Gewährleistung bei Kleidungsstücken

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Eisbrecher
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Gewährleistung bei Kleidungsstücken

Beitrag von Eisbrecher » 28.07.2014, 18:57

Hallo,

hatte heute eine Diskussion über die Gewährleistung bei Kleidungsstücken. Nach ABGB §924 steht ja prinzipiell der Veräußerer sechs Monate lang in der Beweisbringschuld, dass das verkaufte Produkt bei Übergabe mangelfrei war, was in der Praxis schwer zu erbringen ist.

Nun ist ja gewöhnlicher Verschleiß von der Gewährleistung ausgenommen (in welchem Paragraphen ist das eigentlich zu finden?). Was ich allerdings nicht finden konnte ist was bei Kleidung als gewöhnlicher Verschleiß gilt? Wird z.B. eine Hose drei Monate lang, wie in der Pflegeanweisung vorgegeben, gewaschen und beginnt dann sich zwischen den Beinen aufzulösen, ist dies als als gewöhnlicher Verschleiß oder als Mangel zu werten?

Und sollte dies als Mangel zu werten sein - was wäre denn wenn ich die Hose ständig mit dem falschen Programm gewaschen hätte und ich einfach das Gegenteil behaupte? Der Verkäufer ist da ja eigentlich blöd dran, da er erstmal das Gegenteil beweisen muss.

Außerdem meinte meine Konversationspartnerin weiters, sie würde bei neu gekaufter Kleidung meist die Zettel mit den Plegehinweisen abschneiden. Wenn sich die Kleidung aber später auflösen würde, würde sie im Laden aufgrund der Gewährleistungspflicht innerhalb von sechs Monaten (also solang die Bringschuld halt auf seiten des Verkäufers liegt) ihr Geld zurückverlangen.

Nach Recherche weiss ich mittlerweile dass sie nach ABGB §932 Abs 2 bei erstmaliger Reklamierung keinen Anspruch auf sekundäre Rechtsbehelfe hat und somit nur auf Austausch oder Verbesserung zurückgreifen kann.

Nun nehme ich mal schwer an dass ihr in Bezug auf die primären Rechtsbehelfe durch das Zettel abschneiden keinerlei Nachteile entstehen. Wie sieht das aber aus wenn es z.B. die zweite Reklamation wäre und sie sich prinzipiell auf Wandlung berufen könnte? Die zurückgenommene Ware hat dann ja, jetzt mal vom Mangel abgesehen, durch das abschneiden der Pflegehinweise einen Wertverlust erfahren. Kann das Geschäft diesen durch Rückzahlung von weniger Geld kompensieren?

Wo wir schon beim Thema Wandlung sind: Sie hätte ja im obigen Fall auch nur dann einen tatsächlichen Anspruch auf Wandlung wenn nach erfolgloser Verbesserung oder Austausch auch ein schwerer Mangel vorliegt. Bei geringfügigem Mangel kann sie höchstens auf Preisminderung bestehen. So, nun ist der Begriff geringfügiger und schwerer Mangel meines Wissens nach nicht gesetzlich definiert. Gibt es in Bezug auf Textilstücke vielleicht irgendwelche Referenzfälle in denen ungefähr fest gemacht wurde was hier einem leichten oder schweren Mangel entspricht?

So, denke das war es erst mal. Vielen lieben Dank schon mal für die Antworten. Für etwaige Unkorrektheiten entschuldige ich mich, bin kein Jurist :D

Liebe Grüße,
Eisbrecher



lexlegis
Beiträge: 1186
Registriert: 01.07.2013, 19:24

Beitrag von lexlegis » 28.07.2014, 20:25

Nicht alles was gilt muss in einem Gesetz stehen. Es ergibt sich allein aus der Logik, dass eine Sache die nach dem Kauf gebraucht wird (so wie es üblich ist) nach einer Zeit Gebrauchsspuren aufweist. Diese sich allein schon aus der Natur des Gebrauches ergebenden Gebrauchsspuren sind nicht als Mängel im Sinne des Gewährleistungsrechts anzusehen. Wäre dem so könnte jeder Käufer das Recht auf Gewährleistung missbräuchlich verwenden und sämtliche Unternehmen, die das Gewährleistungsrecht nicht ausschließen können (§ 9a KSchG) könnten zusperren.

Wenn sich die Kleidung binnen kürzester Zeit trotz ordnungsgemäßer Handhabung aufzulösen beginnt ist dies definitiv kein gewöhnlicher Verschleiß. Wenn sie mit der Zeit auszubleichen beginnt wohl eher. Eine Kleidung die sich aufgelöst hat ist unbrauchbar; eine Kleidung deren Farbe ausgeblichen ist jedoch nicht, sie taugt noch zum gewöhnlichen Gebrauch ohne weiteren Aufwand (Reparatur, Nähen, USW). Wird sie unbrauchbar ist der Mangel als gravierend, sohin nicht als geringfügig anzusehen. Ein Mangel ist also dann nicht bloß geringfügig wenn er dergestalt ausfällt, dass die Sache nicht einmal mehr für den gewöhnlichen Gebrauch taugt oder denselben so beeinträchtigt, dass es für den Verwender unzumutbar ist. Demnach wäre als sekundärer Rechtsbehelf das Recht auf Wandlung sofort durchsetzbar, wenn der Primäre warum auch immer nicht fruchtet. Beeinträchtigt der Mangel den Gebrauch der Sache bloß, aber sind die wesentlichen Grundfunktionen unberührt, wird nur eine Preisminderung in Betracht zu ziehen sein.

Der Käufer könnte nun natürlich absichtlich das Gewand falsch behandeln (falsch waschen). Gemäß § 924 ABGB trifft die ersten sechs Monate nach Übergabe die Beweislast zwar den Verkäufer, aber der Käuferkreis, der diesen „Gewährleistungsmissbrauch“ absichtlich betreibt ist bestimmt sehr gering. Diesen „Ausnutzerkreis“ hat ein richtiger Unternehmer einkalkuliert und wenn es sich ein renommiertes Unternehmen handelt, dann tauscht es die Sache ohne Wenn und Aber anstandslos aus, denn wie viele % der Kunden nutzen das schon wirklich aus? Die Anzahl ist sicher gering und unbedeutend.

Wenn Ihre Kollegin den Zettel abschneidet, wo der Pflegehinweis oben steht schmälert sich dadurch nicht ihr Grundrecht auf Gewährleistung. Der Übergeber könnte jedoch an Beweiskraft gewinnen, wenn er behauptet dass die Sache nicht ordnungsgemäß gepflegt wurde, weil der Käufer den „kratzenden“ Pflegehinweis ignoriert und entfernt hat. Die Entfernung des Pflegezettels schmälert aber den tatsächlichen Wert der Sache meines Erachtens nicht, da dies die Möglichkeit die Sache zu Gebrauchen weder einschränkt noch vereitelt. Klar entsteht eine Wertminderung, diese entsteht aber eher durch die Tatsache, dass die Ware gebraucht (angezogen) wurde und daher nicht mehr als „neu“ angepriesen werden kann. Das ist aber ein Risiko, das der Verkäufer eingehen und sich gefallen lassen muss, wenn der Käufer Gewährleistung geltend macht.

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