Sachschaden

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Niketo
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Registriert: 30.09.2014, 12:42

Sachschaden

Beitrag von Niketo » 30.09.2014, 13:39

Hallo,

Ich hätte eine Frage, die ziemlich einfach ist, denke ich, aber die Geschichte etwas lang ist und hoffe, dass ich hier etwas Hilfe bekomme, damit ich weiss, wie ich dann weiter vorgehen soll. Bitte lest das Ganze, obwohl es lang ist und bringt mich auf gute Ideen! :)

Ich und meine Frau sind Musiker. Wir haben eine Geige, die nichts besonderes ist, ca. 1500 Euro wert und wollten diese vor einpaar Jahren verkaufen. Da meine Frau einen Mann kennt, der ein Musikgeschäft hat, hat sie sich gedacht ihm die Geige zu geben, damit er diese verkaufen kann. Da sie sich von früher kennen, hat sie ihm einfach den Preis genannt, den sie haben wollte und weit unter den Wert der Geige war, und hat ihm die Freiheit gegeben die Geige für so viel zu verkaufen wie er wollte und konnte. Alles drüber sollte für ihn bleiben. Leider haben sie nichts schriftliches ausgemacht, da sie angenommen hat, dass es keine Probleme geben würde, weil er ein Bekannter war.

Die Geige war bei ihm vielleicht so ca. 2 Jahre und da er diese nicht verkauft hat und wir irgendwie verstanden haben, dass er auch nichts dafür unternimmt, sondern das Instrument einfach bei sich gelagert hat, sind wir beide letztes Jahr gegangen um die abzuholen. Als wir den Geigenkasten geöffnet haben, haben wir bemerkt, dass die Geige oben auf dem sogenannten Bassbalken einen grossen Riss hat. Hier ist anzumerken, dass als meine Frau ihm vor Jahren die Geige gegeben hat, war der Steg etwas schief (das ist das Teil in der Mitte auf dem die Seiten liegen und angespannt sind) und der Mann ganz brutal versucht hat diesen gerade zu drücken ohne die Seiten vorher zu entspannen, was man so eben nicht macht. Meine Frau hat ihm damals gestoppt, aber wir denken, dass er das Selbe danach alleine weiter versucht hat und eben das Instrument kaputt gemacht hat. Vielleicht war auch das der Grund, dass er die Geige einfach dann irgendwo gelassen hat und gar nicht verkauft hat.

Wie dem auch sei, als wir ihm darauf angesprochen haben, hat er natürlich gemeint, dass er diesen Riss auch zum ersten Mal gesehen hat. Da er ein Geschäft hat und sicherlich auch versichert ist, haben wir ihm dann vorgeschlagen, dass er den Fall seiner Versicherung gibt. Dafür wollte er einen Kostenvoranschlag von einem Geigenbauer für die Reparatur. Wir haben so einen geholt, der Geigenbauer hat direkt ihm geschrieben und dann nie eine Antwort von ihm bekommen. Nach einiger Zeit hat meine Frau ihn angerufen und er hat gemeint, dass der Geigenbauer (den wir seit Jahren kennen und der beste und wirklich ehrlichste in Wien ist) nur davon verdienen wollte und das einfach zu teuer ist. Komischerweise hat der Mann ein Musikgeschäft und hat keine Ahnung von diese Sachen! Er wollte noch einen Kostenvoranschlag von einem anderen Geigenbauer. Die Frage ist noch, wieso sollte ihn das interessieren, er sollte das alles einfach der Versicherung überlassen... Aber ok, wir sind zu einem anderen Geigenbauer gegangen und er hat uns einen Brief geschrieben, dass die Geige den Wert von 1500 Euro hat und seiner Meinung nach wegen falscher Lagerung (Luftfeuchtigkeit, Temperatur etc.) einen Totalschaden hat, somit würden die Reparaturkosten den Geigenwert übersteigen und es lohnt sich nicht das Instrument zu reparieren. Auf Grund diesen Brief sollten wir einfach den Wert der Geige zurückerstattet bekommen. Wir haben den Mann eine Kopie vom Brief gegeben und wieder einige Monate auf Antwort der Versicherung gewartet.

