Abgelaufene Produkte "mitnehmen"

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Zimmerpension
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Abgelaufene Produkte "mitnehmen"

Beitrag von Zimmerpension » 06.03.2023, 21:50

Hallo!

Angenommen, man nimmt abgelaufene Lebensmittel im Supermarkt versteckt mit nach draußen.

Welcher Straftat macht man sich dann schuldig?

Danke!

LG!
Herwig



bergfan
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Re: Abgelaufene Produkte "mitnehmen"

Beitrag von bergfan » 07.03.2023, 10:17

Diebstahl.

Zimmerpension
Beiträge: 5
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Re: Abgelaufene Produkte "mitnehmen"

Beitrag von Zimmerpension » 07.03.2023, 13:20

Ich glaube für Diebstahl muss die Sache einen Wert haben.

alles2
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Re: Abgelaufene Produkte "mitnehmen"

Beitrag von alles2 » 07.03.2023, 15:12

Die Frage des Wertes wäre im Rahmen der zivilrechtlichen Geltendmachung von Ansprüchen zu bewerten. Denn was für den einen vielleicht keinen Wert hat, kann für den anderen sehr wohl noch eine Bedeutung (in welcher Hinsicht auch immer) haben oder er könnte es weiterverkaufen.
Beim Straftatbestand des Diebstahls nach § 127 StGB geht es in erster Linie um die begangene Tat an sich (weil Offizialdelikt), wobei der Wert nur eine untergeordnete Rolle hat. Demnach muss es sich um eine fremde und werthaltige Sache handeln, die man wem wegnimmt, um sich selbst zu bereichern. Die Qualifikation wird auch unterhalb der Bagatellgrenze angenommen bzw. kann es bei einem Bagatelldelikt angewendet werden. Daher ist hier der Faktor relevant, wem der Gegenstand eigentlich gehört.

Selbst wenn etwas verdammt nach Diebstahl riecht, muss man nicht zwangsläufig dafür schuldig gesprochen werden. Wie man dem Paragraphen entnehmen kann, hängt es von der Motivation des vermeintlichen Übeltäters ab. Behauptet dieser, er hätte es für sich oder wen anderen getan, damit man was zwischen die Zähne bekommt, könnte sich der anfängliche Verdacht wohl bestätigen. Die Behörden können jedoch durch eine Diversion oder die Einstellung wegen Geringfügigkeit von einem Strafverfahren absehen.
Wenn nicht, können glückliche Umstände dazu beitragen, dass andere Paragraphen geltend gemacht werden können. Bei einem entschuldigten Notstand nach § 10 Abs.1 StGB würde es praktisch nicht mal zu einer Verurteilung kommen. Dazu möchte ich niemanden was in den Mund legen und mir fehlt dazu die Kreativität. Doch das könnte beispielsweise sein, wenn wer "im Sterben liegt", man sofort was benötigt und dabei jede Sekunde gezählt hätte, weshalb man den Artikel nicht noch extra an der Kasse bezahlen konnte. Dabei darf die Wahrung der Glaubwürdigkeit nicht aus den Augen verloren gehen.

Wie gesagt, es kann vom Motiv abhängen, weshalb man schlussendlich verurteilt werden könnte. Wollte man niemanden bereichern und verfolgte eine andere Absicht, könnte die dauernde Sachentziehung nach § 135 Abs.1 StGB schlagend werden. Man kennt z.B. den Filialleiter und wollte ihm absichtlich einen Streich spielen. Oder man hat eine verschimmelte Ware gefunden und hat es ohne zu melden draußen in den Müll geworfen, ohne dass der Eigentümer dies festgestellt hätte (die Entwendung jedoch sehr wohl).
Erfolgte die behauptete Tat aus einer Not, Dummheit oder einem Trieb heraus, kann es unter Umständen als Entwendung nach § 141 Abs.1 StGB qualifiziert werden.

Dein Argument greift auch deshalb nicht, weil sonst die Debatte rund um das Mülltauchen (Containern, Dumpstern, Dumpster Diving), also das Fischen von vom Supermarkt entsorgte Lebensmitteln, nicht existieren würde. Von einer strafrechtlichen Verfolgung wird mitunter abgesehen, weil es nicht im öffentlichen Interesse sein könnte. Selbst wenn etwas im Müll landet und es somit keinen Wert mehr für das Geschäft haben möge, dürfte es sich kein Fremder aneignen. Außer man hat sich die Zustimmung für die freie Entnahme geholt oder die Produkte wurden bewusst im öffentlichen Bereich abgelegt. Wo käme man da hin, wenn die Leute anfangen, die noch genießbaren Lebensmitteln aus den Mülltonnen zu ergattern, obwohl sie sich den Erwerb im Laden leisten könnten, aber nicht wollen.
Selbst wenn ein Produkt laut Hersteller abgelaufen sein sollte (man beachte den Unterschied zwischen Mindesthaltbarkeitsdatum und Verbrauchsdatum/Verfallsdatum), ist das nicht gleichbedeutend mit einer verdorbenen Ware. Für den Handel vielleicht nicht mehr attraktiv für den Verkauf. Für gemeinnützige Vereine (z.B. Tafeln) sehr wohl. Es befreit den Dieb nicht von jeglicher Schuld, zumal dieser wohl nicht zugelangt hätte oder es nicht mehr zu Geld machen kann, wenn die Ware offensichtlich von Schimmel befallen wäre.
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

