Bezirk? Kann ich den quasi "verlangen"?

Ich hatte ja vor ein paar Jahren einen Architekten (Service der Landesregierung!) im Haus, der mir die Sanierungsmaßnahmen aufschrieb und zeichnete. Werden diese Dokumente als Beweis zugelassen? Ich würde mir dann noch von versch. Firmen Kostenvoranschläge erstellen lassen.

Wie darf ich das verstehen mit dem Mittelwert der Differenz? Wird dieser Wert herangezogen, wenn keine Einigung erzielt wurde und es quasi unentschieden steht?

Ich hab auch Angst davor, wenn ich das vor Gericht regeln möchte, dass der Bgm einfach sagt, na gut, dann bleibens im Haus. Denn wenn der Hochwasserschutz dann fertig ist, drückt es bei mir das Grundwasser ca. 1-1,5m nach oben, weil sie bei der Planung auf einen unterirdischen Wildbach vergessen hatten und ich dann genau zwischen den Hochwassermauern eingekesselt bin.

Drum wäre mir ein Anwalt alla "suits" am liebsten, der das außergerichtlich auf professioneller Ebene lösen kann.
Zuletzt geändert von colanderbrain am 17.12.2016, 23:19, insgesamt 2-mal geändert.

colanderbrain
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Beitrag von colanderbrain » 17.12.2016, 23:16

Eines ist vlt noch wichtig. Es war bisher noch NIE Wasser IM Haus, wenn Hochwasser war...nur im halben Garten.

juristischerratundtat
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Beitrag von juristischerratundtat » 18.12.2016, 12:15

Sehr geehrter Fragesteller,

Es steht aber noch kein Verfahren im Raum, das heißt eine Enteignung ist nicht angedacht?
Das Gutachten wurde nur erstellt um den Verkaufspreis des Grundstücks zu ermitteln, oder?

So wie sie das beschrieben, besteht ja kein Zwang das Haus zu verkaufen, oder habe ich etwas überlesen?

Es ist nicht unüblich, dass private Gutachten eingeholt werden um den Preis einer Immobilie zu ermitteln, in einem Gerichtsverfahren würde aber ein gerichtlicher Sachverständiger bestellt werden um ein neues Gutachten einzuholen.

Das bereits entstandene Gutachten hat eigentlich keinen Bindungswert für Sie, der Bürgermeister kann sich aber bequem drauf stützen.
Sie könnten jedenfalls ein zweites Gutachten beauftragen bzw darauf hinweisen, dass das Gutachten nicht berücksichtigt, dass Sie einige Arbeiten selbst erledigen usw. Ohne das Gutachten zu kennen kann natürlich nicht gesagt werden wie es angegriffen werden kann oder wo es Schwächen hat.

MfG

colanderbrain
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Beitrag von colanderbrain » 18.12.2016, 13:42

Nein, Verfahren steht noch keines im Raum und eine Enteignung ist nicht angedacht.
Der Bgm hat nur zu Beginn eine quasi Drohung ausgesprochen, dass wenn ich im Haus bleibe, eben dieses Szenario mit 1 - 1,5m hohen Wasser am gesamten Grund bzw auch im Haus passieren wird.
Das empfinde ich schon als Zwang.

Ja, das Gutachten wurde nur zur Verkaufspreisermittlung erstellt. Ehrlich gesagt ist das für mich das erste mal, dass ich mit Sachverständigen zu tun habe. Ich will keine Namen hier im Forum nennen, aber es sind zwei Stempel drauf am Gutachten.
1.: Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger Ing. Vorname Nachname
2.: Gerichtlich beeideter Sachverständiger Ing. Vorname Nachname

Als Titel steht aber Sein Name als Direktor einer Immobilienfachberatung.

Super! Vielen Dank! Somit kann ich zumindest im Falle eines Gerichtsverfahrens auf ein neues, hoffentlich objektiveres Gutachten hoffen.

Ich werde das auf jeden Fall so argumentieren, wie Sie es schreiben und ein zweites Gutachten erstellen lassen.

Seite 3, der Bau und Erhaltungszustand, habe ich mal hier eingefügt.
http://d-h.st/YBus

Sonst stehen auf Seite 4 nur die Rechnungen unter Berücksichtigung, der auf Seite 3 stehenden Baumaßnahmen. Also Neupreis ca. 420.000.- und Assanierungskosten 356.000.-. Aber eben auch Name, Stempel usw vom Sachverständigen. Falls die Seite oder auch andere wichtig sind, schwärze ich alle Details und lade auch gerne das gesamte Gutachten hoch. Es stehen aber auf Seite 2 nur noch die Auflistung der Unterlagen, die herangezogen wurden.

Schon ergooglet habe ich von Seite 4 den letzten Satz:
"Nachdem der Großteil der gesamten Wohnnutzfläche nicht bewohnbar ist, ist daher eine Ertragswertberechnung nicht möglich."

Das ist Schwachsinn, weil das Objekt nur von mir als Besitzer alleine genutzt und nie zur Vermietung bereitgestellt werden wird. Ich bin Selbstständig und nutze daher auch einen Raum als Büro, aber eben nicht als Geschäftslokal, welches vermietet wird. Außerdem ist klar, dass ich den oberen Stock derzeit nicht bewohne, weil ja gerade mal die Drähte und Wasserrohre in den Wänden sind. Habe schon mit den Fenstern begonnen, aber dann aufgehört, weil ich dann nicht sinnlos Geld und Zeit investieren möchte falls ich sowieso raus muss. Aber im EG wird bis auf 2 Zimmer alles genutzt und ist bewohnt. Teilweise zwar als Lagerraum für die ganzen alten Möbel, aber beheizt werden sie trotzdem.

Vielen Dank für Ihre Hilfe! Sie haben mir schon sehr viel weitergeholfen![/img]

Manannan
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Beitrag von Manannan » 18.12.2016, 18:38

Ein Enteignungsverfahren kann nur dann eingeleitet werden, wenn der Eigentumseingriff im öffentlichen Interesse liegt und keine Einigung erzielt wird.
Auch wenn Sie einen beeideten SV beauftragen, dann wird er für Sie dennoch als Privatgutachter tätig.
Der jetzt geschätzte Preis ist zB € 420.000,00. Ihr Privatgutachter schätzt zB € 460.000,00. Die Einigung wird dann bei € 440.000,00 angesetzt.
Zb wird bei Enteignungen nach dem Straßengesetz vielfach ein Wert von +10 Prozent über der ersten (realistischen) Schätzung akzeptiert, da das Enteignungsverfahren oftmals langwierig und teuer ist. Hier zahlt nämlich die gesamte Zeche die öffentliche Hand.

juristischerratundtat
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Registriert: 20.09.2016, 08:24

Beitrag von juristischerratundtat » 19.12.2016, 15:23

Sehr geehrter Fragesteller,

Schön wenn Sie sich schon ein wenig geholfen fühlen, ganz verstehe ich das ganze aber noch nicht.
Ihr Haus steht vll/vll nicht in einer Hochwasserzone, der Bürgermeister meinte erst der Hochwasserschutz wird auch Ihr Haus schützen, jetzt geht sich das doch nicht aus, korrekt?

Der Bürgermeister (die Gemeinde?) will jetzt ihr Haus kaufen und um den Preis zu ermitteln wurde ein Gutachten erstellt, darin wurde aber einiges nicht berücksichtigt, habe ich das so richtig zusammengefasst?

Und Sie möchten jetzt jemanden der die Verhandlungen mit der Gemeinde führt bzw Sie dabei unterstützt?

Wollen Sie Ihr Haus denn verkaufen?

MfG

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