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Bezahlter Gutschein - Gültigkeit

Verfasst: 01.04.2014, 23:42
von shebang
Guten Abend,

Folgender Sachverhalt: Vor einigen Jahren habe ich einen Gutschein geschenkt bekommen über einen bestimmten Geldbetrag, der von einem Handelsunternehmen in der Nähe ausgestellt worden war; bezahlt hat den Gutschein der Schenkende. Auf dem Gutschein war vermerkt, daß er ein Jahr gültig sei.
In dem einen Jahr habe ich allerdings keine Waren des besagten Unternehmens benötigt und den Gutschein daher nicht eingelöst. Einige Zeit danach wollte ich dann dort etwas kaufen und den Gutschein dafür verwenden; der Besitzer verweigerte das mit der Begründung, daß das Jahr abgelaufen sei und eine Einlösung aus buchhalterischen Gründen nicht möglich sei. Meinen Einwand, daß ja dafür bezahlt worden war, ließ er nicht gelten.

Ich ließ das ganze dann einige Zeit auf sich beruhen, bis mir ein Zeitungsartikel in die Hände fiel mit Verweis auf ein Urteil des OGH, wonach Gutscheine 30 Jahre lang gültig wären. Diesen Artikel habe ich dem Unternehmen noch zukommen lassen mit Bitte um Stellungnahme. Nun schreibt mir das Unternehmen, daß "dieses Urteil nicht für den ganzen Handel anwendbar und auch nicht für alle gültig" sei.

Gehe ich recht in der Annahme, daß diese Behauptung nur eine Nebelgranate ist und nicht auf Tatsachen beruht?

Besten Dank im voraus,
/c

Verfasst: 02.04.2014, 00:30
von lexlegis
Gutschein ohne Ablaufdatum

Das Recht die Leistung eines Gutscheins in Anspruch zu nehmen verjährt bei einem Gutschein ohne Ablaufdatum nach 30 Jahren: Durch den Erwerb des Gutscheins erhält der Besitzer ein bestimmtes Recht, das er durch das Einlösen des Gutscheins ausüben kann. Der bloße Nichtgebrauch eines Rechtes, das an sich schon hätte ausgeübt werden können, verjährt gemäß § 1478 ABGB nach 30 Jahren.

Gutschein mit Ablaufdatum

Privatrecht hat häufig dispositiven Charakter, somit können die beiden Vertragspartner von den Normen des Gesetzes in ihrem Vertrag abweichen oder diese abändern, wenn beide Kontrahenten damit einverstanden sind. Die Verjährungsfrist nach § 1478 ABGB zählt jedenfalls nach ständiger Rechtsprechung zum ius dispositivum, sie ist also keine zwingende Vorschrift und kommt nur dann zum Tragen, wenn die Partner nichts anderes vereinbart haben.

Bei Gutscheinen, die eine geldwerte Leistung zur Folge haben muss das Ablaufdatum sachlich gerechtfertigt sein. Das Ablaufdatum auf einem Gutschein, der an sich einer Verjährungsfrist von 30 Jahren unterliegt wird als grobe Benachteiligung (§ 879 Abs 3 ABGB) gesehen, wenn es nicht sachlich gerechtfertigt ist. Je kürzer die Verfallsfrist sein soll, desto triftiger muss der Rechtfertigungsgrund sein.

Eine solche Rechtfertigung kann jedenfalls dann nicht angenommen werden, wenn ein Vertragspartner in einer wirtschaftlich gesehenen stärkeren Machtposition ist und die Art des Gutscheins so ausfällt, dass es üblich ist eine längere Zeit nach Erhalt für das Einlösen zu benötigen. Der Unternehmer übt in Relation zum gewöhnlichen Verbraucher eine wirtschaftlich gesehen stärkere Position aus. Daher ist ein Ablaufdatum eines Gutscheins, der mittels eines Rechtsgeschäfts zwischen Unternehmer und Verbraucher erworben wurde, als grobe Benachteiligung des Verbrauchers anzusehen und gemäß § 879 Abs 3 eine nichtige Bestimmung, wenn die Verfallsfrist kleiner ausfällt als nach § 1478 ABGB und, wenn die Leistung üblicherweise erst nach einer gewissen Zeit in Anspruch genommen wird. Ist das Ablaufdatum, welches die allgemeine Verjährungsfrist verkürzt nicht sachlich gerechtfertigt, gilt trotz des Ablaufdatums die 30 jährige Frist. Die bereits verstrichene Verjährungszeit von einem Vorbesitzer des Gutscheins wird gemäß § 1493 Satz 2 ABGB eingerechnet. Danach ist das Ausstelldatum des Gutscheins für die Verjährungszeit ausschlaggebend.

Die Begründung, dass das OGH-Urteil nicht für den Handel anwendbar sei, ist jedenfalls unzureichend. Gemäß dem Urteil bedarf jede Verjährungsfrist eines Gutscheins einer hinreichend nachvollziehbaren sachlichen Rechtfertigung. Je kürzer die Frist, desto triftiger muss der Rechtfertigungsgrund sein.

Verfasst: 06.04.2014, 20:44
von shebang
Hallo lexlegis,

Besten Dank für die umfangreiche Antwort.

lg/c