Anstiftung zur Straftat (?)

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ICH-Schwein
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Anstiftung zur Straftat (?)

Beitrag von ICH-Schwein » 11.08.2016, 14:49

Hallo!

Mein Name ist Markus.

Ich habe gestern mit ein paar Freunden darüber geplaudert, wie man Cannabis im Eigenbau, in geringer Menge *), zum ausschließlichen Eigenbedarf, im ausschließlich privaten Umfeld anbauen kann und wie man das Risiko minimiert, dabei erwischt zu werden. Keiner von uns hat derartige Erfahrungen gemacht, wir waren uns aber einig, dass dies vom ethischen Standpunkt aus gerechtfertigt sein muss, wenn man einen triftigen Grund dazu hat. Wenn man zb. an Depressionen leidet, aber außer Cannabis einen nichts dazu bringt lachen zu können, oder wenn man als Werbetexter arbeitet und akzeptieren muss, dass einem nur unter der Einwirkung geringer Dosen THC richtig gute Ideen kommen (vielleicht sogar Ideen die auch nach ethischen Gesichtspunkten "gut" sind).

Würdet ihr dem zustimmen?

Wenn ja, dann würde uns interessieren, ob es bereits eine Anstiftung zur Straftat darstellt, wenn man einem solchen Menschen zum Eigenanbau ratet und ihm auch mitteilt, wie er das Risiko minimieren kann, dabei erwischt zu werden. Wenn ja, hängt es davon ab, in welcher Umgebung man dies tut?, zb. bei einer Selbsthilfegruppe für Depressive, oder in den Räumlichkeiten einer Werbeagentur.

Keiner von uns hat derartiges vor, die Frage an sich ist bloß interessant.

Danke!


*) Es ist rechtlich geregelt, was als "geringe" Menge gilt. Vielleicht weiß jemand den entsprechenden Paragraphen



Hank
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Registriert: 26.08.2010, 15:39

Beitrag von Hank » 12.08.2016, 00:26

Der berühmte konservative Amerikanische Ökonom und Nobelpreisträger Milton Friedman hatte sich bereits in den 1960er Jahren für eine Legalisierung von Marihuana ausgesprochen, weil Prohibitionismus, siehe beim Alkohol in den USA in den 1930er Jahren, nur gegenteilige Effekte zeitigt.

In Spanien muss man sich als Kiffer bei einem Marihuana-Club einschreiben, in der Schweiz, Portugal, Tschechien, England, in Holland sowieso gibt's bereits viele legale Möglichkeiten für Konsumenten. In Italien ist eine Liberalisierung der Gesetze in Vorbereitung.

Die Sache hat sich also ziemlich gewaltig weiterentwickelt, siehe auch die einst kaum denkbare Homo-Ehe.

Für die Folgen des Cannabis-Konsums wird der jeweilige Konsument aber dann auch ganz legal einzustehen haben: Im bekifften Zustand Auto fahren wird nicht gehen, Weitergabe an Minderjährige erst recht nicht, in der Öffentlichkeit rauchen auch nicht.

Es wird sich dann halt auch die Kiffer-Romantik aufhören, es wird zu einem normalen Produkt werden mit den üblichen rechtlichen und bürokratischen Auflagen der Lebensmittelbehörden.

In Österreich wird der gewerbsmäßige Handel, also die damit verbundene Steuerhinterziehung streng bestraft. Bei den Konsumenten schaut man auf die insgesamte Lebensführung.

Bitte nicht vergessen: Wir haben in Österreich bereits ca. 5% Alkoholkranke, also verdammt viel. Daher: Kifft/säuft man, um sich "zuzumachen" oder um "sich zu öffnen"?

Wer mit dem Zeug nicht umgehen kann, ist schnell in einer Therapie drinnen, hat Führerscheinsperre, manche Berufe werden für Kiffer möglicherweise eher verschlossen bleiben.

