Schadenersatz- Wer haftet?

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gerlindeA
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Schadenersatz- Wer haftet?

Beitrag von gerlindeA » 29.05.2014, 21:33

Fiktiver Fall:

Ein unmündiger Minderjähriger (Person A, 12 Jahre alt) beschädigt das Eigentum von Person B. Strafverfahren wird eingestellt, da deliktunfähig. Wie sieht es aber zivilrechtlich aus? Angenommen Person B stellt eine Schadenersatz-Forderung, Person A streitet die Schuld ab und es kommt zu einem Zivilverfahren. Wer kommt für den Schaden und die Verfahrenskosten auf, wenn die Aufsichtspflicht der Eltern nicht verletzt wurde?

danke, lg :)



lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 29.05.2014, 22:34

Ein 12 jähriges Kind ist doch schon einsichts- und handlungsfähig –wenn auch nur beschränkt, zumindest kann man ihm ein Verschulden vor erreichter Mündigkeit anlasten (§§ 176, 1310 ABGB). Wie der Wortlaut des § 176 ABGB schon sagt: „Grundsätzlich gilt: Erst ab 14 ist jemand verschuldensfähig; ABER NUR, wenn ihm nicht schon vorher ein Verschulden zugerechnet werden kann. Ein 12 jähriges Kind hat durchaus ein Unrechtsbewusstsein und kann sein Handeln auch nach diesem ausrichten. Eine begrenzte Dispositions- und Diskretionsfähigkeit, kann also, sofern sich nichts anderes ergibt (geistige Beeinträchtigung) durchaus angenommen werden. ANDERS: Wenn ein 3-Jähriges Kind eine fremde Sache zerstört.
Meines Erachtens haftet das Kind für den Schaden.

Die Deliktsfähigkeit im strafrechtlichen Sinne ist davon unabhängig (§ 4 Abs 1 JGG). Der Wortlaut dieser Bestimmung lässt keine andere Interpretation zu: UNTER 14 ist die Person nicht strafbar, auch wenn schon eine beschränkte Einsichts- und Handlungsfähigkeit vorliegen mag. Das Strafrecht ist restriktiver als das Zivilrecht bei solchen Sachen.
Da das Kind sich nicht selbst vertreten bzw. den Ersatz bezahlen kann, dürfen trotz keiner Vernachlässigung der Aufsichtspflicht die Eltern dafür aufkommen.

Im Zivilprozess gilt: Der Verlierer darf alles zahlen (auch die Anwaltskosten der Gegenseite)

gerlindeA
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Beitrag von gerlindeA » 29.05.2014, 23:07

Vielen Dank für die Antwort!
Da das Kind sich nicht selbst vertreten bzw. den Ersatz bezahlen kann, dürfen trotz keiner Vernachlässigung der Aufsichtspflicht die Eltern dafür aufkommen.
Ein Gesetz, welches das rechtfertigt habe ich nicht gefunden
:?
Und Ihre Meinung dazu ( -> http://www.jus24.at/a/haftung-bei-sch%C ... C3%A4hrige ) würde mich auch interessieren. (Die letzten zwei Sätze)
Danke! :)

Hubert Neubauer
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Beitrag von Hubert Neubauer » 30.05.2014, 09:10

Zitat von der Seite: n. Bei der Billigkeitshaftung wird beachtet, ob dem Minderjährigen nicht doch ein Verschulden zur Last gelegt werden kann, weil er in der Lage war die Gefährlichkeit seiner Handlung zu verstehen, ob der Geschädigte aus Rücksicht auf den Minderjährigen die Schadensabwehr unterlassen hat und ob der Minderjährige oder der Geschädigte aufgrund seines Vermögens leichter imstande ist, den Schaden zu tragen. 

Vermögen ist insbesondere anzunehmen, wenn der Minderjährige eine Haftpflichtversicherung hat.

P.S. ob dem Kind ein Verschulden trifft und ob obig erwähnte Umstände zutreffen lässt sich nicht pauschal beantworten und ist immer eine Frage des Einzelfalls.

Manannan
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Beitrag von Manannan » 30.05.2014, 09:41

Der Minderjährige selbst wird wohl keine Haftpflichtversicherung haben (beschränkte Geschäftsfähigkeit!), wenn, dann die Eltern bzw Erziehungsberechtigten. Ein entsprechender Haftungs- bzw Deckungsfonds dürfte demnach gegeben sein.

gerlindeA
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Beitrag von gerlindeA » 30.05.2014, 11:03

Also, dass die Eltern haften, wenn KEINE Aufsichtspflichtsverletzung vorliegt, dürfte nicht stimmen. Wenn der unmündige Minderjährige in der Lage war, die Gefährlichkeit seiner Handlung zu verstehen, dann käme die Billigkeitshaftung in Frage (siehe Beitrag von Herr Neubauer).
Was ist aber, wenn kein Vermögen vorliegt, also auch keine Haftpflichtversicherung der Erziehungsberechtigten?

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 01.06.2014, 14:58

Wenn der Beklagte kein Geld hat, gilt § 1310 vierter Halbsatz ABGB, wonach das Gericht mit Rücksicht der Vermögensbestandteile beider Parteien (Schädiger und Beschädigter) zu entscheiden hat. Wo nichts ist, kann auch nichts geholt werden, also bleibt der Beschädigte vermutlich auf dem Schaden sitzen. Nach § 1310 letzter Halbsatz ABGB kann im Erkenntnisverfahren auch nur ein Teil des Schadenersatzes zugesprochen werden (auf einen billigen Teil des Ersatzes erkennen).

Der Haftung der Eltern wird, sofern § 1309 ABGB nicht in Frage kommt, der § 1313 Satz 1 ABGB entgegenstehen.

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