Entschädigung für Verspätung des Gepäcks

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runaway
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Entschädigung für Verspätung des Gepäcks

Beitrag von runaway » 02.08.2014, 21:54

Hallo!

Folgendes Problem:
Wir sind über Rom nach New York geflogen. Unser Gepäck blieb jedoch in Rom liegen.
Uns wurde versichert, dass die Koffer in unser Hotel gesendet werden. Die Airline hatte dafür 6 Tage Zeit. Jedoch bekamen wir das Gepäck erst am Ende des Urlaubs in Wien wieder.
Was steht uns in diesem Fall (17 Tage ohne Gepäck) zu? Die Airline bietet uns 80€ pro Person, aber das kanns ja nicht sein, oder?
Vielleicht kennt sich ja hier wer aus, wäre super!

Vielen Dank!



Manannan
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Beitrag von Manannan » 04.08.2014, 13:28

Worin liegt Ihr (materieller) Schaden?

Wenn Sie einen über die € 80,00 hinausgehenden Schaden erlitten haben, dann müssen Sie diesen auch entsprechend nachweisen.
Die Haftung der Fluggesellschaft ist idR mit rd € 1.200,00 gedeckelt. Ersatzweise beschaffte neue Kleidungsstücke werden idR mit 50 % ersetzt.

runaway
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Beitrag von runaway » 04.08.2014, 16:05

Danke für die Antwort!

Naja, was heißt Schaden... die Koffer haben wir ja am Ende wieder vollständig erhalten. Der Schaden ist ja hauptsächlich das, dass wir uns darauf konzentrieren mussten Klamotten zu kaufen anstatt den Urlaub zu genießen...

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 04.08.2014, 17:59

Zwischen der Airline und Ihnen liegt ein Beförderungsvertrag vor.

Dabei handelt es sich aufgrund der Charakteristik (Erfolgsschuld) um einen Werkvertrag nach §§ 861, 1151 ABGB. Ein solcher wird auch bei der Beförderung mit einem Taxi oder anderen Beförderungsmitteln angenommen.

Beim Werkvertrag schuldet der Werknehmer dem Auftraggeber einen bestimmten Erfolg (hier: die Beförderung des Auftraggebers und von seinem Gepäck von A nach B). Die Beförderung des Gepäckes ist Teil des Vertrages; auch hierfür hat der Auftraggeber bezahlt. Das Gepäck kam nicht wie vereinbart am gewünschten Ort zur gewünschten Zeit an, demnach hat der Werknehmer seine ihn aus dem Vertrag treffende Verpflichtung nicht ordentlich erfüllt. Die Nachfrist, wonach eine Erfüllung innerhalb von 6 Tagen erfolgen hätte sollen, wurde von der Airline ebenfalls nicht eingehalten, demnach beruht die Schadenersatzforderung und die Möglichkeit einer Rücktrittserklärung auf § 918 Abs 1 ABGB. Meines Erachtens ist ein Rücktritt vom Vertrag soweit möglich, dass das je nach Gewicht des Gepäcks variierende bezahlte Entgelt für die Beförderung zurückzuzahlen wäre, da der geschuldete Erfolg aus dem Werkvertrag diesbezüglich nicht erbracht wurde. Des Weiteren kann Schadenersatz (§§ 1295 ff ABGB) für den entstandenen Aufwand (Kauf von frischem Gewand) verlangt werden.

Immaterieller Schadenersatz:

Wie weit die Urlaubsfreude entgangen ist wäre hier ebenfalls zu klären (§ 31e Abs 3 KSchG). Der Reiseveranstalter dürfte vermutlich auch für das Versagen der Airline mitverantwortlich sein (§ 1313a ABGB).

PS: Auch wenn vermutlich kein österreichisches Recht zur Anwendung kommt, dürfe die rechtliche Situation trotzdem ähnlich sein.

runaway
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Beitrag von runaway » 04.08.2014, 20:00

Danke lexlegis für den Gesetzestext.