Und da es schon wieder sehr lange gedauert hat, hat meine Frau den Mann eine Email geschrieben (übrigens sie hat ihm öfters geschrieben mit der Hoffnung, dass er einmal antwortet und wir etwas schriftliches haben, das hat er aber nie gemacht) und gefragt, ob es schon eine Antwort gibt. Und da kommt das Beste! Er hat sie wieder leider nur angerufen und gesagt, dass die Versicherung das abgelehnt hat, aber weil er ein langjähriger Kunde ist, schenken Sie ihm (einfach so) 250 Euro! :D Und jetzt ist uns klar geworden, dass er einfach uns belügt und entweder nie etwas an einer Versicherung gegeben hat oder einfach das Geld kassiert hat und nichts sagt. Obwohl ich denke, dass die Versicherung mit meiner Frau in Kontakt treten sollte, bin mir aber darüber nicht sicher. Meine Frau hat daraufhin eine schriftliche Bestätigung dafür verlangt, weil er in dem Fall sicher die Entscheidung der Versicherung auch schriftlich bekommen sollte, aber er hat gemeint so eine hat er nicht.

Jetzt ist die Frage, wie sollten wir vorgehen. Können wir ihn in diesem Fall verklagen, wenn nichts schriftliches gibt? Bin ich als Zeuge ausreichend, da ich gesehen habe wie sie ihm die Geige zuerst übergeben und danach beschädigt zurückgenommen hat, und ausserdem die ganze Geschichte beobachtet habe oder da ich mit ihr verheiratet bin, bin ich dann automatisch unglaubwürdig?

Ich habe mir gedacht ihm einen eingeschriebenen Brief zu schreiben und von ihm binnen z.B. 14 Tage die Erstattung des Instrumentenwertes auf dem Bankkonto meiner Frau zu verlangen oder eine schriftliche Bestätigung über die Entscheidung der Versicherung. Auf jeden Fall soll er auf dem Brief binnen 14 Tage schriftlich antworten, da wenn er das macht, werden wir schon ein Beweis haben und können ihn dann verklagen.

Würde das etwas bringen bzw. können wir so etwas machen? Wäre das rechtskräftig? Der Sinn wäre ihn einfach zu erschrecken und dafür zu bewegen endlich zu reagieren. Immerhin auch wenn das Ganze nicht schriftlich geregelt wurde, sollte das als einen mündlichen Vertrag gelten und ich bin Zeuge dafür...

Ich glaube, dass meine Frage für die Kenner hier nicht sehr kompliziert oder komplex ist und hoffe, dass ihr mir bald hilft und einige Ideen gibt, wie wir jetzt vorgehen sollten.

Ich bedanke mich dafür sehr im Voraus und wünsche euch eine schöne Woche! :)

N.



lexlegis
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Registriert: 01.07.2013, 19:24

Beitrag von lexlegis » 01.10.2014, 10:47

Vertragsanalyse:

Auch ein mündlicher Vertrag ist gültig (§ 883 ABGB). Hier liegt ein sogenannter Trödlervertrag nach §§ 861, 1086 ABGB vor. Der Betreiber des Musikgeschäfts hat von Ihrer Frau den Auftrag erhalten die übergebene Geige zu verkaufen. Einen zum Zeitpunkt des Vertrages unbestimmten Teil des Erlöses darf er sich als Bezahlung für diese Leistung behalten; einen zum Zeitpunkt des Vertrages bestimmten Teil muss er abgeben.

