Aufteilungsschlüssel gemäßigt §32 Abs. 2 WEG

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Giraffe
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Aufteilungsschlüssel gemäßigt §32 Abs. 2 WEG

Beitrag von Giraffe » 27.02.2023, 22:43

Wir haben vor einigen Jahren ein Haus gekauft in einer vom Bauträger gebauten Siedlung. Am selben Grundstück sind noch andere Häuser errichtet worden, wodurch wir mit den anderen Eigentümer eine Eigentümergemeinschaft bilden.
Darüber hinaus hat derselbe Bauträger auch auf den benachbarten Liegenschaften Häuser errichtet, die gesamte Siedlung erstreckt sich über 7 Grundstücke.
Im Kaufvertrag hat der Bauträger festgehalten, dass er eine Hausverwaltung mit der Verwaltung der Liegenschaft betrauen wird und das auch getan. Dieselbe Hausverwaltung verwaltet auch die anderen Liegenschaften.

In den Kaufverträgen wurde weiters ein abweichender Aufteilungsschlüssel gemäß §32 Abs. 2 WEG festgelegt. Dieser sieht vor, dass wir auch an den Kosten für Wartung, Erhaltung und Schneeräumung an einer die Siedlung durchquerenden Privatstraße, die zur Gänze in anderen Liegenschaften liegt, beteiligt werden, da unsere Parkplätze an einer Privatstraße liegen, die in diese Straße mündet. (Wir benutzen diese Straße aber nicht, und es gäbe auch keinen Grund für uns, dies zu tun) - zumindest wird es von der Hausverwaltung so ausgelegt und verrechnet.

Ist das rechtens? Kann der Punkt im Kaufvertrag uns verpflichten, uns an der Schneeräumung einer Straße auf einem fremden Grundstück zu beteiligen? Ich würde mich über Meinungen dazu freuen.



alles2
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Re: Aufteilungsschlüssel gemäß § 32 Abs.2 WEG

Beitrag von alles2 » 28.02.2023, 02:05

Ein derartiger Vertrag muss nicht zwangsläufig rechtswidrig sein und man wird auch nicht verpflichtet, es in der Form für immer und ewig hinzunehmen. Die Eigentümer können entsprechend des besagten Absatzes 2 gemeinsam einen abweichenden Verteilungsschlüssel vereinbaren, für dessen Wirksamkeit es die Zustimmung aller Hauseigentümer und der Schriftform bedarf. Mehr dazu samt einer Vorlage findet man hier:

https://wien.arbeiterkammer.at/beratung/Wohnen/Wohnen_im_Eigentum/Abweichende_Aufteilung_der_Kosten_bei_Eigentumswohnungen.html

Und nach § 32 Abs.5 WEG kann auf Antrag eines Wohnungseigentümers eine rechtsgestaltende und bindende Neufestsetzung des Aufteilungsschlüssels der Liegenschaft durch ein Gericht (nach billigem Ermessen) vorgenommen und somit die gänzliche Befreiung von der Beitragspflicht für anfallende Aufwendungen erwirkt werden, wenn eine Nutzungsbeschränkung oder erhebliche Änderung der Nutzungsmöglichkeit eingetreten ist. Für eine profundere Einschätzung müsste man jedoch wissen, in wie fern sich die Sachverhaltsgrundlage der Siedlung seit dem Hauskauf verändert und ob es einen Einfluss auf Eure Frequentierung der Straße gehabt hat (z.B. indem durch einen neuen Weg eine Abkürzung entstanden ist).
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Giraffe
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Re: Aufteilungsschlüssel gemäßigt §32 Abs. 2 WEG

Beitrag von Giraffe » 28.02.2023, 06:10

Vielen Dank für die Antwort.

Verstehe ich also richtig, dass der genannte Aufteilungsschlüssel in dem Fall nicht nur festlegt, wie die Aufwendungen innerhalb der Eigentümergemeinschaft aufzuteilen sind, sondern auch festlegen kann, was überhaupt zu den liegenschaftsbezogenen Aufwendungen gehört?

Der Gedanke mit einem neuen Abweichungsschlüssel ist mir auch schon gekommen, reicht es dafür, dass alle Miteigentümer unserer Liegenschaft zustimmen, auch wenn für die anderen Liegenschaften weiterhin der Schlüssel festgeschrieben ist, der uns einschließt?

