Gutschein - bezahlt aber keine Leistung

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hseitl
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Gutschein - bezahlt aber keine Leistung

Beitrag von hseitl » 29.01.2014, 15:28

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich hätte eine Frage bez. eines Gutscheines und würde mich über ihre fachkundige Auskunft freuen.

Sachverhalt:
Ich habe im Mai 2013 zwei Gutscheine zu einer "Genussrallye" (Busfahrt von Gasthaus zu Gasthaus inkl. Verköstigung) geschenkt bekommen. Diese findet jedes Jahr 2x statt. Der Gutschein wurde bereits im Vorfeld von einer Bekannten bezahlt (je € 60) und als Geschenk an mich weitergegeben. Der genaue Veranstaltungstermin war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt weshalb auf dem Gutschein folgendes angeführt wurde:

"Gutschein für 2 Personen zur Genussrallye im Herbst (den genauen Termin werden wir sobald als möglich bekannt geben)."

Bis auf diesen Satz stehen weder Ausfolgungsdatum noch eine Gültigkeitsdauer auf dem Gutschein.

Folgendes ist nun passiert:
Das Event hat am 30.11.2013 stattgefunden. Am 01.12.2013 wurde ich von einer Bekannten kontaktiert, dass zwei Plätze im Bus leer geblieben sind und das offensichtlich unsere Plätze waren. Ich habe dann beim Veranstalter angerufen, wo mir mitgeteilt wurde, dass die Plätze für uns reserviert waren und die Gutscheine nun verfallen seien, weil ich und meine Begleitung eben nicht erschienen seien.

Das sehe ich allerdings nicht so, da ich 1. nicht über den Termin informiert worden bin, 2. bei der Formulierung "im Herbst" keine Jahreszahl genannt ist und 3. an keiner Stelle ersichtlich ist, dass ich automatisch zu diesem Event angemeldet bin.

Der Veranstalter antwortete mir darauf, dass der Termin ab Oktober im Internet nachzulesen gewesen sei und überhaupt habe die Person, die den Gutschein abgeholt habe ohnedies gewusst, dass man automatisch angemeldet sei, da sie vor zwei Jahren selbst daran teilgenommen habe. Für Kommunikationsfehler zwischen der Person und mir könne das Büro nichts. Weiters sei klar gewesen, dass der Herbst 2013 gemeint sei.

Meine Frage ist nun, ob dieser Gutschein wirklich verfallen ist? Letztenendes habe ich ja für eine Leistung bezahlt, welche nicht erbracht wurde.

Über ihre Meinung/Hilfe/Lösungsansätze wäre ich sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen
Hans Seitlinger



lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 29.01.2014, 16:58

Die von Ihrer Bekannten bezahlten Gutscheine sind für eine geldwerte Leistung (in der Höhe von je 60 Euro) geeignet. Aus dem Sachverhalt ergibt sich nicht, dass diese der Bekannten im Zuge eines exklusiven Vereins oder ähnlichem ausgehändigt wurden, wonach nur Mitglieder dieses Vereins diese einlösen könnten. Ein Schenkung der Gutscheine an Dritte ist somit durchaus zulässig und auch in diesem Bereich nichts Unübliches, daher muss der Aussteller der Gutscheine auch damit rechnen, dass diese an andere Personen als den direkten Käufer übergeben werden. Ein Gutschein berechtigt, soweit nicht anders bestimmt, bereits den bloßen Inhaber (sohin nicht Eigentümer) die auf dem Gutschein vermerkte (geldwerte) Leistung in Anspruch zu nehmen. Die Anmeldung einer Person zu einem Event erfolgt bei einem begrenzten Platzangebot logischerweise bereits nach dem Verkauf der „Eintrittskarten“ (hier: der Gutscheine) für den Event. Würde die Anmeldung einen extra Schritt erfordern, wäre dies mit einem unnötigen Aufwand für den Veranstalter verbunden. So durfte er nach dem Verkauf der Gutscheine bereits davon ausgehen, dass die "gekauften Plätze" im Bus auch benötigt werden.

