Freies Gewerbe sticht reglementiertes Gewerbe aus

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HWR
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Freies Gewerbe sticht reglementiertes Gewerbe aus

Beitrag von HWR » 06.11.2024, 12:14

Hallo Alle!

A möchte sich selbstständig in einer bestimmten Branche machen. Um dafür ein Einzelunternehmen zu gründen, steht A vor dem Problem dass es sich um ein reglementiertes Gewerbe handelt.
A ist zwar ein Vollprofi in dem Bereich weil er sich seit Jahren alles beigebracht hat und andere Leute sogar von ihm lernen wollen - hat aber offiziell keinen Befähigungsnachweis dafür.
A steht nun vor dem Problem, dass er diese Ausbildung nachholen müsste, was mehrere tausend Euro und 3 Jahre Zeit kosten würde. Verständlicherweise sucht A nun einen Weg um das zu umgehen und findet folgenden Weg:

A findet ein freies Gewerbe das seiner "Zunft" am nächsten ist (zb. "Die Erstellung von Kunst- und Ziergegenständen"). Tatsächlich deckt das freie Gewerbe die Hälfte seiner Tätigkeiten ab. Allerdings ist die andere Hälfte seiner Tätigkeit reglemetiert.

A denkt nun besonders schlau und versucht folgendermaßen sein Business aufzubauen:
Er gründet ein Einzelunternehmen mit dem freien Gewerbe. Dort darf er eben nur irgendwelche Gegenstände herstellen und diese dann offiziell verkaufen bzw. in Rechnung stellen.
Die andere Arbeit, die normalerweise einem reglementieren Gewerbe unterliegen würde, bietet er privat an und stellt dem Kunden (scheinbar) nur das Material in Rechnung.

Beispiel fürs bessere Verständnis: Uhrmacher!
A stellt unter dem freien Gewerbe "Erstellung von Kunst- und Ziergegenständen" schöne Ziffernblätter für Armbanduhren her, darf aber keine fertigen Uhren daraus machen und sie weiterverkaufen.
Also stellt er dem Kunden einfach eine Rechnung für das Material und die Arbeitszeit für die Erstellung des Ziffernblattes aus (was er in seinem Gewerbe machen darf) aber die fertige Uhr schenkt er dem Kunden (eine fertige Armbanduhr dürfte er nur in Rechnung stellen, wenn er auch ausgebildeter Uhrmacher wäre).

Natürlich ist im Preis auch die Arbeitszeit für die Herstellung der Armbanduhr enthalten aber davon steht nichts auf der Rechnung.

Gibts für so eine Art von Umgehung des reglementierten Gewerbes einen bestimmten Begriff? Ist das legal (bzw. "Schlupfloch") bzw. Graubereich der in der Praxis öfter mal vorkommt?



alles2
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Re: Freies Gewerbe sticht reglementiertes Gewerbe aus

Beitrag von alles2 » 06.11.2024, 12:52

Deine Rechnung geht nicht auf. Denn sobald die Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist, wäre ein Gewerbe anzumelden. Zu dem Stichwort findet man hier schon genug, wie z.B.:

https://forum.jusline.at/viewtopic.php?f=5&t=15396#p36200
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HWR
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Re: Freies Gewerbe sticht reglementiertes Gewerbe aus

Beitrag von HWR » 06.11.2024, 13:40

Danke!
So wie ich das verstehe heißt das:
Freiwillige Hilfe anbieten, Dinge herschenken, Leistungen gratis erbringen, usw - Wenn bei irgendeiner Tätigkeit eine Regelmäßigkeit zu erkennen ist, dann bedeutet das, dass eine "Gewinnabsicht" zu erkennen ist?

Ich mache jeden Morgen eine frische Wurstsemmel und schenke sie dem Obdachlosen den ich jeden Morgen auf der Straße sehe. Das ist auch eine regelmäßige Tätigkeit. Demnach müsste eine Gewinnabsicht zu erkennen sein und ich müsste dafür ein Gewerbe anmelden?

Die Gewinnabsicht ist tatsächlich offiziell gegeben: Er möchte Gewinne erzielen durch das Designen und Herstellen eines künstlerisch gestalteten Ziffernblattes - mehr nicht. Denn dort liegt auch sein Interesse: Das künstlerische Gestalten.
Der anschließende Zusammenbau einer Armbanduhr stellt für A keine besonders interessante Tätigkeit dar, weil alle Uhren nach demselben Schema F "zamgschustert" werden. Daraus will er keinen Gewinn machen, also schenkt er aus diesem Grund (und gleichzeitig dem Fehlen der Uhrmacher-Gewerbeberechtigung) die Uhr her.
Wer will ihm jetzt beweisen bzw. vorhalten, dass er eine Gewinnabsicht hat, wenn er die gebauten Uhren herschenkt. Er will ja nur Geld für seine künstlerische Tätigkeit (so kann er doch argumentieren). Was soll man dagegen sagen oder das Gegenteil beweisen?

alles2
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Re: Freies Gewerbe sticht reglementiertes Gewerbe aus

Beitrag von alles2 » 06.11.2024, 15:30

Ja, und wenn die Tätigkeit "in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist" (§ 1 Abs.2 Gewerbeordnung GewO).

