Schadensersatz für abgegene Kontaktlinse an der Gaderobe

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baugi123
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Registriert: 14.11.2015, 07:03

Schadensersatz für abgegene Kontaktlinse an der Gaderobe

Beitrag von baugi123 » 14.11.2015, 07:28

Liebe Leser!

Mir ist heute etwas für den einen oder anderen sicherlich lustiges passiert aber ich koennt vor wut und frust schrein

Ich war in einem Lokal zu Gast und mir hat die Kontaktlinse sehr weh getan. Bin seit ca 14 Jahren Linsenträger (bin stark kurzsichtig). Gut dachte ich mir dann gibst du die Linse in der Gaderobe fuer 15min mit der Jacke mit ab. Die Dame die hinter der Gaderobe stand legte die Linse auf eine Bierkiste bzw. Ich tat dies weil sie mir das vorgeschlagen hatte. Ich gab dann meine Jacke ab und bekam einen Zettel und dachte in 15min komme ich eh wieder dann hat das Brennen ein Ende. Die Dame hinter der Gaderobe hielt sogar die Bierkiste hoch für mich und ich legte diese drauf und war erstmal erleichtert kein Brennen mehr zu spueren.

Gut, ich kam dann zurück und stellte folgendes fest: Keine Gaderobenfrau mehr da, diese wurde heimgeschickt :-( der Bierkasten stand am Boden weil irgendjemand (vlt ein Gast) diesen runter gestellt hat und natuerlich keine harte Linse mehr da. (kosten 300)

Sicher bin ich irgendwie schuld aber ich bin davon ausgegangen dass da nix sein kann und passiert, ich habe sie ja bei der Gaderobenfrau gelassen.

Ich bin kein Jurist, und ich weiß das eine Kontaktlinse in ein Behältniss gehört aber wenn ich meine Linse quasi wo abgebe haftet dann nicht der Eigentümer??

 



lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 15.11.2015, 11:47

Die Dame bei der Gaderobe wird Besitzerin der ihr von Ihnen in ihre Obhut übergegebenen Sachen. Eigentümer bleiben jedoch Sie.

Wenn sich die Dame bereiterklärt auf die Linse aufzupassen, bzw. diese für eine gewisse Zeit freiwillig in ihre Obhut übernimmt, entsteht ein Verwahrungsvertrag nach §§ 861, 957 ABGB. Dieser setzt keine Entgeltlichkeit voraus (§ 969 ABGB).

Dieser kann ausdrücklich oder konkludent (stillschweigend schlüssig), mündlich oder schriftlich zu Stande kommen (§§ 883, 863 Abs 1 zweiter Halbsatz ABGB). Hier liegt ein entweder mündlicher oder gar ohnehin konkludenter Vertragsabschluss vor (stillschweigende Übernahme der Sache in die eigene Obhut auf Nachfrage).

Haftung:

Die Hauptpflicht des Verwahrers ist die ihm anvertraute Sache, bis zur Rückgabe an den Hinterleger SORGFÄLTIG zu verwahren (§ 961 ABGB). Meines Erachtens haftet Ihnen die Dame für den Ihnen entstandenen Schaden gemäß § 964 ABGB.

Begründung:

Sie hätte, da sie die Linse bewusst an einem so unsicheren Ort platziert hat, ein Auge darauf haben müssen, bis der Hinterleger wiederkehrt oder die Linse an einem sicheren Ort bis zu dieser Zeit aufbewahren.
Da die Verwahrerin jedoch ihren Posten verlassen hat, kam es zu dem Schaden. Bei sorgfältiger Handhabung und der sie unter diesen Umständen treffenden und in diesem Fall auch selbst auferlegten Beaufsichtigungspflichten (als einzuhaltender Sorgfaltsmaßstab) wäre dies nicht passiert.

Hätte die Dame die hinterlegte Sache im Auge behalten, hätte sie rechtzeitig einschreiten können, als die Kisten umgestellt wurden. Ihr Verhalten war somit sorglos und kausal für den Schaden. Sie haftet Ihnen somit aus dem Verwahrungsvertrag gemäß § 1295 Abs 1 zweiter Halbsatz (ex contractu) für ihre sorglose Verhaltensweise, die den Schaden herbeigeführt hat.

Gemäß § 1313a ABGB haftet derjenige, der sich einem Personal zur Erfüllung seiner Pflichten bedient. Würde es sich um eine (so wie es vorgesehen ist) ordentlich hinterlegte Sache (mit Abholschein) handeln würde derjenige, der die Dame hierzu beauftragt hat haften.

Die Dame hat bezüglich der Platzierung der Linse durch ihre Vorgehensweise (unentgeltliche Übernahme ohne Aushändigung eines Abholscheins), ihre vom Lokalbesitzer gewünschte und in Auftrag gegebene Kompetenz überschritten; dennoch ist nicht auszuschließen, dass solche (vertraglich begründeten) Gefälligkeiten hin und wieder vom Personal geleistet werden. Sie hat während ihrer Arbeitszeit im Rahmen ihres Arbeitsbereichs (Verwahrerin) einen Schaden durch ihr sorgloses Verhalten herbeigeführt; meines Erachtens haftet Ihnen demnach der Lokalbesitzer für den Schaden.

Sie können nun entweder von der Dame oder von dem Lokalbesitzer Schadenersatz verlangen. Zu vergüten ist der Zeitwert (§ 1332 ABGB)

MfG
lexlegis

baugi123
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Beitrag von baugi123 » 15.11.2015, 21:08

Danke :-) fuer die ausfuehrluche und juristische Schilderung

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