Schlimm ist beim Kiffen die Polytoxikomanie, also dass Nikotin, Alkohol, Koffein und wer weiß was sonst noch alles durcheinander konsumiert wird, dazu dann die ganzen picksüßen Getränke und das ganze Junkfood, kombiniert mit Stress und wenig Schlaf.

Die Rastsafaris rauchen scheinbar nur Grasjoints pur, trinken Tee ohne Zucker, liegen in der Sonne, machen Musik und werden steinalt (Bob Marley leider nicht, der ist so wie alle Rockstars jung abgekratzt).

Was für Medikamente gilt, gilt auch für Drogenwie Cannabis: Ohne Nebenwirkungen, keine Hauptwirkungen!

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 12.08.2016, 15:53

Ich teile eure Ansicht nicht, dass es ethisch korrekt und auch ratsam sei sich dem Konsum von Cannabis ab und zu hinzugeben, wenn man Depressionen hat.

Da Cannabis nachweislich psychedelisch wirkt KANN es unter Umständen eine therapeutische Wirkung haben. Es kann aber auch das Gegenteil passieren und in eine wilde Psychose ausarten!

Wenn man nur mehr mit diesem Zeug lachen kann, sollte man sich schleunigst Hilfe besorgen, anstatt dies als dauerhafte „Lösung“ zu sehen.

Antidepressiva und dergleichen sind in erster Linie dazu gedacht einen depressiven Menschen offener für Gespräche (mit dem Therapeuten!) zu machen und nicht als eigentherapeutische Dauermedikation!

Psychedelische Drogen wie LSD wurden früher zu therapeutischen Zwecken verwendet. Allerdings ist das ein Roulette mit der Psyche. Es kann zur Heilung führen, es kann aber auch das Gegenteil passieren, darum rate ich nochmals davon ab so etwas gegen Depressionen zu nehmen, auch wenn Cannabis im Vergleich zu LSD eine sehr geringe psychedelische Wirkung entfaltet.

Auch der Künstler, der, wie damals ähnlich eine grüne Stunde (mit Absinth) brauchte, sollte sich diesen Substanzen nur hingeben, wenn es ihm psychisch gut geht und Set und Setting vollkommen stimmen.

Cannabis kann durchaus Spaß machen und jeder hat es vermutlich schon einmal probiert, allerdings habe ich bis jetzt bei jedem, der es dauerhaft nimmt eine starke Persönlichkeitsveränderung beobachtet und das ging auch oft in Richtung Psychose. Finger weg vor diesen psychedelischen Drogen, zumindest was den Dauerkonsum betrifft. Das könnt ihr so verharmlosen wie ihr wollt, die Langzeitfolgen sehen leider anders aus.

Es gibt Leute die nehmen es täglich und kommen damit klar. Es gibt aber auch Leute die macht es nach einer Zeit psychotisch. Wer sich auf diesen Grad begibt sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Langzeitfolge entweder so oder so aussieht.

ICH-Schwein
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Re: Anstiftung zur Straftat (?)

Beitrag von ICH-Schwein » 13.08.2016, 16:42

Danke für die Antworten und die interessanten Stellungnahmen. Aber meine eigentliche Frage wurde noch nicht beantwortet:
ICH-Schwein hat geschrieben:Wenn ja, dann würde uns interessieren, ob es bereits eine Anstiftung zur Straftat darstellt, wenn man einem solchen Menschen zum Eigenanbau ratet und ihm auch mitteilt, wie er das Risiko minimieren kann, dabei erwischt zu werden. Wenn ja, hängt es davon ab, in welcher Umgebung man dies tut?, zb. bei einer Selbsthilfegruppe für Depressive, oder in den Räumlichkeiten einer Werbeagentur.

Hank
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Beitrag von Hank » 13.08.2016, 20:25

Nicht nur der unmittelbare Täter begeht die strafbare Handlung, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, sie auszuführen, oder sonst zu ihrer Ausführung beiträgt.

