Antragsgegner im Außerstreitverfahren

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tomstricki
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Antragsgegner im Außerstreitverfahren

Beitrag von tomstricki » 03.04.2023, 11:22

Liebe Experten, bitte um Hilfe. Wir haben in unserer Wohnung die Heizung erneuert (Tausch Gastherme in Luftwärmepumpe) und die Eingangstüre (Tausch Holztüre in Aluminium wegen Exposition und nicht Sichtbarkeit von den restlichen Wohnungen) ausgetauscht. Beide Gewerke waren leider von uns juristisch ungenügend ausgeschrieben und trotzdem die Miteigentümer über den Zeitraum von 2 Monaten sich nicht zu den geplanten Gewerken geäußert haben wurden wir nach Umsetzung auf Rückbau/Unterlassung geklagt. Das streitige Verfahren hat der Richter in unserem Sinne vorerst unterbrochen bis im Außerstreitverfahren die Genehmigungsfähigkeit geprüft wird (Der Richter wollte unseren Schaden durch einen formal erforderlichen Rückbau minimieren).
Unser Anwalt hat im Außerstreitverfahren leider unexakte Schriftsätze eingebracht, wir wollen das jetzt korrigieren. Unser Anwalt hat gemeint, das können wir ja sowieso selbst machen, er will es nicht tun. Somit lässt er uns jetzt quasi im Regen stehen.
Frage daher: Eine Wohnung eines ursprünglichen Antragsgegners wurde zwischenzeitlich verkauft, ist der neue Eigentümer jetzt automatisch im Streitverfahren/Außerstreitverfahren auch ein Gegner oder fällt dieser weg?



MG
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Re: Antragsgegner im Außerstreitverfahren

Beitrag von MG » 03.04.2023, 12:47

Zur Ausgangslage selber gehe ich davon aus, dass Sie die Wärmepumpe im Außenbereich des Hauses montiert haben, also an der Fassade oä.

Da der Einbau einer Wärmepumpe (als Änderung der bestehenden Heizungsanlage) unter Inanspruchnahme allgemeiner Teile des Gebäudes - auch nach der Novelle des WEG - keine privilegierte Maßnahme ist, bei der man die Zustimmung der übrigen Miteigentümer durch bloßes "Schweigen" erhalten kann, wäre die Zustimmung aller Miteigentümer einzuholen gewesen.

Im von Ihnen angesprochenen Außerstreitverfahren wird nun geprüft, ob die Voraussetzungen gegeben sind, dass das Gericht jene Miteigentümer, die nicht zustimmen, "überstimmt", also deren fehlende Zustimmungen ersetzt.

Ohne Details zu kennen, können die Erfolgsaussichten nicht beurteilt werden, man muss aber dazu festhalten, dass die Gerichte hier eher sehr zurückhaltend sind, da ja mit einer solchen Entscheidung in die Miteigentumsrechte derjenigen Miteigentümer, die nicht zustimmen, eingegriffen wird.

Wenn Sie Argumente vortragen möchten, die - Ihrer Meinung nach - Ihr Anwalt nicht ausreichend ausformuliert hat, dann können Sie dies im Außerstreitverfahren auch selbst tun. Man sollte allerdings auch darüber nachdenken, ob dieses Vertretungsverhältnis überhaupt noch eine ausreichende Vertrauensbasis hat. Es kommt oft vor, dass man als Anwalt nicht 1:1 das in Schriftsätze etc. übernimmt, was von den Mandanten vorgeschlagen wird. Das ist an und für sich nichts Besonderes, man sollte aber die Gründe dafür offen kommunizieren.

Betreffend den Verkauf der Wohnung im laufenden Verfahren:
Hier schicke ich voraus, dass ich - mangels eingehender Beschäftigung mit der Thematik - hier meine (derzeitige) Ansicht vertrete, die aber durchaus unrichtig sein kann und ich mich daher gerne eines Besseren belehren lasse!

Meiner Ansicht nach ist der Wechsel in der Person des Miteigentümers vom Gericht bei Kenntnis von Amts wegen zu berücksichtigen und damit dem neuen Miteigentümer Gelegenheit zu geben, "in das Verfahren einzusteigen". Der bisherige Eigentümer verliert mit dem Verkauf der Wohnung und mit dem Verlust seiner Eigentümerstellung (Grundbuchseintragung) auch seine Parteienstellung.

