Sachverständiger nach BTVG

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Ben2020
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Sachverständiger nach BTVG

Beitrag von Ben2020 » 20.03.2024, 10:41

Im Jahre 2018 habe ich mir eine Eigentumswohnung in Graz gekauft, die nach Abschluss des Kaufvertrags erst gebaut wurde. Als Basis des Kaufs (Kaufvertrag), der Preisgestaltung, des Nutzwertgutachtens, also des gesamten Kaufumfangs meiner Wohnung dient(e) der genehmigte Einreichplan, der auch Bestandteil des Kaufvertrags ist.

Der Baufortschritt wurde von einem Sachverständigen gemäß BTVG geprüft und bestätigt.



Jetzt hat sich herausgestellt, dass es schon bei der Errichtung des Gebäudes zu illegalen Bauwerken in den beiden Wohnungen im obersten Stock gekommen ist (illegale Wendeltreppe aufs Dach, illegale Dachterrasse, Dachkonstruktion und Attika zu hoch, Alles nicht im genehmigten Einreichplan und im Nutzwertgutachten dargestellt) und die Stadt Graz einen Abbruchbescheid erstellt hat, durch den ich zwar meine Wohnung nicht verliere, aber derzeit nicht in der Wohnung wohnen dürfte (Nutzungsverbot fürs ganze Haus). Also habe ich einen sehr großen Schaden, denn zur konsenskonformen Wiederherstellung muss natürlich die Eigentümergemeinschaft jetzt alle Kosten tragen, da der Bauträger „leider“ in Konkurs ist.



Ich habe jetzt den Sachverständigen kontaktiert und gefragt, nach welchen Unterlagen er den Baufortschritt kontrolliert hat und warum er da diese – von den offiziellen Unterlagen abweichenden- Baumaßnahmen nicht als solche deklariert hat, sondern „einfach so“ im Gutachten mitaufgenommen hat. Es gab ja nie irgendwelche Baupläne für diese Zubauten. Seine Antwort war sehr schlicht, nämlich „..Dass die Dachterrasse ein Sonderwunsch sei wurde mir damalig so von Seiten des Bauträgers mitgeteilt und in das Gutachten aufgenommen…“



Für mich stellt sich jetzt die Frage, ob das so richtig ist, dass der Sachverständige praktisch „auf Zuruf des Bauträgers“ und ohne Prüfung der Rechtmäßigkeit der Änderungen solche als „den Vorgaben entsprechend“ und als „Alles in Ordnung“ deklarieren kann, denn meine Rechte wurden hier in kleinster Weise wahrgenommen, da der Kaufgegenstand ja zu meinem Nachteil in bedeutendem Maße verändert wurde und ich jetzt wieder geschädigt bin.

Eigentlich war ich der Auffassung, dass genau zur Verhinderung solcher falschen Bauausführungen ein Sachverständiger eingebunden war.



alles2
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Re: Sachverständiger nach BTVG

Beitrag von alles2 » 20.03.2024, 21:41

Entsprechend § 13 Abs.2 Bauträgervertragsgesetz könnte es sich um einen allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Bauwesen handeln. Den Landesverband der Sachverständigen findet man unter:

https://www.sv.co.at/kontakt/vorstand-und-fachgruppen

Es enthält die Kontaktdaten vom Obmann der Fachgruppe Bauwesen, dem man das Anliegen übermitteln kann.

Die Abteilung Bauordnung der jeweiligen Landesregierung könnte auch weiterhelfen, die eine Liste nichtamtlicher Bausachverständiger führt.
Zuletzt geändert von alles2 am 21.03.2024, 15:08, insgesamt 1-mal geändert.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

MG
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Re: Sachverständiger nach BTVG

Beitrag von MG » 21.03.2024, 09:08

Ich denke, im ggst. Fall geht es weniger darum, ob und wo der SV registriert ist, sondern ob er seine Tätigkeit in Entsprechung der gesetzlichen Vorgaben ausgeübt hat.