Vertragsgültigkeit:

Problematisch ist hier zunächst die Frage nach den essentialia negotii. Hinsichtlich der Sache, welche übergeben werden soll gibt es kein Problem. Der Preis an den Trödler für den Verkauf derselben wurde jedoch nicht bestimmt. Es genügt jedoch, wenn dieser bestimmbar ist. Da die Höhe des Erlöses für den Übergeber exakt bestimmt war, war zumindest auch die Höhe des Erlöses für den Trödler bestimmbar; wenn auch nur schätzungshalber, daher sollte der Vertrag gültig zu Stande gekommen sein.

Haftung aus dem Vertrag:

Gemäß § 1087 Satz 2 erster Fall ABGB haftet der Übernehmer für den durch sein Verschulden verursachten Schaden an der übergebenen Sache. Dass kein Übernahmeprotokoll existiert, welches fotografisch und schriftlich den Zustand der Sache vor der Übergabe kundtut, spielt bei der Haftung ex contractu eine geringe Rolle, da hier gemäß § 1298 ABGB den Übergeber die Beweislast trifft; er also beweisen muss, dass der Schaden nicht während seiner Obhut entstanden ist. Gelingt ihm dies nicht muss er den Schaden ersetzen. Rentiert sich die Naturalrestitution nicht (Kosten-Nutzen-Aufwand), hat er den Schaden in barem Gelde zu vergüten (§ 1323 Satz 1 ABGB). Da es sich um eine Speziessache handelt, kann nicht auf Erfüllung nach § 918 ABGB geklagt werden. Wohl aber kann Schadenersatz verlangt werden.

Die Anspruchsgrundlage ergeht aus dem Trödlervertrag nach §§ 861, 1086, 1087 Satz 2 ABGB. Der Trödler haftet aus dem Vertrag (ex contractu) gemäß § 1295 ABGB. Gemäß § 1298 ABGB trifft ihn die Beweislast, dass der Schade nicht während seiner Obhut über die Sache entstanden ist. Meines Erachtens liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Schade durch den erneuten „Reparaturversuch“ entstanden ist. Der Trödler wurde vom Auftraggeber zuvor extra darauf hingewiesen, dass eine solche Vorgehensweise eine Beschädigung nach sich ziehen könnte. Das Verhalten war demnach trotz des Hinweises als auffällig ungewöhnlich sorgfaltswidrig einzustufen. Die Anspruchsgrundlage hinsichtlich des Schadenersatzes fußt demnach auf §§ 1295, 1331 ABGB. Subsidiär kommt § 1332 ABGB in Betracht, wonach der Ersatz dergestalt ausfällt, dass der Wert, den die Sache zum Zeitpunkt der Beschädigung hatte in barem Gelde zu vergüten ist, da sich eine Naturalrestitution nicht rentiert (§ 1323 Satz 1 ABGB). Ob eine solche tatsächlich untunlich ist müsste von einem Sachverständigen geklärt werden. Sie können durchaus einen solchen beauftragen und die hierfür anfallenden Kosten in der Schadenersatzklage geltend machen.

Niketo
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Beitrag von Niketo » 01.10.2014, 21:15

Hallo,

Vielen Dank für die perfekte Antwort! Da wären nur noch zwei Fragen...

1. Sollte ich noch einen Sachverständiger beauftragen? Ist der Geigenbauer nicht das Selbe? Er hat ja einen Brief geschrieben (für diese Arbeit haben wir natürlich auch schon bezahlt) in dem er den Wert der Geige schätzt, den genauen Schaden beschreibt mit der Schätzung wie er eventuell entstanden ist (falsche Lagerung, ob der Trödler erneut versucht hat das Instrument zu "reparieren" hat leider niemand mehr gesehen) und das Ganze als Totalschaden für dem es eine Reparatur nicht lohnenswert wäre zusammengefasst.

2. Da wir aber das Instrument doch nicht verlieren wollten, haben wir es im Sommer etwas günstiger in Bulgarien reparieren lassen. Wäre das jetzt ein Problem für eine Schadensersatzklage, wenn wir den Schaden vorher durch den Geigenbauer protokoliert haben?

Vielen Dank nochmals für die Hilfe!

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