schanzenpeter
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Re: Abgelaufene Produkte "mitnehmen"

Beitrag von schanzenpeter » 09.03.2023, 07:57

In den 90er Jahren durfte man bei Billa abgelaufene Waren kostenlos mitnehmen. Das wurde schnell eingestellt, Leute räumten Waren, kiurz vor dem Ablauf nach hinten und holten sie dann nach einigen Tagen ab - mit Kastenwagen! Seitdem dürfen diese Waren nicht mehr mitgenommen werden. Solange solche Ware im Eigentum des Kaufhauses ist, hat sie den Wert, dass man frische Waren kaufen (kaufen!) soll und nicht stattdessen die augelaufene umsonst. Deshalb ist es auch strafbar, aus den Müllcontainern der Kaufhäuser nach dort "deponierten" Waren zu suchen. Die Container stehen auf dem Grund der Kaufrhäuser und der Hausherr bestimmt, was von dort entfernt wird.
Ein juristischer Laie.

Waldkatzi
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Re: Abgelaufene Produkte "mitnehmen"

Beitrag von Waldkatzi » 12.03.2023, 15:18

Meinem Rechtsempfinden nach hat man Zeug, das man in den Müll wirft, mit dem Zeitpunkt, wo man das macht, durch schlüssige Handlung "aufgegeben". Immerhin kann eine Handlung schlüssiger ja schon fast nicht mehr sein als etwas in den Mist zu werfen. Es ist dann "herrenlos", es haftet der letzte Eigentümer höchstens noch für Folgeschäden, falls eine giftige Flüssigkeit austritt oder ähnliches, bis es sich ein anderer (sei es ein Müllfischer oder die Müllabfuhr) aneignet.

In unserer Gasse wurden immer wieder mal Müllsäcke abgelagert, von unbekannter Seite. Die Polizei zuckte mit den Achseln und die Gemeinde schickte einfach die Müllabfuhr vorbei, die das abgeholt hat. Nach der absurden neuen (Un)rechtslogik wäre das wohl Diebstahl der Gemeindemitarbeiter gewesen und ich hätte sich dazu angestiftet, oder was?

Als Motivation der Müllfischer von Supermärkten würde ich davon ausgehen, daß so jemand im Dienst der öffentlichen Gesundheit tätig ist, weil er verhindern will, daß Leute, die nicht genau schauen oder nicht mehr gut sehen, durch abgelaufene Lebensmittel vergiftet werden. Aber die Rechtsprechung hat sich ja erst in der jüngsten Gesundheitskrise als völlig unbeirrt vom Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gezeigt. Aber was will man von einem Berufsstand schon anderes erwarten, der Krankheit als etwas definiert, das heilbar sein muß? Sonst ist ein Mensch offenbar nicht wert, behandelt zu werden, wenn keine Hoffnung besteht, daß er sich erholt und dann brav wieder zu einem ökonomisch positven Faktor wird. Vor ca. 30 Jahren haben Juristen und Gesundheitsökonomen den mittlerweile weitgehend abgeschlossenen und auf allen Linien gewonnenen Krieg gegen die Medizin begonnen, davor hätte man solche Typen hochkant aus den Spitälern rausgeschmissen und Leute, die propagieren, abgelaufene Lebensmittel an Arme zu verteilen, wären zumindest gesellschaftlich ebenso geächtet worden, wie Supermarktangestellte, die abgelaufene Lebensmittel umetikettieren.

schanzenpeter
Beiträge: 412
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Re: Abgelaufene Produkte "mitnehmen"

Beitrag von schanzenpeter » 12.03.2023, 17:14

Abgelagerte Müllsäcke haben dort nichts verloren und gehören abtransportiert. Nicht zu vergleichen mit Mülltonnen, die jemand gehören. Aber anscheinend geht es um etwas ganz anderes. Welcher Berufsstand definiert Krankheit als etwas, das heilbar sein muss? Auch unheilbare Krankheiten? also erfundener Berufsstand. usw. usw.

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