Willkür-Potential durch GSchG § 16 ?

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Michael Wallner2
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Willkür-Potential durch GSchG § 16 ?

Beitrag von Michael Wallner2 » 09.12.2022, 20:50

Hallo,

ich wurde vor kurzem verständigt, dass ich für die nächsten zwei Jahre im Schöffen/Geschworenen-Verzeichnis stehe. Das finde ich grundsätzlich sehr interessant und ich hab mich schon mal eingelesen.

Was mich (als Laien) irritiert ist GSchG § 16, weil ich hier ein Willkür-Potential sehe. Es geht hier um Sanktionen gegen unentschuldigt abwesende Schöffen/Geschworene. Nun habe ich nicht vor unentschuldigt zu schwänzen, wohl aber kann man gerade als Berufstätiger - aber auch sonst - einen entschuldigten Hinderungsgrund an manchen Tagen nicht ausschließen. Gemäß § 16 (1) entscheidet der Vorsitzende alleine darüber. Beschweren kann man sich gemäß § 16 (2) bei ... hurra, dem Vorsitzenden - also derselben Person wieder! Und gemäß § 16 (3) ist ein anderes Rechtsmittel ausgeschlossen.

Man nehme in einem hypothetischen Szenario an, dieser Vorsitzende hätte irgendeine Geltungssucht und wertet praktisch alles als unentschuldigt. "Sie haben eine OP? - Egal, die können Sie verschieben." oder "Sie haben bereits seit langem eine teure Fernreise gebucht? - Egal, verzichten Sie.". Das sind nun genau die zwei Fälle, die im Leitfaden des Justizministeriums als Beispiele für entschuldigte Verhinderungen genannt werden. Gemäß dieses Leitfadens würde man dann "in der Regel" vom Vorsitzenden einem anderen Verfahren zugeteilt werden. Allerdings: Im Einzelfall entscheidet natürlich nicht der Leitfaden (schon gar nicht wenn da "in der Regel" steht) sondern eben der Vorsitzende. Wenn der also will, und alles als unentschuldigt wertet, könnte man dem Wortlaut nach eigentlich nichts machen. Und wenn das dann womöglich in einem Polit-Prozess mit vielen teuren Gutachtern und Anwälten ist, kann einen der Kostenersatz in den Ruin treiben.

Ich nehme jetzt zwar nicht an dass ein Vorsitzender sowas wirklich tun würde, und offenkundigte Hinderungsgründe einfach als unentschuldigt werten. Aber interessehalber gefragt: Sieht unsere Rechtsordnung irgendwas vor, das dieses Willkür-Szenario verhindern würde? Das GSchG selbst sieht ja keinerlei Beschwerdemöglichkeiten gegen solche Entscheidungen vor. Ich finde es irgendwie bedenklich dass Erstentscheidung und einzige Beschwerdeinstanz beide bei der gleichen Einzelperson liegen.



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