Um etwas konkreter zu werden: Der Flug ging mit Alitalia. Wir haben den Flug und die gesamte Reise selbst geplant und gebucht, also ohne Reiseveranstalter. Wir wechselten auch mehrmals Ort und Hotel, aber das Hotel in Las Vegas erschien uns und den Mitarbeitern beim Lost and Found Büro als beste Option die Koffer dorthin zu schicken, da die dafür insgesamt 6 Tage Zeit hatten.
Anscheinend waren unsere Koffer noch länger unterwegs und die Airline kontaktierte das Hotel erst als wir schon ausgecheckt hatten. Dann wurde das Gepäck nach Wien transportiert...

Wie soll ich jetzt weiter vorgehen? Hab von Der Fluglinie auch schon eine zu unterschreibende Erklärung erhalten, dass wir 160€ als Erstattung akzeptieren, aber das will ich ehrlichgesagt so nicht durchgehen lassen...

Manannan
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Beitrag von Manannan » 05.08.2014, 12:10

ABGB Bestimmungen kann man hier einmal vergessen. Es gilt das Montrealer Übereinkommen als lex specialis und ist für EU-Bürger anzuwenden.

Die durch die Verspätung des Gepäcks notwendig gewordenen Ersatzeinkäufe sind nachzuweisen. Für den Fluggast gilt hier die Schadensminderungspflicht, dh als Ersatz für eine Jean darf er sich keinen Smoking zulegen. Kleidung wird, wie bereits ausgeführt, bis max 50 % ersetzt.
Sie müssen nachweisen, dass Ihre Ausgaben höher waren als die angebotenen € 160,00. Wenn Ihnen das nicht gelingt, dann nehmen Sie die € 160,00.

runaway
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Beitrag von runaway » 05.08.2014, 20:40

Ok, dann ist die Info hier (http://www.focus.de/reisen/flug/gepaeck ... _9342.html) falsch?
Schade eigentlich! :(

Manannan
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Beitrag von Manannan » 05.08.2014, 21:14

Nach den (österreichischen) Gesetzesmaterialien zum Übereinkommen soll das Haftungsregime dem Geschädigten nicht einen Mindestersatz, sondern einen angemessenen, international einheitlichen Ersatzanspruch garantieren, der im Interesse des Luftfrachtführers an der Kalkulierbarkeit des Risikos nicht überschritten wird. Insoweit kommt dem Montrealer Übereinkommen Anwendungsvorrang vor den innerstaatlichen Schadenersatzbestimmungen und den innerstaatlichen Regelungen über den Verwahrungsvertrag zu (OGH 10 Ob 47/12b, 17.12.2012).

Der von Ihnen zit Bericht im Focus ist nicht falsch. Ausdrücklich wird auf die Sonderziehungsrechte iSv Art 24 leg cit verwiesen. Hier handelt es sich um Haftungshöchstgrenzen! DH, auch wenn der von Ihnen nachgewiesene Schaden höher sein sollte, dann gilt dennoch diese Höchstgrenze ( rd € 1.300,00)
Zuletzt geändert von Manannan am 05.08.2014, 21:39, insgesamt 1-mal geändert.

runaway
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Beitrag von runaway » 05.08.2014, 21:26

Aber wie kann, bzw. soll ich überhaupt der Airline klar machen, dass der Schaden nicht nur Toilettenartikel, ein paar Hosen und Leiberl sind die wir neu kaufen mussten, sondern die Tatsache, dass uns Zeit verloren ging, in der wir mit einkaufen, nachfragen etc. beschäftigt waren? Also zählt hier wirklich nur Sachschaden?

Manannan
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Beitrag von Manannan » 05.08.2014, 21:36

Die verlorene bzw dafür aufgewandte Zeit wird nicht ersetzt.
Haben Sie Rechnungen? Wenn ja, dann legen sie diese vor und führen ergänzend auch noch einen pauschalen Kostenersatz für sonstige damit verbundene Unannehmlichkeiten (Telefonate etc.) an.

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