Recht am eigenen Bild/Demonstration

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Fanta1988
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Registriert: 22.01.2014, 20:26

Recht am eigenen Bild/Demonstration

Beitrag von Fanta1988 » 22.01.2014, 21:24

Hallo allerseits.

Folgender Sacherverhalt:

Ich war letztes Jahr auf einer angemeldeten, gut besuchten und bis zum offiziellen Ende friedlich verlaufenden Demonstration und verhielt mich dort zivilisiert. Eine Zeitlang ging ich neben einem Transparent das auf einem Kleinlaster montiert war. Dieses Transparent wurde anscheinend abfotografiert, ich bin allerdings auf diesem Foto (als einzige Person) zu erkennen - zwar nicht Frontal, sondern seitlich und leicht von hinten, aber doch so dass mich Leute die mich (vom sehen) kennen darauf auch erkennen würden. Dies geschah von mir unbemerkt.

Dieses Bild landete - wie ich erst kürzlich festgestellt habe - in einem im Internet verbreiteten Video mit mehreren tausend Aufrufen.

Eingebettet wurde das dann in einen eindeutig negativen, teils grob ehrenbeleidigenden Kontext, der die gesamte Demonstration mit strafrechtlich relevanten Handlungen (gegen die Ehre und körperliche Integrität - letzteres mit größter Wahrscheinlichkeit eine Unterstellung) in Verbindung bringt.

Ein direkt davor gezeigter Videoausschnitt zeigt tatsächlich eine - klarerweise zu verurteilende - Spuckattacke, die zwar im Zusammenhang mit der Demonstration stattfand (nach dem offiziellen Ende derselben), jedoch örtlich deutlich entfernt und zu einem weit späteren Zeitpunkt - zu dieser Zeit war ich jedenfalls nicht dort anwesend (sondern wahrscheinlich grad an irgendeinem Würschtlstand oder wo auch immer).

Jemandem, der dieses Video sieht, kann dies aber keinesfalls bewusst sein.

Nun, die grundlegende Rechtslage und die einschlägigen §§ des UrhG sind mir bekannt und leuchten mir ein, fraglich ist halt, wie da die reellen Chancen ausschauen, angenommen ich würde dagegen juristisch vorgehen wollen.

Vor allem da dieses Bild auf einer Demonstration aufgenommen wurde und ich nicht frontal zu sehen - wohl aber zu erkennen - bin?

Mit der freundlichen Grüßen (und der Bitte politische Debatten aussen vor zu lassen)
:)



lexlegis
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Registriert: 01.07.2013, 19:24

Beitrag von lexlegis » 23.01.2014, 12:05

Ich schätze Ihre Gewinnchancen vor Gericht eher gering ein.

Bewusste Teilnahme an einer Demo:

Wenn Sie bewusst und gewollt auf einer öffentlichen Demonstration teilnehmen, dann ist davon auszugehen, dass Sie, wie es bei einer Demo der Fall ist, nicht anonym sondern durch das Auftreten als Person, die sich öffentlich zum Thema bekennt, Ihre Interessen kundmachen wollen.

Demnach ist die Teilnahme an einer solchen Demo eine bewusste öffentliche Interessenkundmachung von Personen; Sie haben sich also bewusst öffentlich zu Ihrer Gesinnung gegenüber einer bestimmten Sache bekannt. Sie wollten, dass andere sehen, was und wie Sie denken, sonst hätten Sie Ihre Meinungsäußerung, welche sich in der Teilnahme an der öffentlichen Demo widerspiegelt für sich behalten. Dass auf diesen Veranstaltungen auch Bild und- Videoaufzeichnungen gemacht werden ist bei einer öffentlichen, sohin für jedermann zugänglichen Demonstration nicht ungewöhnlich. Darüber hinaus wurden Sie nicht bewusst ins Visier des Fotografen genommen.
Sie können also nicht argumentieren, dass durch das Ablichten Ihres -nicht einmal von jedermann eindeutig identifizierbaren- Bildes berechtigte Interessen Ihrerseits im Sinne des § 78 UrhG (laut Ihnen nicht mit der Demo in Verbindung gebracht zu werden) verletzt wurden. Dass das Bild mit der Demo auf der Ausschreitungen vorgekommen sind, mit diesen in Verbindung gebracht wird, ist eine nicht zu verhindernde Schlussfolgerung; solange aber Sie als Person dadurch nicht direkt in unzulässiger Weise diffamiert werden (also fälschlicherweise mit der Spuckattacke, welche eine Beleidigung nach § 115 Abs 1 StGB ist, im Sinne einer unmittelbaren Täterschaft in Verbindung gebracht werden) sind ebenso keine berechtigten Interessen als verletzt anzusehen.

Ungewollte Teilnahme an der Demo:


Hingegen würde bei einer Person, die bloß zufällig in das Geschehen dieser Demonstration geraten und auf dieser auch fotografiert worden ist das berechtigte Interesse nicht mit dieser Veranstaltung in Verbindung gebracht zu werden, dann als verletzt angesehen werden, wenn die Person auf diesem Bild identifizierbar ist und es bei einer allgemeinen Betrachtungsweise so aussieht, als hätte die besagte Person bewusst an der Demo teilgenommen, obwohl dies nicht der Fall war.

Hierbei handelt es sich jedoch bloß um meine Ansicht zu diesem Thema. Die Kollegen sind vermutlich anderer Meinung.

Der OGH teilt diese Ansicht:

GZ: 6Ob256/12h , Rechtliche Beurteilung, 6.3: Güter- und Interessensabwägung im Einzelfall

Danach ist entscheidend ob die Person auf dem Bild identifizierbar ist (je weniger deutlich dies der Fall ist, umso geringer ist die Beeinträchtigung) oder ob der Fotograf diese Person bewusst ins Visier genommen hat. Beide Kriterien liegen nicht vor, daher ist in Ihrem Fall eine Interessensverletzung im Sinne des § 78 Abs 1 UrhG eher zu verneinen.

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