Illegale Hausdurchsuchung - Rechtsmittel?

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Markus Nomadinger
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Illegale Hausdurchsuchung - Rechtsmittel?

Beitrag von Markus Nomadinger » 18.09.2011, 00:45

Hallo.

Gestern wurde eine Hausdurchsuchung bei mir ohne Durchsuchungsbefehl durchgeführt, obwohl ich mehrmals ausdrücklich nicht zustimmte. Die Beamten verschafften sich durch ein nicht gänzlich verschlossenes Fenster Zutritt zu meiner Wohnung.

Die Durchsuchung wurde als "Durchsuchung der Kriminalpolizei laut $120 Abs 1 StPO" begründet.

Einem der Beamten rutsche es aber raus dass beide Beamten gar nicht bei der Kripo wären. Namen und Dienstnummern hab ich natürlich.

Welche Rechtsmittel kann ich einsetzen? An und für sich ist das ja Bruch des Hausrechts? Gibts noch andere Punkte?

Ebenfalls würde mich eine Dienst- oder Fachaufsichtsbeschwerde interessieren. Welche trifft eher zu und an wen soll ich diese richten (Vorfall war in Niederösterreich)?

Mfg
Markus



Officer01
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Beitrag von Officer01 » 21.09.2011, 11:50

Grundsätzlich ist eine Hausdurchsuchung vom Gericht anzuordnen (§ 120 StPO).

Wie überall gibt es natürlich wieder Ausnahmen.

Eine Hausdurchsuchung ist nicht von vornherein anzuordnen, wenn "Gefahr im Verzug" besteht (§ 120 StPO). "Gefahr im Verzug" ist eine Sachlage, bei der ein Schaden eintreten würde, wenn nicht eine Behörde oder Person tätig wird. Somit ist die Kriminalpolizei bei "Gefahr im Verzug" berechtigt, Objekte die das Hausrecht umfassen (Wohnung, Fahrzeuge, ect.) ohne Anordnung oder Bewilligung zu durchsuchen.

Wenn im Gesetz von der Kriminalpolizei gesprochen wird, dann bezeichnet dieser Begriff sämtliche Sicherheitsbehörden, Sicherheitsdienststellen und deren unterstehenden Organe - also auch gewöhnliche Polizeiinspektionen - in Ausübung der Kriminalpolizei (§ 18 StPO).

Meiner Meinung nach liegt in deinem Fall - wenn tatsächlich "Gefahr im Verzug" bestanden hat - kein Bruch des Hausrechtes vor.

Das freiwillige Einlassen oder Nichteinlassen der Polizei in ein Haus gibt es nicht. Entweder die Polizei kommt mit der richterlichen Anordnung oder sie behaupten, es bestehe "Gefahr im Verzug". In beiden Fällen muss die Polizei eingelassen werden. Egal ob man möchte oder nicht. Ist doch im Übrigen auch nicht schlimm, außer man hat was zu verbergen. Jedenfalls hast du binnen 24 Stunden nach der Durchsuchung Anspruch auf ein Dursuchungs- und Sicherstellungsprotokoll.

Wenn du dennoch ein Rechtsmittel ergreifen möchtest, dann wende dich an den Unabhängigen Verwaltungssenat deines Landes und Beschwere dich gemäß § 67a Ziff. 2 AVG über die Verletzung der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.

Der unterschied zwischen Dienstaufsichtsbeschwerde und Fachaufsichtsbeschwerde ist Folgender:

Dienstaufsichtsbeschwerde: Wenn ein Beamter zwar richtig gehandelt hat, aber sein Auftreten nicht so war wie es sein sollte (wenn er sich schlecht benommen hat).

Fachaufsichtsbeschwerde: Wenn man mit dem Handeln eines Beamten nicht einverstanden ist (also Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestehen).

Dienstrechtlich ist für die Polizei das jeweilige Landespolizeikommando zuständig und fachlich die Sicherheitsbehörde (BPD, BH, ...).

Die Fachaufsichtsbeschwerde ist mit der Beschwerde gemäß § 67a Ziff. 2 AVG an den UVS gleichzuhalten, da laut Gesetz in diesem Fall nicht die Behörde sondern gleich der UVS entscheidet.

Markus Nomadinger
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Beitrag von Markus Nomadinger » 21.09.2011, 20:49

Danke für die ausführliche Erklärung.

Eins noch, is es irgendwo niedergeschrieben womit "Gefahr im Verzug" begründet werden muss?

In meinem Fall wurde ein anonymer Tip abgegeben, das is alles.

Hank
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Beitrag von Hank » 21.09.2011, 23:18

Ist Ermessenssache - hängt also von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab bzw. von den Erfahrungswerten, wie schnell nämlich Beweismittel zu sichern sind bevor sie verschwinden.

Oft gibt es Schwerpunktaktionen der Polizei und da ist man z.B. jedem Brösel Rauchbares hinterher. Ansonsten weiß man halt meistens erst im Nachhinein, ob "Gefahr in Verzug" bestand oder nicht - Devise: sicher ist sicher...

Tschuri Cazzino
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Beitrag von Tschuri Cazzino » 23.09.2011, 20:26

Officer01 hat geschrieben: Ist doch im Übrigen auch nicht schlimm, außer man hat was zu verbergen.
Psychisch gesunde Menschen haben immer etwas zu verbergen.

Markus Nomadinger
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Beitrag von Markus Nomadinger » 08.01.2012, 15:07

Hi.

Ich hätte noch eine Frage: 1 Woche nach der HD war ich Akteneinsicht nehmen, dabei wurde ich gefragt ob ich ein gewisses "Objekt des Interesses" (wurde zmd schriftlich und photographisch als tatrelevant festgehalten) schon abgebaut hätte. Ich sagte nein, der Beamte der auch schon bei der HD dabei war meinte er hätte vergessen mir zu sagen dass ich bis das Ergebnis eines gewissen Gutachtens über eines der beschlagnahmten Gegenstände einlangt, und meinte zu mir ich dürfte das Objekt nicht abbauen, verkaufen, verschenken, veräussern etc. Darüber hat er angeblich einen Aktenvermerk erstellt.

Sorry dass ich so unspezifisch bin, mir gehts nur grundsätzlich darum: Muss ich mich daran halten? Hat diese mündliche Anordnung eines Exekutivbeamten eine rechtliche Grundlage?

Hank
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Registriert: 26.08.2010, 15:39

Beitrag von Hank » 15.01.2012, 06:57

Tät' sagen, wenn Sie sich nicht an die Anordnung halten ist es irgendwie Widerstand gegen die Staatsgewalt, genauer gesagt sog. "Verstrickungsbruch" (Zerstörung von Beweismitteln) und wird nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches geahndet.

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