Dies würde ich auch aus § 2 Abs 1 AußStrG ableiten, wonach der neue Miteigentümer, weil er durch die Entscheidung betroffen wäre, damit auch "automatisch" Partei ist.

mfG
RA Mag. Michael Gruner
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alles2
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Re: Antragsgegner im Außerstreitverfahren

Beitrag von alles2 » 03.04.2023, 13:12

Nach der Judikatur zu laufenden Verfahren ändert sich für Dich durch den neuen Wohnungseigentümer nichts. Er steigt unverändert in das Verfahren ein, weshalb es bei diesem Stadium kein Zurück an den Start gibt. Sobald die Stimmenabgabe allen anderen Miteigentümern zugegangen war, tritt die Bindung der rechtswirksam zustande gekommenen Zustimmungserklärungen ein, zu deren Widerruf man nicht berechtigt ist. Somit haftet die Stimme des vormaligen Eigentümers dem Objekt. Derjenige, der es kauft, bleibt dem (in der Rechtsposition) verfangen.
Zuletzt geändert von alles2 am 03.04.2023, 13:14, insgesamt 1-mal geändert.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

tomstricki
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Re: Antragsgegner im Außerstreitverfahren

Beitrag von tomstricki » 03.04.2023, 13:12

Sehr geehrter Herr RA Gruner,

danke für die rasche Information. Jetzt ohne zu weit auszuholen betreffend der "speziellen" Situation bei uns noch einige Erläuterungen:
--> In der Wohnanlage gibt es von insgesamt 8 Wohnungen nur 2 Wohnungen mit einem Eigengarten - wir haben einen eigenen Garten - dort steht jetzt die Außeneinheit der LWP - Schallabstände zu Nachbarn wurden eingehalten - die LWP ist im Zugangsbereich nicht sichtbar, die LWP ist von der Terrasse der nächsten Nachbarin nicht sichtbar, Inanspruchnahme von Allgemeinfläche war "nur" die Durchbohrung der Außenwand für Vor-/Rücklauf welche natürlich von Professionisten ausgeführt wurde.
--> die restlichen Wohnungseigentümer blockieren seit Jahren jegliche Sanierungen - es gibt keinerlei Rückmeldungen zu irgendwelchen Wünschen (Sanierung Raffstore, Sanierung Eingangstüren, Nachrüstung Glasfaserkabel usw.) - wir waren hoffnungsfroh, dass mit der WEG Novelle es leichter wird - im Detail natürlich von uns eine Fehlauslegung
--> das somit für jede Änderung erforderliche Außerstreitverfahren ist in der Praxis schwierig - in Tirol gibt es keinen Außerstreitrichter, die Verfahren dauern somit ca. 1 - 2 Jahre - im konkreten Fall mit der kaputten Heizung und der nicht sinnvollen Wiederausstattung mit einer Gastherme (zum Zeitpunkt der Projektierung hat Fr. Gewessler nicht garantieren können, ob Gas überhaupt noch vorhanden sein wird) wäre die Wohnung somit unbenutzbar geworden (keine Heizung)
--> die Schriftsätze die jetzt beim Außerstreitgericht liegen haben fachliche Fehler welche der Antragsgegner-Anwalt bereits freudig aufgegriffen hat - die Darstellung in den Schritsätzen ist eher stark technischer Natur daher wollen wir das nicht so stehen lassen da wir sonst u.U. wirklich rückbauen müssen.

Auf alle Fälle mühsam, die Regierung will "raus aus Gas" aber die zugehörigen Rechtsnormen lassen es gar nicht zu. Ich persönlich würde aber egal wie eine Norm ausschaut niemals einen Nachbarn auf Rückbau seiner Heizung klagen wenn das Gewerk ordentlich dem Stand der Technik gebaut wurde und keine Beeinträchtigungen ableitbar sind. Eben hat der Nachbar während des laufenden Verfahrens seine Wohnung top verkauft, im Kaufvertrag finden sich auch keinerlei Hinweise auf die "ach so bedrohliche" LWP - das sagt eh schon alles aus.