Ich konnte keine Regelung finden zu solchen liegenschaftsübergreifenden Aufteilungsschlüsseln, bzw. zur Entscheidungsfindung.

alles2
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Re: Aufteilungsschlüssel gemäß § 32 Abs.2 WEG

Beitrag von alles2 » 28.02.2023, 11:02

Man kann nicht nur den (vom Gesetz abweichenden) Verteilungsschlüssels neu festlegen lassen, sondern der Paragraph umfasst auch abweichende Abrechnungseinheiten (§ 32 Abs.6 WEG), durch die eine Liegenschaft in mehrere Abrechnungseinheiten eingeteilt werden kann. So wie bei einer Mietzinsminderung ist der Aufteilungsschlüssel nicht nach einem Katalog oder ähnlichem berechenbar. Der Einfachheit halber geht man anfangs oft nach den Praxiswerten. Ändern sich nachträglich die Nutzungsarten wesentlich (nach dem Abschluss einer Vereinbarung), kann man eine konkretere Berechnung vornehmen lassen, wobei es da mit der Zeit schwieriger wird, dass dies einvernehmlich erfolgt. Daher könnte es auf eine gerichtliche Festsetzung im Außerstreitverfahren nach § 52 Abs.1 Z 9 WEG hinauslaufen, bei der eher Beispiele aus der bisherigen Rechtsprechung herangezogen werden.
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Giraffe
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Re: Aufteilungsschlüssel gemäßigt §32 Abs. 2 WEG

Beitrag von Giraffe » 28.02.2023, 11:32

Und kann eine andere Abstimmungseinheit auch größer sein als die Liegenschaft?
In unserem Fall würde die Liegenschaft ja nicht unterteilt, sondern erweitert um die Miteigentümer der anderen Eigentümergemeinschaften.

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Re: Aufteilungsschlüssel gemäßigt §32 Abs. 2 WEG

Beitrag von MG » 28.02.2023, 12:34

Mit Abstimmungseinheit ist gemeint, dass von allen Miteigentümern, nur ein Teil über gewisse Dinge abstimmen darf, weil auch nur sie davon betroffen sind..

Also zB nur die Eigentümer von Garagenplätzen stimmen über die Erneuerung des Bodenbelages in der Tiefgarage ab. Solche Abstimmungseinheiten sind meistens auch mit einer eigenen "Abrechnungseinheit" verbunden.

In Ihrem Fall sind ja alle Miteigentümer betroffen.

Es wäre mAn wichtig zu wissen, ob es eine (rechtsgültige) Vereinbarung zwischen Ihrer Liegenschaft und jener, wo sich die Straße befindet, an der Sie mitzahlen, gibt. Wenn nicht, dann könnte man ja die Zahlungen einfach einstellen...
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Re: Aufteilungsschlüssel gemäßigt §32 Abs. 2 WEG

Beitrag von Giraffe » 28.02.2023, 14:25

Es gibt 2 Verträge, jeweils abgeschlossen von den Liegenschaftseigentümern vor Baubeginn bzw. auch bevor sich alle Liegenschaften im Eigentum des Bauträgers befanden,die unterschiedliche Servitutsrechte einräumen.
Der erste Vertrag räumt für alle Liegenschaften den jeweils anderen Geh-, Fahr- und Leitungsservitute auf allen Privatstraßen ein, sowie ein Gehservitut auf einem Weg (dieser befindet sich zum Teil in unserer Liegenschaft). Regelungen zur Kostenaufteilung finden sich darin nicht.
Der 2. Vertrag räumt der Gemeinde ein Gehservitut auf oben genannten Weg sowie auf einer Straße ein, eben jener, an deren Kosten wir beteiligt werden sollen. Die übrigen Straßen sind davon nicht betroffen. Dieser Vertrag sieht vor, dass die jeweiligen Dienstbarkeitsverpflichtenden die Kosten für die Errichtung, Erhaltung, Reparatur und Räumung zu tragen haben, die Gemeinde bezahlt ein fixes Entgelt für die Dienstbarkeiten.

Die entgeltliche Servitutseinräumung für die Gemeinde ist auch im Kaufvertrag erwähnt, dort ist auch aufgeführt, für die Erhaltung welcher Flächen der von der Gemeinde bezahlte Betrag verwendet werden soll.

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Re: Aufteilungsschlüssel gemäßigt §32 Abs. 2 WEG

Beitrag von MG » 28.02.2023, 15:20

Danke, für die zusätzlichen Infos. Meines Erachtens nach, liegt kein Fall vor, der über einen "abweichenden Verteilungsschlüssel" geregelt werden könnte. Es geht ja nicht um die Frage, wie die anfallenden Kosten innerhalb der Miteigentümer zu tragen/verteilen sind, sondern welche Kosten anfallen.

Wenn es keine Kostenregelung in den Servitutsvereinbarungen gibt, dann ist im Sinne von § 483 ABGB der Servitutsberechtigte verpflichtet, Kosten des Weges (wie zB der Räumung) zu tragen. Benützt auch der Eigentümer des Weges diesen mit, dann sind die Kosten entsprechend aufzuteilen.

