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was ist fahrlässige Körperverletzung
Verfasst: 13.07.2013, 00:42
von Socke
Ich bin mit dem Fahrrad gefahren. An einer Kreuzung stehend hatte ich einen Streit mit einem neben mir stehenden Autofahrer. Plötzlich gab er Gas, lenkte nach rechts und stieß mich absichtlich nieder. Aufgrund des Sturzes hatte ich Abschürfungen und Hematome, die ich vom Polizeiarzt bestätigen ließ. Das Verfahren gegen den Autofahrer wurde eingestellt, weil es sich laut Staatsanwaltschaft um eine fahrlässige Körperverletzung handelte und meine gesundheitliche Beeinträchtigung nicht zu einer mindestens 14-tägigen Berufsunfähigkeit führte. Nun meine Frage: Ist die Körperverletzung wirklich fahrlässig. Er hat mich doch absichtlich mit dem Auto niedergeführt. Ist das keine vorsätzliche Körperverletzung? Wenn das die übliche Rechtssprechung ist, kann ich ja auf der Straße wahllos Leute anrempeln und niederstoßen, und selbst wenn sie sich wehtun oder leicht verletzen, wird das für mich keine Folgen haben.
Verfasst: 13.07.2013, 13:31
von lexlegis
Körperverletzungen im Straßenverkehr:
Bei einem Verkehrsunfall nimmt der StA (oder in diesem Fall der Bezirksanwalt) so gut wie immer eine fahrlässige Körperverletzung an. Dass der Fahrer Sie vorsätzlich niedergestoßen hat müsste ihm nachgewiesen werden um eine Verurteilung wegen § 83 Abs 1 oder Abs 2 (je nach Vorsatz) in Betracht zu ziehen.
Im Straßenverkehr wird angenommen, dass der Fahrer hier seine Sorgfalt missachtet hat (nicht aufmerksam gefahren / Seitenabstand zu Radfahrer nicht eingehalten/ USW) und dadurch eben der Radfahrer zu Sturz kam; darin liegt die objektive Sorgfaltswidrigkeit nach § 6 Abs 1 StGB. Durch den Verstoß gegen diese Normen der StVO wurde das verwirklicht, was eigentlich durch die Nomen hätte verhindert werden sollen (dass niemand zu Schaden kommt), daher ist ihm diese Verletzung auch objektiv zuzurechnen. (Risikozusammenhang / Zweck der Norm).
Vorsätzliche Körperverletzung nach § 83 StGB
Die vorsätzliche KV glieder sich in Zwei Absätze. Abs 1 ist bei Verletzungsvorsatz des Täters anzuwenden; Abs 2 bei Misshandlungsvorsatz.
Wenn Sie absichtlich Leute auf der Straße anrempeln, dann haben Sie bei dieser Handlung zumindest Misshandlungsvorsatz.
Eine Misshandlung ist ein physischer Angriff (oder Eingriff) auf den Körper eines anderen der Unwohlsein hervorruft, jedoch nicht unmittelbar zu einer Verletzung im Sinne des StGB (sichtbare größere Schürf- und Schnittwunden, tiefgehende Stichverletzungen oder Knochenbrüche) führt.
Schupsen, Beinstellen, Ohrfeigen, in den Magen schlagen USW sind Misshandlungen, die zwar Unwohlsein, jedoch nicht sofort eine Verletzung herbeiführen. Fällt derjenige, den Sie anrempeln hin und verletzt sich dabei, dann ist der Tatbestand des § 83 Abs 2 StGB erfüllt, Sie haben durch eine Misshandlung am Körper (Schupsen) die Verletzung zumindest fahrlässig herbeigeführt. Die objektive Sorgfaltswidrigkeit liegt in der ersten Tathandlung (Schupsen), sie ist im weiteren Sinne Kausal(conditio sine qua non) für die Verletzung des Opfers, wenn es hinfällt und sich dabei verletzt. Sie werden dann nach § 83 Abs 2 StGB bestraft und NICHT nach § 88 Abs 1!!! Daher kommt Ihnen auch der Strafausschließungsgrund nach § 88 Abs 2 Z 3 StGB nicht zu Gute!
Schlagen Sie jemandem mit Verletzungsvorsatz mit der Faust ins Gesicht (auf die Nase) und führt dieser Schlag tatsächlich direkt zu einer Verletzung (Nasenbruch), dann ist dies eine Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB. Dabei genügt es, dass Sie eine Verletzung ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden. (dolus eventualis nach § 5 Abs 1 zweiter Halsbatz StGB). Wenn der Nasenbeinbruch glatt und schön ist (ohne zusätzlichen operativen Eingriff heilt bzw die Nase nicht stark verschoben ist), dann bleibt es bei § 83 Abs 1 StGB. Sollten jedoch Komplikationen auftreten, dann kann er auch als schwer im Sinne des § 84 Abs 1 StGB gewertet werden.
Absichtlich schwere KV
Kommt es Ihnen geradezu darauf an, jemanden schwer zu verletzten (Baseballschläger auf Kopf / Nase), dann wird wohl auch Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) dahinter stecken und es kommt § 87 Abs 1 StGB in Betracht)
ALSO: Im Straßenverkehr wird IMMER Fahrlässigkeit angenommen, außer Sie können (mittels Zeugen) beweisen, dass er vorsätzlich gehandelt hat.
Verfasst: 13.07.2013, 14:08
von Socke
Das heißt, wenn ich ihm nicht nachweisen kann, dass er mich mit Absicht niedergestoßen hat, um mich zu verletzen oder bei mir ein Unwohlsein hervorzurufen, war es fahrlässig. Kann ich wohl nicht. Ich hab keinen Zeugen dafür.
Verfasst: 13.07.2013, 14:12
von lexlegis
Was haben Sie bei der Zeugenbefragung ausgesagt?