Ich denke, der Begriff, nach dem Du suchst ist "Umgehungsgeschäft" und es wäre von der WKO zu prüfen, ob dabei oder bei einem konkreten Anwendungsfall gegen das Gewerberecht verstoßen werden würde. Auch ob bei diese Art bemalter Uhren Gewährleistungsansprüche umgangen werden würden.
Zuletzt geändert von alles2 am 06.11.2024, 17:06, insgesamt 1-mal geändert.
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HWR
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Re: Freies Gewerbe sticht reglementiertes Gewerbe aus

Beitrag von HWR » 06.11.2024, 16:55

mhm mhm...Also einerseits kann ich nicht ganz glauben (im Sinne von "Unglaublich aber (wsl) wahr"), dass bei irgendeiner regelmäßig ausgeführten Tätigkeit (=ungleich "Handlung" (zb. den Chef watschen und die Freundin küssen (oder umgekehrt)), eine Gewinnabsicht abzuleiten ist.
Das würde ja bedeuten, dass jeder der einem regelmäßig einen Gefallen tut (zb. Obdachlosen täglich eine Semmel schenken, Senioren mit dem Privatfahrzeug zur Kirche bringen, der Nachbarin den Rasen mähen, ect..) dem eine Gewinnabsicht vorgeworfen werden muss.
Im Sinne von "das machst du bestimmt nicht eigennützig und freiwillig sondern willst finanziellen Gewinn machen".

Bitte korrigier mich, wenn ich das falsch verstanden habe aber dann müssten ja unfassbar viele Leute gleich ein Gewerbe anmelden.

Aber im erwähnten § 1 Abs.2 GewO sehe ich da eher das große Problem für den gaunerösen A.
Weil auch wenn er die reine Fertigstellung der Armbanduhr NICHT verkauft, gehört dieser "Akt" zur "Absicht einen sonstigen Wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen".
Weil da könnte er ja argumentieren wie er will - freiwillig und aus Jux und Tollerei eine Armbanduhr herzustellen um sie dann gratis herzuschenken, könnte er niemanden erklären, dass da nicht mindestens ein kleiner Funken "Absicht für wirtsch. Vorteil" drinnen ist.
Also allein der § 1 Abs.2 GewO müsste ihn dann mehr oder weniger zur Gewerbeanmeldung des Uhrmachers zwingen.

Bezüglich Umgehungsgeschäft sagt das ABGB nämlich:
https://www.jusline.at/gesetz/abgb/paragraf/916
(1) ... Soll dadurch ein anderes Geschäft verborgen werden, so ist dieses nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen.

Ich verstehe das als: Dem muss man mal beweisen (Beschaffenheit beurteilen), dass er die zusammengebaute Uhr NICHT freiwillig herschenkt (sondern ein Geschäft verbirgt).
Wie willst das beweisen? Das kann man jemanden nur unterstellen bzw. vorwerfen.

Und gegen § 1 Abs.2 GewO müsst er dann schon sehr gute Argumente bringen weil, wie bereits erwähnt: Auch wenn er keinen wirtschaftlichen Vorteil erzielen wollen würde, hätte er trotzdem einen. Denn jeder Kunde der zwar nur das Ziffernblatt offiziell gekauft hat, freut sich über die fertige Uhr für die er offiziell nichts bezahlt hat. Und das ist als wirtschaftlicher Vorteil (-> Gute Werbung) nicht von der Hand zu weisen.

alles2
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Re: Freies Gewerbe sticht reglementiertes Gewerbe aus

Beitrag von alles2 » 06.11.2024, 21:41

Du scheinst den ersten Satz meines vorherigen Beitrages übersehen zu haben, in dem das Wort UND hervorgehoben wurde. Für die Gewerbsmäßigkeit einer Tätigkeit gelten drei Kriterien gleichzeitig: selbständig, regelmäßig und in Ertragserzielungsabsicht betreiben. Siehe auch dort:

https://www.oesterreich.gv.at/themen/arbeit_beruf_und_pension/selbststaendigkeit/13/Seite.1090200.html

Daher fruchten Deine vermeintlichen Beispiele nicht wirklich, die teilweise unter den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs.1 Z 8 GewO fallen könnten.

Für mich geht es bei § 916 ABGB um Scheingeschäfte, was ich nicht mit Umgehungsgeschäft gemeint habe, welches eher mit § 879 ABGB in Verbindung zu bringen wäre.

Es ist wenig zielführend, sich in Spekulationen zu verlieren. Wenn eine händlerische Absicht konkret wird, sollte man mit der WKO darüber philosophieren.
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