In Ihrem Fall gibt es nach Ihren Angaben aber doch die Regelung, dass der Servitutsverpflichtete, also der Eigentümer der Straße die Kosten tragen muss:
Der 2. Vertrag räumt der Gemeinde ein Gehservitut auf oben genannten Weg sowie auf einer Straße ein, eben jener, an deren Kosten wir beteiligt werden sollen. (...) Dieser Vertrag sieht vor, dass die jeweiligen Dienstbarkeitsverpflichtenden die Kosten für die Errichtung, Erhaltung, Reparatur und Räumung zu tragen haben, die Gemeinde bezahlt ein fixes Entgelt für die Dienstbarkeiten.
Damit bestünde aber keinerlei Veranlassung, Ihnen Kosten für jene Straße zu verrechnen, wohl aber für jene Straßen/Wege Ihrer Liegenschaft, auf denen andere Liegenschaften solche Rechte haben.
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Re: Aufteilungsschlüssel gemäßigt §32 Abs. 2 WEG

Beitrag von Giraffe » 28.02.2023, 21:09

Vielen Dank für diese Antwort, in etwa enstpricht das meinen Vermutungen. Gut zu hören, dass das nicht nur meinem Wunschdenken entspringt.

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Re: Aufteilungsschlüssel gemäß § 32 Abs.2 WEG

Beitrag von alles2 » 01.03.2023, 10:26

Wäre sehr erfreut, wenn hinsichtlich dessen eine Rückmeldung folgen würde, was Du weiter unternommen hast und wie die Hausverwaltung darauf reagiert hat.
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Re: Aufteilungsschlüssel gemäßigt §32 Abs. 2 WEG

Beitrag von Giraffe » 01.03.2023, 14:16

Fürs erste hab ich die besprochenen Punkte nochmal telefonisch und per Email der Hausverwaltung mitgeteilt, also dass gemäß dem Vertrag mit der Gemeinde unserer Liegenschaft keine Kosten für die Straße verrechnet werden dürfen, da wir nicht die Dienstbarkeitsverpflichtenden sind, und auch ein im Kaufvertrag vereinbarter Aufteilungsschlüssel daran nichts ändern kann, da er sich nur auf die Aufteilung innerhalb der Liegenschaft bezieht.

Der Mitarbeiter am Telefon hat mich grundsätzlich verstanden und hat mir unter Vorbehalt zugestimmt, war aber nicht derjenige, der die entsprechenden Abrechnungen erstellt hat und wollte deshalb das Anliegen an die Geschäftsführerin und die Buchhaltung weiterleiten. Jetzt warte ich auf weitere Reaktionen.

alles2
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Re: Aufteilungsschlüssel gemäßigt §32 Abs. 2 WEG

Beitrag von alles2 » 01.03.2023, 14:49

Giraffe hat geschrieben:
01.03.2023, 14:16
Jetzt warte ich auf weitere Reaktionen.
Dito :)
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Re: Aufteilungsschlüssel gemäßigt §32 Abs. 2 WEG

Beitrag von Giraffe » 10.08.2023, 17:38

Ich wurde ja um eine Rückmeldung zum weiteren Vorgehen bzw. Reaktionen der Hausverwaltung gebeten:

Vorweg, eine wirkliche Lösung gibt es immer noch nicht, es gab im April ein Treffen mit der Hausverwaltung, wo ich nochmal alle (und weiter Probleme die Verrechnung betreffen) erörtert habe, im weiteren Verlauf hat der Verwalter auch deren Rechtsanwalt um eine Stellungnahme gebeten, und schlussendlich auch eine Juristin des Bauträgers, der die zugrunde liegenden Verträge damals hat aufsetzen lassen. Beide wollen offenbar keine schriftliche Stellungnahme abgeben, also kann sie ich nur wiedergeben, was mir der Verwalter mündlich mitgeteilt hat.

Generell dürften beide meinen, es sei sehr stark Auslegungssache, da sowohl der Kaufvertrag als auch der Verwaltungsvertrag Aufwendungen für die „Servitutsstraße“ als „Liegenschaftsbezogene Aufwendung“ anführen. Aussage des Anwsktscsinngemäß „In dem Fall würde er die Auslegung seines Auftraggebers vertreten“. Der Verwalter hätte nun vorgeschlagen, gemeinsam einen Termin beim
Amtstag am Bezirksgericht zu vereinbaren, um dort eine Rechtsauskunft einzuholen.

Ich muss auch dazu sagen, dass inzwischen der Verwalter zumindest eingeräumt hat, dass hier zu viel verrechnet wurde (die gesamte Straße anstatt nur bestimmte Teile davon). Wenn der Fehler korrigiert wird, spielt es im Endeffekt finanziell kaum mehr eine Rolle, ob nun an uns weiterverrechnet wird oder nicht (da diese Kosten gänzlich oder zumindest fast zur Gänze vom Servitutsentgelt der Gemeinde abgedeckt wären).

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