Nachbarin beschwert sich wg. Klavier im geschlossenen Haus

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schollk
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Registriert: 21.08.2015, 11:41

Nachbarin beschwert sich wg. Klavier im geschlossenen Haus

Beitrag von schollk » 21.08.2015, 12:06

Liebe Forengemeinde!

Ich habe mich hier angemeldet, weil ich ein wenig ratlos bin:

Mein Mann ist Schullehrer sowie selbstständiger Musiker. Während des Schuljahres musiziert er immer nach dem Unterricht in der Schule; wenn es Proben mit anderen Musikern gibt ist das zu 90% bei denen zuhause, weil wir recht weit außerhalb der Stadt wohnen. In den Ferien muss er aber zuhause üben. Er hat ein gewöhnliches Stagepiano ohne Verstärker o.ä.
Wir wohnen hier sehr ländlich, rundherum Bauernfelder - und eine Nachbarin mit ihrem Haus recht nah an unserem Grundstück.

Wie gesagt, mein Mann probt NUR im Juli und im August zuhause. Nicht in der Nacht o.ä., sondern tagsüber, bei geschlossenen Fenstern. Das Haus ist halt nicht schalldicht - draußen hört man ein leises Pling-Pling vom Klavier oder vielleicht einmal alle 3 Monate, wenn eine Sängerin zu Besuch ist, hört man die Stimme nach draußen. Wir reden hier auch nicht von zehnstündigen Proben, sondern von einer, maximal eineinhalb. Die Musik ist keine dröhnende Rockmusik mit schrillem Geschrei, sondern meist eher ruhige Bar-, Jazz- oder Kirchenmusik. Kein Bass, kein Beat, der durch sämtliche Wände dringt oder so.

Kürzlich kam ich nachhause, mein Mann und eine Sängerin haben geprobt, da hat mich die Nachbarin wie eine Furie angefallen und angeschrien, sie halte das nicht mehr aus, sie wolle ihre Ruhe, sie werde ihren Anwalt einschalten usw. (Sie war offenbar seit so 15-20min zuhause und mein Mann und die Sängerin haben es nicht gemerkt, sonst hätten sie das Fenster zugemacht - das war das erste Mal, dass ein Fenster offen war.)
Angebrüllt hat mich die Dame ohne jede Vorwarnung . Ich habe ihr auch freundlich gesagt, dass es zunächst einmal angebracht gewesen wäre, uns im Guten mitzuteilen, dass sie sich gestört fühlt, aber sie ist sofort explodiert.

Weitestgehend versucht mein Mann jetzt, nur zu üben, wenn die Dame nicht zuhause ist, aber gerade beim Proben mit anderen Musikern muss er sich halt auch nach deren Arbeitszeiten richten. Da kann es schon sein, dass die Probe um 18 Uhr angesetzt werden muss, wenn Frau Nachbarin schon daheim ist.

Wir haben ihr auch gesagt, dass wir sie keinesfalls ärgern wollen, aber dass es eben manchmal sein muss, Klavier zu spielen - aus beruflichen Gründen. Dass mein Mann seine Probezeiten, so gut es geht, in die Zeit legt, wenn sie nicht daheim ist, aber dass das eben nicht immer möglich ist (das können verschiedenste Gründe sein, z.B. kann es sein, dass tagsüber dringend etwas Anderes erledigt werden muss und somit erst ab 17 Uhr oder 18 Uhr für 1 Stunde geprobt werden KANN).
Sie zeigt sich absolut uneinsichtig und sagt, sie ist deswegen aufs Land gezogen, weil sie ihre Ruhe will. Ich kann das ja sogar nachvollziehen, wir mögen es auch ruhig, aber wir reden doch hier verdammt nochmal nicht von lärmiger Dauerbeschallung sondern von zwei Monaten im Jahr, in denen es einmal pro Woche zu einer Stunde Klaviermusik kommen kann!!

Wir haben übrigens beide recht neu hier gebaut, sie ist vor etwa 2 Jahren eingezogen, wir vor 15 Monaten.

Wir sind nun recht verzeifelt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Recht auf ihrer Seite ist, wenn wir in UNSEREM Haus bei GESCHLOSSENEM Fenster TAGSÜBER Klavier spielen... selbst in der Nacht müsste das eigentlich im eignen Haus bei geschlossenem Fenster möglich sein, was wir eh nicht tun - oder??

Ich will auch gar nicht die Rechtskeule schwingen, aber sie lässt einfach nicht mit sich reden. Sollte sie wieder mit Anwalt drohen, möchte ich ihr wenigstens freundlich entgegensetzen können, wie die Rechtslage aussieht. Von einem Rechtsstreit sind wir hoffentlich weit entfernt...

Ich danke euch für euren Rat!

Herzliche Grüße
Katharina



Manannan
Beiträge: 1447
Registriert: 28.09.2012, 11:08

Beitrag von Manannan » 21.08.2015, 12:45

Tägliches Klavierspielen bis zu vier Stunden wird von den Gerichten bei Mietwohnungen iSd § 364 Abs 2 ABGB noch als ortsüblich und zumutbar angesehen. Da es sich in Ihrem Fall aber um ein Wohnhaus handelt und das Klavierspiel noch dazu bei geschlossenem Fenster stattfindet und auch unter dieser zeitlichen Grenze liegt, dürfte die Nachbarin im Falle eines Rechtsstreites unterliegen.
Auch wenn diese Nachbarin besonders geräuschempfindlich sein sollte, so ist die Toleranzgrenze nicht an ihr als Einzelperson zu messen, sondern am Durchschnittsmenschen.

So wie Sie die Reaktionen und das Verhalten dieser Nachbarin schildern, wird sie anwaltlichen Rat einholen und, falls Sie sich nicht einschüchtern lassen, eine Unterlassungsklage einbringen. Das nachbarschaftliche Verhältnis dürfte mit diesem Auftreten der Nachbarin ohnehin auf Dauer gestört sein. Sie sollten daher den von der Nachbarin angedrohten Rechtsstreit nicht scheuen und sich das Klavierspiel bzw diese Proben nicht vermiesen lassen.

Hier die Rechtssätze des OGH zu ähnlichen Entscheidungen:

https://www.ris.bka.gv.at/JustizEntsche ... Self=False
Zuletzt geändert von Manannan am 25.08.2015, 15:03, insgesamt 1-mal geändert.

schollk
Beiträge: 2
Registriert: 21.08.2015, 11:41

Beitrag von schollk » 25.08.2015, 12:08

Vielen herzlichen Dank für die umfassende und kompetente Antwort!

Katharina

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