Jede Form der Beteiligung an einer Straftat ist strafbar.

Das Strafgesetz kennt auch den Begriff der "intellektuellen Beihilfe" und des "Gehilfen", das ist jeder, der kausale Handlungen für die Straftat setzt. Der "Anstifter" ist der, der die Tat ausheckt.

Dann ist noch zu schauen wer ist Alleintäter, Mittäter, unmittelbarer Täter oder mittelbarer Täter.

Es gibt also einen ziemlichen Artenreichtum an Beteiligungsformen zur Verwirklichung von Straftaten.

Mildernde Umstände werden berücksichtigt, erschwerende können dazu kommen.

Man muss sich jeden Fall nicht nur anhand von Akten oder einem Internet-Posting anschauen, sondern unmittelbar vor Ort, die Leute, wie sie ausschauen, wie sie dreinschauen, wie sie reden, wie sie leben, damit man was Genaues sagen kann. Das ist dann einer der Aufgaben des Ermittlungsverfahrens, genannt auch Polizei-Verhör. Sie können Ihre Aussage verweigern: "Ohne meinen Anwalt sag' ich gar nichts!"

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 14.08.2016, 12:39

Zur Beteiligungslehre (lapidar):

Unmittelbarer Täter ist jener, der die Tathandlung ausführt.

Mittäter ist jener, der die Tathandlung gemeinsam mit dem unmittelbaren Täter (durch bewusstes und gewolltes Zusammenwirken mit gemeinsamen Tatvorsatz) ausführt.

Bestimmungstäter ist jener, der den Tatentschluss im unmittelbaren Täter vorsätzlich weckt. Es geht um das Wecken des Tatentschlusses.

Beitragstäter ist jener, der dem Täter die Tat erleichtert oder ermöglicht oder ihn, nachdem er den Entschluss bereits gefasst hat) die Tat auszuführen (dann ist keine Bestimmungstäterschaft mehr möglich, da er Entschluss schon gefasst wurde) in diesem Vorhaben anderweitig, durch Überreden weiterzumachen zb unterstützt (psychischer Tatbeitrag zum Beispiel)

Strafbarkeit:

Der unmittelbare Täter ist strafbar (wenn er tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft handelt).

Der Beitragstäter ist strafbar, wenn der unmittelbare Täter die Tat vollendet oder versucht hat. Bleibt dieser aber tatenlos, ist der Beitragstäter, der ihm zum Beispiel das Werkzeug für einen Einbruch bereits überreicht hat, ebenso straflos.

Der Bestimmungstäter ist aber auch strafbar, wenn der unmittelbare Täter tatenlos bleibt (= versuchte Bestimmung zum Delikt nach §§ 12, 15, xyz StGB)

Der Beitrags- oder Bestimmungstäter ist unter Umständen auch strafbar, wenn der unmittelbare Täter nicht schuldfähig und daher straflos (§ 4 StGB) ist (Bestimmung eines 13 Jährigen zum Diebstahl durch einen Erwachsenen).

Konkurrenzen:

Ist jemand Bestimmungstäter und unmittelbarer Täter (sukzessiver Mittäter zb), tritt die Bestimmungstäterschaft gegenüber der unmittelbaren Täterschaft zurück (materielle Subsidiarität). Ist Jemand Bestimmungs- und Beitragstäter zugleich, tritt die Beitragstäterschaft gegenüber der Bestimmungstäterschaft zurück.

Zur Frage des Fragestellers:

Der von Ihnen erwähnte Rat ist zumindest dann unter Umständen als Bestimmung (§ 12 zweiter Fall StGB) zu § 27 SMG auszulegen, wenn der „Ratgebende“ den Vorsatz hat, dass der andere die Tat ausführen wird. Dazu genügt es, dass der Ratgebende es ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet (§ 5 Abs 1 zweiter HS StGB).

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