MG
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Re: Antragsgegner im Außerstreitverfahren

Beitrag von MG » 03.04.2023, 14:32

Danke für das wichtige update!

Also bei Aufstellung im Garten und Einhaltung der entsprechenden Rücksicht (Lärm etc.) würde ich die Erfolgsaussichten Ihres Außerstreitverfahrens (auch bei Durchbohrung der Außenwand) als durchaus positiv beurteilen.

Die Problematik von "raus aus Gas" ohne dass man den Menschen den Umstieg auf Alternativen erleichtert, wird in Zukunft eher nicht geringer werden! Hier werden sich auch die Gerichte bewegen und zB die Ortsüblichkeit solcher Heizungen als gegeben sehen müssen.

Würde glaube ich viele hier interessieren, wie ihr Verfahren weiter verläuft und wie es schließlich ausgegangen ist!

Ich halte Ihnen die Daumen!
RA Mag. Michael Gruner
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MG
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Re: Antragsgegner im Außerstreitverfahren

Beitrag von MG » 03.04.2023, 14:43

alles2 hat geschrieben:
03.04.2023, 13:12
Nach der Judikatur zu laufenden Verfahren ändert sich für Dich durch den neuen Wohnungseigentümer nichts. Er steigt unverändert in das Verfahren ein, weshalb es bei diesem Stadium kein Zurück an den Start gibt. Sobald die Stimmenabgabe allen anderen Miteigentümern zugegangen war, tritt die Bindung der rechtswirksam zustande gekommenen Zustimmungserklärungen ein, zu deren Widerruf man nicht berechtigt ist. Somit haftet die Stimme des vormaligen Eigentümers dem Objekt. Derjenige, der es kauft, bleibt dem (in der Rechtsposition) verfangen.
Der neue Eigentümer könnte aber im Laufe des weiteren Verfahrens - entgegen der Position seines Rechtsvorgängers- wohl die Zustimmung erteilen, oder?

Bei Judikatur zum Thema Parteiwechsel im Außerstreitverfahren wird oft auf ein Judikat aus 2016 verwiesen:

https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20160421_OGH0002_0090OB00008_16S0000_000&Suchworte=RS0005771+
RA Mag. Michael Gruner
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alles2
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Re: Antragsgegner im Außerstreitverfahren

Beitrag von alles2 » 03.04.2023, 15:14

Ich bezog mich rein auf Belange des § 523 ABGB iVm § 833 ABGB (noch ohne dezidiert auf das WEG eingegangen zu sein) und die Angaben, die hier vorgebracht wurden. So wie ich es herauslese, hätte sich der Threadstarter erhofft, dass durch den Eigentümerwechsel eine Stimme, die zum Verfahren geführt hat, weggefallen sein könnte. Mit meinem Beitrag wollte ich klarstellen, dass mit dieser Hoffnung nichts zu gewinnen wäre und sich dadurch das Verfahren nicht (automatisch) erübrigen würde.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

tomstricki
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Re: Antragsgegner im Außerstreitverfahren

Beitrag von tomstricki » 03.04.2023, 18:04

Herzlichen Dank an alle Experten, das hilft mir sehr weiter.

alles2
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Re: Antragsgegner im Außerstreitverfahren

Beitrag von alles2 » 03.04.2023, 22:33

Ist man an Rat von Experten interessiert (auch als Nicht-Wiener), wäre man bei der AK Wien gut aufgehoben:

https://www.oesterreich.gv.at/themen/bauen_wohnen_und_umwelt/wohnen/8/1/Seite.210132.html

Bei den anderen Bundesländern kann ich es nicht genau einschätzen, da deren Kompetenz in erster Linie im Mietrecht liegt. Nach meiner Wahrnehmung sitzen auch in Niederösterreich fähige Leute, wenn man als Wohnungseigentümer Auskünfte benötigt.
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Seb1006
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Re: Antragsgegner im Außerstreitverfahren

Beitrag von Seb1006 » 09.11.2023, 07:42

Ist es bei Ihrem Fall zu einer Entscheidung gekommen?

Bin in der selben Situation wie Sie. Eigengarten indem das Aufstellen einer WP durch einen Eigentümer blockiert wird obwohl Lärmschutz etc. eingehalten wird.

Wäre dankbar um jeden Tipp

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