Kenntnis der erforderlichen Ersten Hilfe über digitalem Wege

Diskutieren Sie über allgemeine rechtliche Themen.
Antworten
bfluer
Beiträge: 2
Registriert: 06.05.2022, 21:38

Kenntnis der erforderlichen Ersten Hilfe über digitalem Wege

Beitrag von bfluer » 02.08.2022, 23:56

Hallo!
Ich muss jetzt etwas ausholen, um die Situation korrekt zu schildern.
In einigen Bundesländern steht es aktiven Sanitätern frei sich über eine App für Erste Hilfe Einsätze in ihrer Freizeit zur Verfügung zu stellen (Team Österreich Lebensretter)
Hierüber kann die zuständige Leitstelle den Sanitäter in seiner Freizeit über lebensbedrohliche Notfälle (v.a. Atem- Kreislaufstillsände) in seinem direkten Umfeld (bis zu 1km) informieren und dieser kann dort dann bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes qualifizierte Erste Hilfe (Herzdruckmassage) ausüben.
Würde sich ein Sanitäter, welcher diesen „Einsatz“ der Leitstelle ablehnt, nach §95 StGB strafbar machen, insofern ihm der Weg zum Ort des Geschehens und die Erste Hilfe dort zumutbar wäre?

Danke vorab für die Antworten!



alles2
Beiträge: 3268
Registriert: 09.08.2015, 11:35

Re: Kenntnis der erforderlichen Ersten Hilfe über digitalem Wege

Beitrag von alles2 » 03.08.2022, 09:35

Der freiwillige Rettungssanitäter als First Responder braucht hinsichtlich der strafrechtlichen Relevanz keine Bedenken haben. Der Paragraph kommt vorwiegend zur Anwendung, wenn man sich bereits am Ort des Vorfalls befindet und es im Bedarfsfall ohne möglich gewesene Hilfeleistung einfach so verlässt.

Die Aussage von einem Kilometer stimmt allerdings nicht. Die maximale Distanz beträgt 400 Meter. Dies entspricht einem Fußweg, den ein durchschnittlich trainierter Mensch in einer Zeit von weniger als 6 Minuten zu Fuß zurücklegen kann.

Daher braucht man keine Sorge haben, dass man durch die Teilnahme in irgend einer Form strafrechtlich wegen einer unterlassenen Hilfeleistung belangt werden kann. Sei versichert, dies hat das Team Österreich Lebensretter rechtlich geprüft, bevor sie mit der Umsetzung der Idee begonnen hat. Bei denen sprechen wir von der „Weiterleitung, bzw. hörbar machen eines Hilferufs“ und nicht von einer Alarmierung im Sinne von Einsatzmitteln. Solche Alarmierungen können nur Einsatzmittel bekommen, die sich im Dienst befinden. Genau das ist das Team nicht. Bei denen handelt es sich um Ersthelfer, die auch nur über einen möglichen Kreislaufstillstand bei einer Person (einzige Indikation, nicht lebensbedrohlich Notfälle) in der Nähe informiert werden.

Bei Ersthelfern gilt auch der Begriff einer „zumutbaren Ersten Hilfe“, was den Ersthelfer zu einer anderen Einsatzkraft unterscheidet und auch rechtlich anders stellt. Hierzu ein Beispiel:
Man hört bei offenem Fenster einen Hilferuf, kann aber die Wohnung nicht verlassen, weil man beispielsweise ein Kleinkind nicht unbeaufsichtigt lassen kann. In dem Fall kann die erwähnte unterlassene Hilfeleistung nicht zur Anwendung gebracht werden, da einem das Verlassen der Wohnung (eben wegen dem Kleinkind) nicht zugemutet werden kann.
Darüber hinaus kann technisch aber auch gar nicht überprüft werden, ob man den Hilferuf „gehört“ hat, da die App diese Information verwirft, wenn man nicht darauf reagiert oder den Ruf ablehnt. Eine tatsächliche Rückmeldung der App erfolgt erst, wenn man einen Ruf annimmt. Dann wird die tatsächliche Position bestimmt und nur die 3 nähesten Personen erhalten die genaue Adresse vom vermuteten Kreislaufstillstand. Wären man weiter weg als 3 andere Personen, würde einem die App dies mitteilen und sich für ihre Bereitschaft bedanken. Auch die Erstinformation, welche man über die App erhält, enthält noch nicht den exakten Notfallort, sondern dient nur der ersten Orientierung.

Aber auch der Begriff „qualifizierte Erste Hilfe“ stimmt rechtlich in dem Fall nicht. Rechtlich heißt es „Erste Hilfe“, „qualifiziert“ ist auf Fachpersonal im Dienst anzuwenden. Damit ist auch die Sorge unbegründet, dass man durch die Teilnahme am Programm „Team Österreich Lebensretter“ außerhalb vom Dienst belangt werden kann. Einen „Einsatz von einer Leitstelle“ kann man auch nur im Dienst als Sanitäterin einer Einsatzorganisation erhalten.

Ich hoffe, ich konnte Dir dahingehend antworten, dass die Sorge ausgeräumt werden kann!
Derweil nur stiller Mitleser, da ich gerade von Anwälten schikaniert wurde. Keine Anfragen mehr nach deren Namen und ob Ihr deren Kanzlei auf Google negativ bewerten sollt. Gerne melde ich mich per PN auf Eure Beiträge. Vorher bitte die Forensuche nutzen!

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Bing [Bot] und 51 Gäste