Zeit und Ort der Erfüllung des Vertrages, wurden auf dem Gutschein nicht genau bestimmt. Grundsätzlich ist zwar bei einem Vertrag nicht am exakten Wortlaut festzuhalten sondern die Absicht der Vertragsparteien zu erforschen (§ 914 ABGB). Wer sich aber bei zweiseitig verbindlichen Verträgen einer unklaren Äußerung bedient, dem gereicht dies zum Nachteil (§ 915 zweiter Halbsatz ABGB). Da der Gutschein eine geldwerte Leistung in Anspruch nimmt und zuvor auch bezahlt und vom Unternehmen nicht bloß verschenkt wurde, handelt es sich um einen zweiseitig verbindlichen Vertrag. Der eine Teil ist verpflichtet den bezahlten Gutschein auszuhändigen, der andere hingegen die versprochene Leistung zu erbringen. Dass die Bekannte, welche schon öfters an solchen Events teilgenommen hätte, gewusst habe welcher Herbst gemeint ist, inkludiert bei an Dritte übertragbaren Gutscheinen nicht automatisch, dass auch der Beschenkte hiervon Bescheid wusste. Die Bekannte hätte die Gutscheine auch an eine Fremde ihr nicht nahestehende Person verkaufen können. Es liegt nicht in ihrer Aufgabe den Käufer oder den Beschenkten über nicht offensichtliche „Insider-Vertragspunkte“ aufzuklären. Dies würde zu weit reichen, denn bei einer Mehrfachveräußerung würde bestimmt einmal vergessen zu erwähnen, welcher Herbst gemeint sei und da es sich um ein jährlich wiederkehrendes Event handelt ist dies anhand der unglücklich gewählten Formulierung auf dem Gutschein -noch dazu ohne Datum- nicht eindeutig. Dass der Event im Herbst stattfindet hat das Unternehmen bei der Ausstellung des Gutscheins sehr wohl gewusst, auch wenn noch kein exaktes Datum bekannt war; daher hätte eine Deklaration auf dem Gutschein mit „Herbst 2013“ ausgereicht um dieses Missverständnis auszuschließen. Eine solche Kennzeichnung wäre auch zumutbar gewesen.

Die Rechte eines Gutscheins ohne Ablaufdatum in Anspruch zu nehmen, sind nichtgebrauchte Rechte, die an sich schon hätten ausgeübt werden können, sie verjähren grundsätzlich nach 30 Jahren (§ 1478 Satz 2 ABGB).

Es muss Ihnen lieber Fragesteller jedoch klar sein, dass Sie keinen Anruf oder eine Mail bekommen werden, wann der Event genau beginnt, denn woher soll der Unternehmer des Ganzen wissen, dass der Gutschein von A zu B oder gar zu C gewechselt hat? Dies wäre für ihn ohne namentliche Reservierung unmöglich, denn er müsste immer zu jederzeit wissen wer jetzt der Besitzer des Gutscheins ist und wie dessen Daten lauten um ihn zu kontaktieren.

Der Unternehmer verweist am Gutschein aber auch nicht darauf auf welche Art eine exakte Bekanntgabe des Datums, also wann der Event stattfinden wird, erfolgt. Er geht hier nämlich wieder (zu unrecht) von einem mündlich tradierten Insiderwissen der gängigen Teilnehmer aus. Es wäre ihm durchaus zuzumuten gewesen, die Art der Bekanntgabe, also den entsprechenden URL auf dem Gutschein anzuführen. Er schreibt jedoch lediglich davon, dass das genaue Datum noch bekannt gegeben wird. Wo und wann eine solche Kundmachung erfolgt kann der Besitzer des Gutscheins nicht wissen.

Summa summarum hätte also der Besitzer bei einer derartig unklaren Sachlage -die ihm auch aufgefallen ist- als mündiger Bürger sich in zumutbarer Weise darum kümmern müssen, die hierfür erforderlichen Informationen einzuholen. Dafür hätte ein Nachfragen bei der Bekannten, welche schon öfters dabei war, gereicht. Nachteilig für Sie lieber Fragesteller ist zudem, dass alle scheinbar über den Tag, an dem der Event stattfinden wird, Bescheid wussten (nur 2 Plätze waren leer).

Ich sehe im Gesamten somit ein Verschulden auf beiden Seiten:

Der Besitzer des Gutscheins hat sich nicht ausreichend in einer für ihn durchaus zumutbaren Weise informiert, obwohl er erkannt hat, dass die Sachlage nicht eindeutig ist.
Der Aussteller der Gutscheine hat sich, obwohl er damit rechnen musste, dass auch Leute, denen der Ablauf des Events nicht gängig ist, an diesem teilnehmen, nicht gehörig bemüht eine klare Sachlage bezüglich des Stattfindens des Events zu schaffen.

Daher liegt ein Schuldverhältnis von 1:1 vor (§ 1304 ABGB)
Meines Erachtens kann dieser Gutschein somit nicht eingelöst werden, es steht ihnen aber eine Forderung der Leistung (wegen gegenseitig vorwerfbarem Verschuldens) in der Höhe von 60 Euro für das nächste Jahr in der Form eines weiteren Gutscheins oder, wenn dies nicht möglich ist eine Rückzahlung in der Höhe von 60 Euro zu.

hseitl
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Beitrag von hseitl » 29.01.2014, 20:32

Werte/r lexlegis,

vielen herzlichen Dank für ihren sehr ausführlichen und aufschlussreichen Kommentar.

Eine kleine Frage hätte ich allerdings noch: Hätte ich Ihrer Meinung nach aufgrund des Gutscheins wissen müssen, dass ich für dieses Event automatisch angemeldet bin und dieses zum festgelegten Datum (angenommen ich hätte den Termin erfahren) zu besuchen habe, da ansonsten der Gutschein verfällt? (Auch wenn ich das Datum gewusst hätte, wäre ich nicht unbedingt davon ausgegangen, dass ich bereits angemeldet bin, sondern hätte mich gemeldet um meine Anmeldung definitiv bekannt zu geben/meinen Gutschein einzulösen.)