NAch ständiger Judikatur hat der SV nach BTVG ("Baufortschrittsprüfer") keine Prüfung in qualitativer Hinsicht durchzuführen, sondern zu beurteilen, ob ein bestimmter, im Gesetz definierter Bauabschnitt erreicht wurde. Dieser darf dann als erreicht bestätigt werden, wenn dieser "nach den üblichen Kriterien der Bauabwicklung abgeschlossen und nicht mit gravierenden Mängeln iSd BTVG behaftet ist", also solchen, die "ins Auge fallen".

"Der SV hat daher bei der Prüfung einerseits zu prüfen, ob alle für diesen Bauabschnitt typischen Leistungen vollständig erbracht wurden, und andereseits, ob optische Mängel vorhanden sind, die nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu beheben sind"...

Nach der Intention des Gesetzgebers soll der SV also nur sicherstellen, dass den Ratenzahlungen des Käufers entsprechende Bauleistungen gegenüber stehen. Das Vorliegen einer Baugenehmigung ist in den meisten Fällen Voraussetzung dafür, dass mit der ersten Rate begonnen werden darf.

Im ggst. Fall wurden, so habe ich den Sachverhalt verstanden, die Bauabschnitte erreicht, es kam aber bei der Errichtung zu Abweichungen in der AUsführung vom bewilligten Einreichplan, bzw. zu zusätzlichen Errichtungen.

Ohne vertiefende Prüfung der Details und ausgehend von den obigen Ausführungen wird man - vorerst - eher davon ausgehen müssen, dass der SV seine Pflichten nicht verletzt hat, wenn er das Erreichen des Baufortschrittes bestätigt hat (auch wenn es dabei zu Abweichungen von der Baubewilligung gekommen ist). Bei detaillierter Prüfung ist es aber nicht auszuschließen, dass sich doch (auch) Anknüpfungspunkte für eine Haftung des SV ergeben.

Haftbar ist aber natürlich in erster Linie der Bauträger, der die Abweichungen zu verantworten hat. Dabei ist auch die Textierung des BT-Vertrages von Interesse. Üblicherweise gibt es dort den Bezug zu den Plänen etc. und nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, vom vereinbarten Planstand abzuweichen.

Sollte der Bauträger infolge von Insolvenz nicht mehr vorhanden sein, dann kann jeder Käufer gem. § 16 BTVG die Abtretung der Gewährleistungs- bez. Schadensersatzansprüche des BT gegenüber seinen Subunternehmern verlangen, womit man auch direkt Planer etc. bzw. Bauunternehmen in Anspruch nehmen könnte, etwa dann, wenn zB Planungen gemacht wurden, die von vornhinein nicht bewilligbar waren und/oder abweichende Ausführungen unter bewusster Abweichung von den Ausführungsplänen eigenmächtig durch das Bauunternehmen erfolgt sind.

Wichtig wäre es auch, dass sich alle Eigentümer soweit rechtlich möglich und sinnvoll, zusammentun (siehe auch § 18 Abs 2 WEG), um als Eigentümergemeinschaft vorzugehen, wodurch das Kostenrisiko für jeden einzelnen Miteigentümer deutlich reduziert wird.
Zuletzt geändert von MG am 21.03.2024, 16:05, insgesamt 1-mal geändert.
RA Mag. Michael Gruner
www.vertragsbegleiter.at

alles2
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Re: Sachverständiger nach BTVG

Beitrag von alles2 » 21.03.2024, 10:30

Mir ging es ganz im Gegenteil darum, ob der Baufortschrittsprüfer koscher ist, sondern wo man sich hinsichtlich des Anliegens, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist, hinwenden kann. Wegen möglicher Anschlussfragen in der potentiell komplexen Sache möchte ich dort nicht anrufen oder es abklären. Übrigens habe ich den Link oben aktualisiert, da ich anfangs das Bundesland übersehen hatte.
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