Unverhältnismäßige Mahngebühren - Bibliothek

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sambold
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Unverhältnismäßige Mahngebühren - Bibliothek

Beitrag von sambold » 12.02.2011, 15:06

hallo,

habe keinen rechtlichen background und auch kein aktuelles problem ... die frage ergab sich eher aus einem allg. interesse. es geht dabei um mahngebühren bzw. die richtlinie der wiener uni-bibliotheken:

Gebühren (Stand 01.10.2008):

€ 2,00 Mahngebühr pro Mahnschreiben
€ 0,20 Überschreitungsgebühr pro Buch und Tag ab dem Fälligkeitsdatum
Bei Überschreitung der Entlehnfrist erhalten Sie per E-Mail oder, falls Sie keine E-Mail-Adresse bekanntgegeben haben, per Post ein Mahnschreiben. Nach 9 Tagen erfolgt die 2. Mahnung per Post, nach weiteren 9 Tagen die 3. Mahnung per Einschreiben.

in der praxis schaut es scheinbar so aus, dass mit dem ersten fälligkeitstag der ausleihe bereits eine mahngebühr gefordert wird. dh. ein buch, das einen tag überfällig ist, kostet bereits 2,20 € (mahngeb. + überschreitungsgebühr)

meine fragen diesbezüglich:
- ist es zulässig, dass mahngebühren in keinem verhältnis zum offenen rechnungsbetrag stehen? (machen hier ja das 10fache aus)
- gibt es eine mindestfrist, die vor einer mahnung abgewartet werden muss?
- eine mahnung - so wie ich das verstehe - mahnt ja eigentlich einen offenen rechnungsbetrag ... die 20 cent überziehungsgebühr würden ja aber eigentlich erst am nächsten tag fällig werden. daher wird hier im grunde nicht eine offene rechnung gemahnt, sondern vielmehr das buch, welches nicht/zu spät zurückgebracht wurde (dafür gibt es aber doch eigentlich die überziehungsgebühr) ... ist es - in diesem sinne - also zulässig einen rechnungsbetrag zu mahnen, der noch nicht fällig ist?

danke für die mühe. bin mal gespannt, was für antworten kommen :)
ps.: es geht nicht darum, dass ich chronisch überziehen möchte ... mir erscheint nur - bes. im vergl. zu anderen bibliotheken - diese mahnpraxis als etwas "überzogen" (um das mal vorsichtig auszudrücken)



Hank
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Beitrag von Hank » 19.02.2011, 17:00

Auch ohne juristischen Background ist Lebensnähe und praktisches Denken das wichtigste. Bei der Uni-Bibliothek geht's vor allem darum, dass das mit den Büchern hinhaut, damit möglichst viele was lernen können.

Die Leute sind vergesslich und auch unverlässlich, das weiß man. Also was tun? Bücher kosten viel (Steuer-)Geld, da muss man dahinter sein. Also wird es Vertragsbedingung sein, dass man mit den Sanktionen für Terminüberschreitung einverstanden ist, dass man eben "erinnert" wird.

Grundsätzlich muss man überhaupt nicht "mahnen", man kann sofort den Vertrag auflösen, wenn er nicht korrekt erfüllt wird. In der Praxis ist man natürlich auf gute Geschäftsbedingungen aus und gibt dem Kunden die oder andere Chance, bevor man sich an ein Inkassobüro oder Anwalt wendet.

Die 2 Euro sind als Bearbeitungsgebühr zu verstehen, egal um wie viele Bücher es geht. Es rentiert sich also nicht wegen einem Buch einen Tag zu spät dran sein.

Interessant wäre nur mehr, ob ewig säumige und zahlungsunwillige Studenten/Benützer von der Benützung der Uni-Bibliothek ausgeschlossen werden können.

lg Hank 8) 8) 8)

sambold
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Beitrag von sambold » 21.02.2011, 09:41

hallo hank,

danke für die antwort. den "sinn" dieser mahngebühren hatte ich schon durchschaut ... das war ja auch nicht all zu schwer. ob das jetzt verhältnismäßig ist, oder doch etwas übertrieben, wäre ein anderes thema ;)

aber meine frage bleibt dennoch offen (oder ich habs bei der antwort nicht ganz rausgelesen):

- bei einem mahnschreiben MUSS doch die FÄLLIGKEIT eines offenen betrags gemahnt werden. und in diesem fall wären die 20 cent (überschreitungsgebühr) ja noch nicht fällig. das wäre ja quasi, als würde ich mir einen lutscher kaufen und gleichzeitig mit der rechnung würde mir - an diese drangetackert - ein mahnschreiben für den offenen rechnungsbetrag überreicht werden. oder täusche ich mich da?

- und bezüglich mindestfrist VOR einer evtl. mahnung bzw. verhältnismäßigkeit zum offenen betrag: auch wenn eine mahnung nicht verpflichtend ist, wird es doch wohl gewisse bestimmungen dazu geben? ich kann mir iwie nicht vorstellen, dass mahnungen "erträge" eines unternehmens darstellen dürfen? dh. dass sie eigentlich doch zumindest kostenneutrale punkte sein müssten (quasi bearbeitungsgebühr + entgangener zinsertrag oder etwas dergleichen)?

- und zum (stillschweigenden) einverständnis mit der mahnpraxis der bib: falls die veröffentlichung der mahnpraxis auf der bib-homepage dazu ausreicht, wird es aber doch trotzdem so sein, dass individuelle regelungen allgemeines recht nicht ablösen dürfen? (angenommen es gibt zur mahnung eine eigene regelung?)

oder mit lebensnähe und praktischem denken: es kann doch sicherlich nicht zulässig sein, wenn ich beim online-versand x etwas um 21,90 € bestelle, die rechnung 1 woche lang nicht begleiche und dann ein mahnschreiben über 220€ erhalte ... nur weil das in den agb des unternehmens so drinsteht oder eifach auf der homepage oder wo auch immer ;)

Hank
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Beitrag von Hank » 21.02.2011, 22:23

Es ist hier zu unterscheiden: Kugellutscher = Kaufvertrag und Eigentümerwechsel. Buch aus Bibliothek: Leihvertrag ohne Eigentümerwechsel. Der Entlehner einer Sache hat nach Ablauf der bedungenen Zeit die Sache zurückzustellen.

Mahngebühren oder AGBs dürfen natürlich nicht "sittenwidrig" sein, sonst gilt der Vertrag nicht - so freibleibend steht es in § 879 ABGB, was im Zweifelsfall vom Kläger zu beweisen wäre.

Die geschilderten Gebühren erscheinen mir jedenfalls durchaus "ortsüblich" bzw. "branchenüblich" zu sein., also nicht "sittenwidrig".

Auch in Österreich besteht im Rahmen der geltenden Gesetze Vertragsfreiheit bzw. Vertragsautonomie, was in der Praxis dazu führt, dass Verträge, Statuten, AGBs das Gesetzesrecht als Rechtsquellen überwuchern. Im Streitfall müssen die Richter und Rechtsanwälte die ganzen Urkunden oft mühsam auslegen.


lg Hank 8) 8) 8)

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