"Alle anderen" haben über das Datum Bescheid gewusst, weil sie sich zu dem Event explizit angemeldet haben und dies durch Überweisung des Unkostenbeitrags bestätigt haben. Hier verstehe ich, dass durch ein Nichterscheinen ohne vorherige Abmeldung kein Anspruch erwachsen kann. In gegenständlichem Fall konnte ich mich jedoch nicht vom Event abmelden, da ich keinerlei Kenntnis davon hatte, dass ich überhaupt angemeldet bin.

Sehen Sie hierdurch eine Veränderung des Schuldverhältnisses?

lexlegis
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Beitrag von lexlegis » 30.01.2014, 00:59

Sie konnten in diesem Fall meiner Meinung nach NICHT wissen, dass Sie angemeldet sind.

Begründung:

Betrachten Sie den bezahlten Gutschein als eine Art Eintrittskarte zu einem Event mit Privilegien (Verköstigen und Kutschieren der Teilnehmer).

Sie möchten sich nun darauf berufen nicht explizit angemeldet gewesen zu sein und, dass Ihnen daher gewisse Rechte bzw Ansprüche zustehen. Nach meiner Auffassung ist hier bereits nach dem Erstverkauf der beiden Gutscheine eine „Anmeldung“ für zwei (wenn auch nicht namentlich konkretisierte) Personen erfolgt.

Wäre eine gesonderte Anmeldung zu diesem Event erforderlich würde der Vertrag über die aus dem Gutschein erwachsenden Rechte (Busfahrt, Verköstigung) nach dem Erstverkauf des Gutscheins nicht als abgeschlossen anzusehen sein. Daraus würde dem Veranstalter der gravierende Nachteil entstehen, dass jeder auch nach dem Kauf des Gutscheins, einfach so vom Vertrag (seiner Pflicht) zurücktreten kann, wenn er sich nicht zusätzlich explizit anmeldet. Dies war sicher nicht im Interesse des Veranstalters und widerspricht auch der Auffassung des redlichen Verkehrs (§ 914 ABGB).

Als praktisches Beispiel nenne ich ein X-beliebiges Rock-Festival. Dieses findet jedes Jahr statt. Wer die Karte kauft erhält das Recht an diesem teilnehmen zu dürfen. Wer der Karte verschenkt überträgt dieses Recht. Eine gesonderte Anmeldung zu diesem Event ist nicht erforderlich. Eine Abmeldung ist auch nicht möglich, es sei denn es wurden zuvor Stornomöglichkeiten vereinbart (keine Möglichkeit teilzunehmen wegen gesundheitlicher Probleme). Es liegt somit grundsätzlich im Risikobereich des Besitzers der Gutscheine, ob er zum Zeitpunkt des Events in der Lage dazu ist dieses wahrzunehmen. Wie bereits oben ausgeführt ist es nachvollziehbar, wenn der Veranstalter bei begrenzten Plätzen (Sitzplätze im Bus), eine Fixzusage nach Verkauf der Gutscheine annimmt. Namentlich konkretisiert muss diese Zusage nicht werden, es genügt, wenn der Veranstalter weiß: so und so viele Plätze hat der Bus, so und so viele Gutscheine habe ich an so und so viele Personen verkauft. Er hält den Platz frei und das muss er auch, da er damit rechnen muss, dass die Käufer der Gutscheine diesen benötigen werden, daher handelt es sich bereits hier nach dem Erstverkauf der Gutscheine um eine (zu Recht angenommene) Anmeldung.

Aus diesen Gründen wird die Meinung des Veranstalters, dass die Anmeldung nach Erhalt des Gutscheins zustande gekommen sei und nicht von einer gesondert abgegebenen Willenserklärung der Teilnehmer abhängig ist, geteilt werden.


Sie können sich jedoch darauf berufen, dass Sie zu Recht annahmen eine gesonderte Anmeldung sei erforderlich, da aus der Aufschrift des Gutscheins nur die Jahreszeit, nicht aber das Jahr in welchem er eingelöst werden kann, hervorgeht. Daher erfolgte Ihre irrtümliche Annahme, eine zusätzliche Anmeldung sei erforderlich (für welches Jahr?) durchaus zu Recht.

Demnach liegt hier die Schuld beim Veranstalter, der sich einer unklaren Äußerung bedient hat. (Ihnen wird nach wie vor eine Mitschuld anzulasten sein, weil Sie sich nicht gehörig in zumutbarer Weise informiert haben.)

In jedem Fall gilt abzuwägen, ob ein Streitwert von 120 Euro es wirklich wert ist, gerichtlich vorzugehen. Versuchen Sie es besser auf dem Kulanzweg, indem Sie an den Veranstalter appellieren, er möge doch in der Lage sein einzusehen, dass der Gutschein eher suboptimal aufgesetzt wurde und daher ein Missverständnis entstanden ist.

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